Brauereigelände: Wohnungen statt Einzelhandel

Grafing · Quartier neu erschaffen

Die „Genossenschaft Kulturraum Grafing“ sucht Mitglieder und möchte in das Projekt investieren.	Foto: privat

Die „Genossenschaft Kulturraum Grafing“ sucht Mitglieder und möchte in das Projekt investieren. Foto: privat

Grafing · Die Stadt Grafing hat in der Bauausschusssitzung am Dienstag die Weichen für die weitere Quartiersentwicklung an der Rotter Straße gelegt. Das Gremium billigte sowohl den Planungsentwurf zum sogenannten Brauereigelände zwischen Rotter-, Keller-, und Mühlenstraße, als auch zum neuen VHS-Gebäude an der Rotter Straße.

Statt Einzelhandelsflächen nun Geschosswohnungsbau: Nach den Plänen des Architekten Klaus Immich könnten auf dem Brauereigelände der Brauerei Wildbräu vier Mehrfamilienhäuser entstehen: ein etwa 40 Meter langes Gebäude in Versatzbauweise parallel zur Rotter Straße, im rechten Winkel dazu drei weitere Gebäude parallel zur Mühlenstraße. Gegenüber des Pfarramtes ergäbe sich durch den Versatz ein kleiner Platz für öffentliche Nutzung. Für das gesamte Vorhaben wird ein Teil des künstlichen Hügels stufenweise bis zu vier Meter unter dem derzeitigen Niveau abgetragen. Er war von der Brauerei aufgeschüttet worden, die Halle mit Keller darunter wurde auf Stützmauern gebaut. Von dieser „Festung“ sollen die Anwohner der Mühlenstraße nun erlöst werden.

Die ursprüngliche Idee des Eigentümers, auf dem Areal ein Nahversorgungszentrum für Grafing entstehen zu lassen, stellte sich schon Mitte vergangenen Jahres als nicht realisierbar heraus. „Die Interessenten hätten alle Flächen von mindestens 4.000 Quadratmetern gebraucht. Dann hätte da ein großer Kubus gestanden, den die Bevölkerung niemals akzeptiert hätte“, erklärte Bürgermeister Rudolf Heiler (FW). Abgesehen davon wäre durch den Lieferverkehr sowie das An- und Abfahren der Kunden der Verkehr in Grafing kollabiert.

Die neuen Pläne wurden von den Ausschussmitgliedern weitgehend begrüßt. Max-Emanuel Graf von Rechberg (CSU) kritisierte allerdings die konservative Ausführung: „Ein moderner Arkadenentwurf hätte mir besser gefallen“. Angelika Obermayr (Bündnis 90/Die Grünen) ist der Block an der Rotter Straße zu mächtig, sie wünscht sich eine Auflockerung, beispielsweise durch einen Durchgang. „Mit einer kleinteiligen Bebauung kann man kein geschlossenes Areal schaffen“, verteidigte Immich seinen Entwurf. Außerdem diene das langgestreckte Gebäude auch als Lärmschutz für die hintere Bebauung.

Zeitrahmen steht noch nicht fest

Heiler wies darauf hin, dass es sich ja zunächst um einen Entwurf handele, an den Details könne immer noch gearbeitet werden. Seiner Empfehlung auf Zustimmung kam das Gremium schließlich mit einer Gegenstimme nach. Im nächsten Schritt wird die Stadt nun den Entwurf für einen Bebauungsplan erstellen. Einen genauen Zeitrahmen für das gesamte Procedere wollte der Bürgermeister noch nicht nennen.„Wenn dieses Projekt zusammen mit dem neuen VHS-Gebäude realisiert wird, dann haben wir innerhalb kurzer Zeit das ganze Quartier neu geschaffen. Eine enorme Leistung für eine kleine Stadt wie Grafing“, sagte Josef Niedermaier, Leiter des Baureferats gegenüber dem Kurier Ebersberg. Erst vor rund zehn Jahren war an der südlichen Rotter Straße das Gelände der Grandauer Brauerei bebaut worden. Am selben Abend hat der Grafinger Bauausschuss auch die nach rund drei Jahren jetzt abgeschlossene Entwurfsplanung des Grafinger Architekten Klaus Beslmüller zum neuen Gebäude der Volkshochschule (VHS) gebilligt. Auch wenn noch immer nicht klar ist, wie das rund 4,5 Millionen Euro teure Projekt finanziert werden soll, will die Stadt „Schritt für Schritt weitergehen“, so Bürgermeister Rudolf Heiler (FW). Noch vor der Sommerpause soll sich der Stadtrat mit dem Thema beschäftigen, „was dabei herauskommt, kann ich aber nicht sagen“, so Heiler.

Nach den Plänen soll ein fünfgeschossiges Gebäude mit insgesamt 1.182 Quadratmetern Fläche an der Rotter Straße entstehen, das sich – wie bisher auch – VHS, Musikschule und Jugendinitiative Grafing (JIG) teilen. Etwa die Hälfte davon wird von der Musikschule belegt, die im Untergeschoss und ersten Obergeschoss untergebracht sind. Das Erdgeschoss teilen sich JIG und Musikschule, beide erhalten jedoch einen separaten Eingang. Ein großer Saal mit Bühne in der Mitte kann von beiden genutzt und durch flexible Wände zum Foyer der Musikschule hin sogar noch erweitert werden. Die VHS könnte im zweiten Obergeschoss ihren Gesundheitsbereich unterbringen, mit zwei großen Unterrichtsräumen und einem Seminarraum sowie Umkleiden. Im Dachgeschoss sind drei weitere Seminarräume und ein Kreativraum vorgesehen. „Mit diesen konkreten Vorgaben können wir uns jetzt auf die Suche nach einem Investor begeben, der das Ganze umsetzt und von dem wir das Objekt dann mieten können“, erklärte der Bürgermeister.

Bürger wollen investieren

Interessenten gibt es auf Bürgerseite: Im Dezember gründete sich die „Genossenschaft Kulturraum Grafing“, deren Mitglieder derzeitig eifrig Mitstreiter suchen, um gemeinsam als Investor ins Rennen zu gehen. Interessenten können Anteilsscheine in Höhe von 1.000 Euro zeichnen. Von 28 Gründungsmitgliedern ist die Genossenschaft mittlerweile auf 70 Mitglieder angewachsen. „Wir haben schon 200.000 Euro zusammen“, erklärt Pressesprecherin Gabi Sabo. Um einen Kredit aufnehmen zu können, müssen allerdings 25 Prozent der Baukosten als Eigenanteil erbracht werden. Interessenten können über www.kulturraum-grafing.de Kontakt aufnehmen. „Unser Vorteil ist, dass wir als Genossenschaft weniger Rendite brauchen und der Stadt günstigere Konditionen bieten könnten als ein privater Investor“, so Sabo. Franz Frey (SPD) appellierte an den Rathauschef und die übrigen Mitglieder des Ausschusses, das hohe Bürgerengagement wahrzunehmen, das ihnen angeboten werde. „Dieser Einsatz macht Mut. Ich hoffe, dass sich da eine gute Zusammenarbeit mit der Stadt ergibt“, so Frey. Skeptisch äußerte sich Graf von Rechberg: „Im Grunde genommen ist die Planung eine strahlende Karotte, die man dem Pferd vors Maul spannt, denn das Ganze muss ja auch vom Landratsamt genehmigt werden. Schließlich ist das Projekt eine freiwillige Eigenleistung, da muss auch klar sein, wo später das Geld für die Miete herkommen soll“. Es bleibt also weiterhin spannend. Sybille Föll

Artikel vom 28.02.2013
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...