Jenny Heier ist unser Weihnachtsengel 2012

Schwabing · Das Phänomen Engel

»So oft passiert das hier nicht«, sagt Carola Walla (r.): »Weihnachtsengel« Jenny Heier ist einfach in die Räume des CBF hineinspaziert, um zu helfen.	Foto: scy

»So oft passiert das hier nicht«, sagt Carola Walla (r.): »Weihnachtsengel« Jenny Heier ist einfach in die Räume des CBF hineinspaziert, um zu helfen. Foto: scy

Schwabing · Eines Tages stand sie einfach vor der Tür und sagte: »Ich würde gerne helfen.« So ging es los. Nun ist Jenny Heier bereits seit gut vier Monaten ehrenamtlich engagiert, im Club Behinderter und ihrer Freunde (CBF), der in Schwabing ansässig ist.

»So oft passiert das nicht, dass hier jemand reinspaziert und seine Hilfe anbietet«, sagt Mitarbeiterin und Beraterin Carola Walla. »Oder anders ausgedrückt: Die Jenny ist für uns ein echtes Phänomen.« Für Jenny Heier ist es ganz selbstverständlich. »Was ich geben kann, das gebe ich gerne«, sagt die 30-Jährige. Und nun, denn bald ist Weihnachten und die Schwabinger Seiten teilen ihre Gaben aus, wird sie selbst beschenkt: Jenny Heier ist der Schwabinger Weihnachtsengel 2012, eine Auszeichnung die von der Redaktion an Menschen vergeben wird, die etwas Außergewöhnliches leisten. Der Preis: ein weiß glänzender Keramikengel von Pflanzen Kölle und ein Einkaufsgutschein des V-Markts im Wert von 100 Euro. »Damit hätte ich überhaupt nicht gerechnet, ich fühle mich geehrt«, freut sich Jenny Heier.

An der »Zusammenführung« der jungen Frau und dem CBF sind die Schwabinger Seiten übrigens nicht ganz unbeteiligt. Und das kam so: Der Weg zu ihrer Arbeit, immer auf dem Fahrrad, führte die freiberufliche Designerin täglich durch die Johann-Fichte-Straße, wo auch der Verein seinen Sitz hat. »Mir fielen immer wieder die Rollstuhlfahrer auf, die aus dem Haus kamen«, erzählt sie. Dabei hat sie erstmals mit dem Gedanken gespielt, »mal dort anzuklopfen, ob die mich brauchen«. Doch so richtig getraut hat sie sich erstmal nicht. Dann aber hat sie in den Schwabinger Seiten geblättert, und staunte nicht schlecht, als sie einen Artikel über den CBF las. In den Kontaktdaten war auch eine Internetadresse angegeben. »Da bin ich gleich ran an den PC«, berichtet Heier. Die ersten Wörter, die ihr auf der Homepage ins Auge fielen, lauteten: Grafikerin gesucht. »Na, das ist doch mehr als ein Zufall, habe ich gedacht, und bin dann los.«

Mehr als ein Zufall, vielleicht, auf jeden Fall ein Glücksfall, wie Carola Walla findet: »Jemanden mit Jennys Talent haben wir wirklich händeringend gesucht.« Konkret kümmert sich die junge Ehrenamtliche an zusammengerechnet gut drei Tagen im Monat um das Layout der Clubpost, die sowohl als Printausgabe als auch online erscheint. »Es ist nicht unbedingt leicht, jemanden für diesen Job zu begeistern«, so Walla. »Viele, die sich für ein Ehrenamt interessieren, wollen sich vor allem um die Behinderten selbst kümmern.« Jenny Heier sagt, ihr hätte das auch gefallen, keine Frage, aber warum, so hat sie sich selbst gefragt, solle sie nicht das anbieten, was sie gelernt hat, was sie richtig gut kann.

Balance in der Gesellschaft halten

»Zumal arbeite ich ja nicht isoliert, im Redaktionsteam sind behinderte Menschen, ich bin also in Kontakt.« Beispielsweise mit der gehörlosen Christiane. »Wir haben unseren eigenen Weg gefunden, uns miteinander zu unterhalten«, erzählt Heier. Warum das Ehrenamt eigentlich so heißt? Jenny fragt sich das manchmal, bereits in noch jüngeren Jahren hat sie ehrenamtlich im Tierheim ausgeholfen. »Mal ehrlich, man macht das doch nicht, um Ehre und Ruhm zu bekommen«, sagt sie. Ihr gehe es darum, eine Balance in der Gesellschaft zu halten. Den einen gehe es schlechter, den anderen besser. »Da ist es doch ganz natürlich, die zu unterstützen, die Hilfe brauchen.« Sie selbst hatte erst jüngst Wochen und Monate durchlebt, in denen es ihr gesundheitlich nicht gut ging. »Da war ich auch froh, dass Menschen da waren und mich gut versorgt haben.« Jeder könne jederzeit in eine Situation geraten, in der er auf Hilfe angewiesen sei. »Das, was ich gebe, bekomme ich irgendwann wieder zurück«, so Heier.

So engagiert ein Weihnachtsengel auch ist, auch er hat natürlich freie Zeit. Und die verbringt Jenny am liebsten mit Sport: Mountainbike, Rennrad, Klettern und seit neuestem Langlaufen. »Ich bin sehr gerne draußen an der frischen Luft«, erzählt sie. Auch mit Freunden ist sie gerne unterwegs, und immer mehr entdeckt sie das Kochen für sich, probiert Ungewöhnliches aus. »Ich muss ja«, sagt sie schmunzelnd. Denn bei ihr seien mehrere Nahrungsmittelunverträglichkeiten festgestellt worden. Momentan, wie immer kurz vor Weihnachten, ist sie vor allem damit beschäftigt, möglichst originelle Geschenke zu basteln. »Ich habe einen kreativen Beruf, das erwarten alle von mir, und ich mache es einfach gerne, auch wenn es nicht leicht ist, Jahr für Jahr neue Ideen zu haben.«

Wohnung für Engel gesucht

Was sie sich selbst zu Weihnachten wünscht? Die Antwort kommt schnell: »eine Wohnung.« Noch vor kurzem lebte Jenny Heier in Schwabing, nicht weit vom Hohenzollern- und Kurfürstenplatz entfernt, ihren »Lieblingsecken« wegen der schönen alten Häuser und der kleinen Cafés. Doch der Eigentümer hat verkauft, die Mieter mussten raus. Momentan lebt Jenny auf 28 Quadratmetern bei ihrem Freund. »Keine Dauerlösung«, wie sie sagt. Na, wer weiß, vielleicht kommt ja demnächst ein Wohnungsengel geflogen – wo man doch schon unter Engeln ist. Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 18.12.2012
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