Frauenpower im Taufkirchner Rathaus zahlt sich aus

Taufkirchen · In weiblicher Hand

Bürgermeisterin Angelika Steidle (2. v. r.) und ihre Stellvertreterin Rosemarie Weber, hier beim Neujahrsempfang der Gemeinde, führen das Taufkirchner Rathaus mit viel Charme.	Foto: Schunk

Bürgermeisterin Angelika Steidle (2. v. r.) und ihre Stellvertreterin Rosemarie Weber, hier beim Neujahrsempfang der Gemeinde, führen das Taufkirchner Rathaus mit viel Charme. Foto: Schunk

Taufkirchen · Am 7. Februar, genau an »Weiberfasching«, ruht das Taufkirchner Rathaus exakt seit drei Monaten in weiblichen Händen. Seitdem ist auch der Frieden in der rund 20.000 Einwohner starken Gemeinde wieder hergestellt und Taufkirchen aus den Negativ-Schlagzeilen verschwunden.

Angelika Steidle (fraktionslos), 2. Bürgermeisterin, erhielt am Abend des 6. November den Anruf des vom Amt vorläufig suspendierten Bürgermeisters Jörg Pötke (ILT), dass sie ab dem kommenden Tag die Amtsgeschäfte der Gemeinde übernehmen muss. Die Landesanwaltschaft Bayern hat es damals, laut Oberlandesanwältin Karin Siller, als erwiesen angesehen, dass ein Verbleib von Bürgermeister Jörg Pötke im Amt den Betriebsfrieden der Gemeinde massiv stören würde. Gegen Pötke werden schwere Mobbingvorwürfe vonseiten der Belegschaft erhoben. Aber nicht nur mit der Belegschaft herrschte Krieg, auch der Gemeinderat war heillos mit seinem Bürgermeister zerstritten.

Ein schweres Erbe hatte die 65-jährige Taufkirchnerin also zu übernehmen. »Ich hatte damals eine schlaflose Nacht«, bekennt Steidle. Viel Porzellan sei zerschlagen worden, das Misstrauen auf allen Seiten groß, bekennt sie. »Ich habe mich gefragt, ob ich es wohl schaffen werde, das Vertrauen wieder aufzubauen und die Scherben zu kitten«, so die langjährige Gemeinderätin. Nach der Suspendierung hätten alle Fraktionen aber ihren Willen für eine gute Zusammenarbeit bekundet, und, sehr zu ihrer Freude auch Wort gehalten, berichtet das neue Oberhaupt der Gemeinde. So arbeite sie eng mit der Dritten Bürgermeisterin Rosemarie Weber (SPD) zusammen, die ihr tatkräftig zur Seite stehe, betont Steidle. Die gemeinsame Arbeit laufe hervorragend, lobt Steidle ihre Amtskollegin.

Auch im Rathaus sei wieder Ruhe eingekehrt, die Zusammenarbeit verlaufe harmonisch, berichtet die Bürgermeisterin auf Zeit. Aller Voraussicht nach werde sie bis zu den regulären Neuwahlen im April 2014 im Amt bleiben, denn mit einer schnellen Entscheidung im Falle Jörg Pötkes sei wohl nicht zu rechnen. Zwar soll in den nächsten Wochen vor Gericht über den Eilantrag von Jörg Pötke zur Überprüfung der vorläufigen Suspendierung entschieden werden, doch mit seiner baldigen Rückkehr rechne im Rathaus niemand, so Steidle.

Die Tatsache, dass der Gemeinderat in diesem Jahr bereits im Januar seinen Haushalt (einstimmig) verabschiedet hat, zeigt, wie viel sich in Taufkirchen seit dem Amtswechsel verändert hat. 2012 stritten die Gemeinderäte bis Mai, um den Haushalt zu verabschieden. »Ich bin zuversichtlich, dass wir in diesem Jahr sogar schon im Dezember den Haushalt für 2014 verabschieden können«, freut sich Kämmerer Jan Modrzinski. Zufrieden ist Taufkirchens Schatzmeister nicht nur mit den Zahlen, sondern auch mit dem Verlauf der Diskussionen im Gemeinderat: »Die Verhandlungen waren alle sachbezogen und konstruktiv«.

Rund 46,8 Millionen Euro beträgt der Gesamthaushalt, wobei rund 29,4 Millionen Euro auf den Verwaltungshaushalt entfallen und 17,4 Millionen auf den Vermögenshaushalt. Die Kreisumlage ist mit 7,1 Millionen Euro um 1,7 Millionen Euro geringer ausgefallen als im letzten Jahr, berichtet der Kämmerer weiter. Alle nötigen Investitionen können in diesem Jahr ohne Kreditaufnahme geschultert werden, ist Angelika Steidle stolz.

9,6 Millionen Euro gibt die Gemeinde Taufkirchen in diesem Jahr für Projekte vor Ort aus. So wird die Kinderbetreuungsstätte »Kögelhaus« vollendet, wird die Grundschule am Wald aufwendig saniert, wird das Kinderhaus am Postweg gebaut und die Tiefgarage des Kulturzentrums saniert, um die größten Posten auf der Ausgabenseite zu nennen. Auch in die Kultur will man vonseiten des Gemeinderates wieder verstärkt investieren, freut sich die Bürgermeisterin.

Ein eigens bestellter Kulturreferent soll die Kultureinrichtungen vor Ort unter seine Fittiche nehmen und für ein attraktives Programm sorgen. Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des Ritter-Hilprand-Hofes im Herbst haben die Gemeinderäte den Etat sogar von 60.000 auf 120.000 Euro verdoppelt, um eine angemessene Festwoche in Angriff zu nehmen. Damit sich die Einnahmensituation in Zukunft verbessert, wurde ein Wirtschaftsreferent eingestellt, der die Ansiedlung von gewerbesteuerstarken Unternehmen forcieren soll, erklärt Steidle. Bleibt die Einnahmenseite nämlich auf dem derzeitigen Niveau von erwarteten rund 8 Millionen Euro im Jahr (geplant für 2013) muss die Gemeinde Taufkirchen spätestens im Jahr 2014/15 Kredite aufnehmen, um notwendige Investitionen schultern zu können, warnt der Kämmerer. Derzeit sei die Gemeinde praktisch schuldenfrei, liege die Pro-Kopf-Verschuldung bei 4,46 Euro und damit weit unter dem Landkreisdurchschnitt. »Gute Neuigkeiten also aus der Gemeinde Taufkirchen«, freut sich Angelika Steidle.

Übrigens schlafe sie mittlerweile wieder hervorragend, verriet sie, nicht nur aufgrund der positiven Zahlen in der Gemeindekasse, sondern vor allem wegen der guten Zusammenarbeit mit allen Beteiligten.
Für die Wahl im Jahr 2014 wolle sie aber auch als Gemeinderätin nicht wieder kandidieren. »Ich bin dann 24 Jahre in der Kommunalpolitik, ich denke, dann ist es Zeit, das Feld für jüngere Kandidaten zu räumen. Ich hoffe allerdings, dass ich durch meine Arbeit vielleicht das Feld für eine Bürgermeisterin bereitgemacht habe«, erklärt Steidle. Woschée

Artikel vom 05.02.2013
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