Bekommt Ismaninger Firma den Zuschlag von der FIFA?

Ismaning · Technik am Ball

Bei diesem Modell sieht man gut die Magnetfeldblase im Innern des Balles. Der Schiedsrichter bekommt innerhalb von nur einer halben Sekunde auf eine Armbandanzeige übermittelt, ob der Ball hinter der Torlinie war. Foto: CAIROS

Bei diesem Modell sieht man gut die Magnetfeldblase im Innern des Balles. Der Schiedsrichter bekommt innerhalb von nur einer halben Sekunde auf eine Armbandanzeige übermittelt, ob der Ball hinter der Torlinie war. Foto: CAIROS

Ismaning · Es gibt ein paar wenige Tore beim Fußball, die werden wohl nie in Vergessenheit geraten. Maradonas Tor bei der Weltmeisterschaft 1986 in Mexiko, bei dem er die Hilfe der »Hand Gottes« beanspruchte, gehört dazu.

Und natürlich auch das legendäre »Wembley-Tor« aus dem WM-Finale von 1966, erzielt vom Engländer Geoff Hurst zum 3:2 gegen Deutschland (Endstand 4:2 n.V.). Damals war der Ball von der Unterkante der Latte nach unten gesprungen, für das menschliche Auge nicht erkennbar, ob vor oder hinter die Linie. 2010 gab es eine Art verspätete Revanche, bei der WM wurde ein Tor von Englands Star Frank Lampard (der Ball war von der Latte deutlich hinter der Linie aufgekommen und dann wieder nach vorne herausgesprungen) gegen Deutschland nicht gegeben. Daraufhin entschied der Weltverband FIFA, ab 2013 doch auf eine Torlinientechnologie zurückzugreifen. Einer der Hersteller einer möglichen Technologie sitzt in Ismaning.

Die Impire AG mit Sitz im AGROB Medien- und Gewerbepark ist eine Tochtergesellschaft der CAIROS technologies AG. Bereits seit 2000 versorgt das Unternehmen die Fußball-Bundesliga und viele Klubs mit allerhand Daten. Es wurde ein Kamerasystem entwickelt, mit dem etwa die Laufwerte aller Spieler exakt gemessen werden können, außerdem werden den Klubs GPS-Module und taktische Analysemöglichkeiten für das Training angeboten; Laufdaten, Geschwindigkeit und vieles mehr können ausgewertet werden.

Schon früh machte sich die Firma auch an die Entwicklung einer Torlinientechnologie. 2007 kam diese erstmals zum Einsatz – bei der FIFA Klub-WM in Japan. Zwar habe das System damals alle Tore erkannt, erzählt Unternehmenssprecher Fabian Winckler, aber es sei zu keiner strittigen Situation gekommen, die der technischen Überprüfung, ob Tor oder nicht, bedurft hätte. »Lange sah es so aus, als wäre unser ganzer Einsatz umsonst«, sagt Winckler. Dann kam das Tor – oder eher Nicht-Tor – von Frank Lampard 2010. Noch im Oktober desselben Jahres entschied sich die FIFA, ab 2013 die Torlinientechnologie einzuführen. Weltweit sind nur vier Unternehmen dazu lizenziert, eine solche zu produzieren.

Beim Confederations Cup 2013 in Brasilien, dem Turnier, das stets im Jahr vor einer WM stattfindet und bei dem alle Meister der Konförderationen sowie der amtierende Weltmeister und der Gastgeber teilnehmen, soll die Technik erstmals eingesetzt werden – auch als Test für den Ernstfall WM 2014. Ob sich die FIFA für das »CAIROS GLT System« entscheidet, ist bisher noch nicht klar. Winckler aber gibt sich optimistisch: »Wir haben eine lange Erfahrung in diesem Bereich und sind den anderen Anbietern vom Preis her überlegen.« Allerdings lasse sich der Weltverband nicht in die Karten schauen.

Torlinie und Torrahmen müssen verkabelt werden

Wie funktioniert die Torlinientechnologie überhaupt? Vor und hinter der Torlinie werden über einen 15 Zentimeter tiefen Einschnitt (nach wenigen Tagen ist der Rasen wieder voll zusammengewachsen) Kabelstränge verlegt, die schließlich auch durch die Torrahmen gelegt werden. Dadurch wird ein Magnetfeld erzeugt, die Daten werden von Antennen hinter dem Tor empfangen und verarbeitet. Im Inneren des Balles sitzt eine Blase mit einem Aufhängungssystem, dessen Magnetfeld nach Angaben von Winckler immer in der Mitte des Balles bleibt, egal wie dieser verformt oder eingedrückt wird. Innerhalb von nur einer halben Sekunde bekommt der Schiedsrichter auf eine Armbandanzeige übermittelt, ob der Ball in vollem Umfang über der Linie war oder nicht.

Unter den Fußballfans dieser Welt ist die Einführung einer solchen Technologie seit jeher umstritten. Viele sind dafür, genauso viele fürchten, durch das Wegfallen von Fehlentscheidungen könnte Langeweile aufkommen. »Es gibt genügend andere Entscheidungen, bei denen die Schiedsrichter Spielräume haben. Bei Handspielen etwa, oder ob ein Foulspiel mit Gelb oder Rot geahndet wird«, findet Winckler. Auch Unterbrechungen, wie etwa beim Tennis, müsse der Fan nicht erwarten, schließlich läuft die Übertragung an den Schiedsrichter wie beschrieben in nur einer halben Sekunde ab. Sicher scheint nur: Englische und deutsche Fußballfans werden sich nie wieder über unfaire Torentscheidungen ärgern müssen, egal wie sie denn ausfallen. Jan Lüdeke

Artikel vom 26.03.2013
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