Schüler im Plastikmüll für »Wir, der Müll und die Stadt«

Messestadt Riem · Ein zweites Leben

Kreatives Chaos, viel Spaß und neue Erfahrungen für Schüler aus der Messestadt und Trudering beim Kunstprojekt Müllgeister.	Foto: Privat

Kreatives Chaos, viel Spaß und neue Erfahrungen für Schüler aus der Messestadt und Trudering beim Kunstprojekt Müllgeister. Foto: Privat

Messestadt Riem · Michael Lapper ist Künstler, überzeugter Messestädter, Familienvater und arbeitet spielerisch gegen immer mehr Kunststoffmüll. Gerade ist seine Dokumentation »Wir, der Müll und die Stadt« - über zwei Kunstprojekte in Riem und Trudering - erschienen.

Aus Plastikabfall gestaltete Lapper gemeinsam mit Kindern der Astrid-Lindgren- und Turnergrundschulen die Müllgeister, die anschließend den Riemer Park schmückten. Was bringen den Kindern ein Klassenzimmer voller Plastikabfälle und der Promenade bunte Mülltütengesichter? Und was soll der Abfall als Vorhang im Wagnishof der Heinrich-Böll-Straße?

Als Künstler und Anwohner liebt Michael Lapper das Entwicklungspotenzial der Messestadt. »Hier gibt es mehr Bewegung als in einem Stadtteil, wo alles mehr oder weniger fertig geformt ist. Insofern besteht bei uns auch die Möglichkeit, neue kulturelle Formate entstehen zu lassen.« Und diese sind laut Lapper am spannendsten, wenn es um den Alltag der Leute geht. Deswegen interessiert ihn der Abfall, denn in einen Müllraum muss jeder.

Sein großes Messestädter Müllprojekt hat Lapper dieses Jahr als konzertierte Aktion in Zusammenarbeit mit dem Kulturkreis der Wohnbaugenossenschaft Wagnis realisiert. Mit einem bunten Vorhang aus Plastiktüten, den einige Frauen von der Wagnis-Baugenossenschaft mit ihm nähten, wurde die Heinrich-Böll-Straße zu den Hofflohmärkten geschmückt. Ebenso wie aus den Abfalltüten ein Vorhang und Stadtteilschmuck, wird auch auf dem Flohmarkt aus Altem wieder etwas Neues für die Käufer. Lapper, ein Idealist, der seine Riemer Projekte selber mitfinanziert, spricht gern vom »zweiten Leben der Dinge«. Begleitend zum großen Plastiktütenvorhang wurden im Sommer auch Filme zum Thema Müll und Kunststoff gezeigt. »Meist wird das Problem Plastikmüll einfach verdrängt«, glaubt Lapper und so führt er den Bürgern den Müll im neuen Gewand vor.

Schüler entdecken Kunst und ihren Nachbarstadtteil

»Nicht nur zum Thema Müll, sondern auch für andere Projekten arbeite ich regelmäßig mit Münchner Schulklassen«, erklärt Lapper, der sich als Künstler und Mensch ungern in Schubladen packen lassen möchte. In seinem Atelier am Kloster Schäftlarn zeichnet er auch Comics und erschafft Objekte aus optischem Glas. Weitere Arbeitsfelder sind die Architektur, das heißt in diesem Fall die Kunst am Bau und Kunstbeteiligungsprojekte im städtischen Raum. »Künstler treffen Schulklassen ist ein Projekt, bei dem wir und meine Kollegen mit Kindern im Rahmen von Aktionswochen das eigene Schulhaus gestalten und aufwerten. Denn nur was man selber schätzt und wozu die Kinder einen eigenen Bezug haben, das mögen sie und wollen es auch erhalten. Gesichtslose Schulgebäude und Innenräume werden dagegen gerne vermüllt und beschädigt.« So kam auch der Kontakt zur Truderinger Turnerschule über Stadtrat Dr. Georg Kronawitter. »Meine Klasse und ich haben Michael Lapper bei der Schulhausverschönerung kennen und schätzen gelernt«, so Lehrerin Christine Zukunft. »Bis heute hängen die bunten Vorhänge aus brandschutzgeeigneten Filmfolien bei uns im Schulflur. Sie fallen immer wieder positiv ins Auge.

Deshalb waren wir auch gleich beim Projekt Müllgeister mit dabei.« Zirka 75 Schüler aus drei Klassen der Astrid-Lindgren-Schule in Riem und der Turnerschule haben zunächst ihr ganzes Klassenzimmer mit abgewaschenem, also sauberem, Plastikmüll gefüllt. Das anfängliche Chaos lichtete sich bald zu kreativem Gewusel und den ersten Müllskulpturen. Erst am Ende kam Künstler Lapper und seine Erfahrung für die Fertigung stabilerer Gebilde ins Spiel, damit die Müllgeister auch draußen eine Weile glänzen konnten. Auch das Aufhängen an den Laternenmasten der Promenade und am See des Riemer Parks übernahm Lapper lieber ohne die Unterstützung der jungen Kreativen. Am Ende schmückten die Plastikgesichter den Park, verschönerten die Umgebung und mahnten leise einen weniger verschwenderischen Umgang mit Rohstoffen und Verpackungsmaterialen an.

Darüber hinaus gab es auch direkten Austausch, denn die Turnerschulklasse besuchte die Astrid-Lindgren-Schüler. »Wir sind zu Fuß rüber in die Messestadt gegangen«, erinnert sich Christine Zukunft. »Meine Truderinger Schüler kannten zwar den Park, aber nicht den Stadtteil dahinter. Gemeinsam haben wir dann etwas über Sinn und Weise der richtigen Mülltrennung gelernt und uns gegenseitig zu einen besseren Umgang mit Kunststoffen erzogen.« Die Lehrerin weiß, dass solche Projekte den Schulalltag bereichern und ihre Schüler begeistern und fördern. Sie hofft auch, dass die beiden sich noch fremden Stadtteile über die Kinder besser zusammenwachsen. Auch Michael Lapper, der sehr gerne mit seiner Familie in der Messestadt zu Hause ist und den Stadtteil samt Park und U-Bahnanbindung als ideale Mischung von Stadt und Natur erlebt, glaubt langfristig an mehr Kooperation mit Trudering. »Noch sind die Entwicklungen am Anfang und mühsam, aber es wird voranschreiten. Die Messestadt und Trudering werden sich immer näher kommen. Viele Themen und nicht zuletzt auch der sinnvollere Umgang mit unserer Umwelt, unserem Konsum und dem daraus entstehenden Plastikmüll verbinden uns. Wir müssen diese Probleme gemeinsam für die nächste Generation angehen und lösen.« bus

Artikel vom 11.12.2012
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