BWZ-Leiter Thomas Güthlin sagt nach 36 Jahren Servus

Neuperlach · »Job meines Lebens«

Thomas Güthlin (Mitte) mit Attila und Kandala, zwei ehemaligen Besucherkinder  des Bewohnerzentrums Neuperlachs.	Foto: Privat

Thomas Güthlin (Mitte) mit Attila und Kandala, zwei ehemaligen Besucherkinder des Bewohnerzentrums Neuperlachs. Foto: Privat

Neuperlach · Es war der Jobs seines Lebens: Vor genau 36 Jahren am 1. Dezember 1976 begann der frischstudierte Sozialpädagoge Thomas Güthlin seine Arbeit im Bewohnerzentrum (BWZ) in Neuperlach. Damals war Neuperlach gerade neu gebaut und noch am weiter entstehen.

Heutige Selbstverständlichkeiten wie U-Bahn, PEP, Ostpark oder Eislaufbahn waren noch in der Entwicklungsphase. Jetzt geht Thomas Güthlin nach vielen aktiven Jahren und unzähligen Sportfreizeiten mit den Neuperlacher Kindern in den Vorruhestand. »Unser Bewohnerzentrum hatte sein Zuhause zunächst in einer blauen Baracke am Karl-Marx-Ring 51«, erinnert sich Thomas Güthlin. »Die war der Stadt München von der Olympiade übrig geblieben und in Neuperlach als Zentrum für Jung und Alt aufgestellt worden. Zunächst waren wir der Treffpunkt für alle Altersgruppen und Einwohner. Später kam dann das Jugendzentrum in eine nahestehende gelbe Baracke, seitdem sind die über 13-Jährigen in einem eigenen Haus versorgt.«

Dass er sein ganzes Berufsleben im Neuperlacher BWZ verbringen würde, hätte sich Thomas Güthlin anfangs nicht träumen lassen. Aber schon nach kurzer Zeit durfte er die Leitung der Freizeitstätte für Mädchen und Jungen im Alter von sechs bis 13 Jahren übernehmen. Dann standen die Planung und schließlich der Umzug in das neue, solide Backsteinhaus in der Kurt-Eisner-Straße 28 an. »Von Anfang an war ich hier in die Gestaltung und Umsetzung involviert und konnte viele Ideen einbringen«, erzählt Güthlin. »Deshalb hängt mein Herz bis heute sehr am BWZ.« Nach dem Umzug hat er sich dann bald eine neue Herausforderung gesucht und die große Tarzanschaukel ins Leben gerufen. »Zuerst als Eigenbau, heute als Riesenspielgerät von einer Firma gefertigt, ist sie ein echter Renner und Markenzeichen des BWZ.«

Unzählige Kinder hat er hier aufwachsen sehen. Das BWZ beherbergt eine Spielgruppe, den Kindergarten Rappelkiste und ist ein offener Treff für Jugendliche. Hier können sie Kicker, Tischtennis und Billard spielen, Brettspiele und Bücher ausleihen und sich sportlich und kreativ betätigen. Das hauseigene Kinderbistro ist eine Alternative zur Schulmensa. Täglich von 12.00 bis 17.00 Uhr gibt es warme Speisen und Getränke nahezu zum Selbstkostenpreis. Neuperlach hat sich in all den Jahren laut Güthlin positiv entwickelt. Die düsteren Vorhersagen von der Ghettoi-sierung und einseitigen Bevölkerungsstrukturen hätten sich nicht erfüllt. »Wir haben ein relativ breites Spektrum an bürgerlicher Bevölkerung. Und auch wenn Neuperlach in gewisser Weise eine Schlafstadt ist, hat sich vieles gut entwickelt. Der Fluglärm ist weg, mit der U-Bahn ist man sehr schnell in der Innenstadt und damit im Kino und Theater, und gewalttätiger ist es hier auch nicht geworden. Anfangs gab es richtige Rocker, die sind mittlerweile verschwunden«, meint Güthlin.

Was ich als Kind toll fand, habe ich als Leiter realisiert

Wenn es um sportliche Aktivitäten ging, war Thomas Güthlin immer vorne mit dabei. Trends wie Tennis, Surfen und Streetball hat er miterlebt und bei den Kids gefördert. »Zeitlos ist Fußball, das macht immer Spaß und auch Basketballkörbe haben drinnen wie draußen immer Saison. Aber Surfen und auch Tennis sind aus der Mode gekommen, dafür ist jetzt Klettern hoch im Kurs. In unserer Sommerfreizeit haben wir professionelles Baumklettern mit Helmen und Sicherung in einer 20 Meter hohen Tanne ausprobiert. Super, wenn alle dann hintereinander oben im Baum hängen.« Überhaupt lagen dem sportlichen Güthlin, der selber begeistert Skifährt und in den Bergen unterwegs ist, die Freizeiten mit den Kids immer besonders am Herzen. »Wir sind immer kostengünstig im nahen Umland unterwegs. Ich finde es wichtig, dass die Kinder erleben, wie schön es hier in der Nähe ist. Für das Gruppenabenteuer spielt es keine Rolle, ob man an die Kampenwand, zum See oder bis nach Italien fährt. Früher sind wir sogar im Sommer alle zusammen bis ins Ferienlager geradelt.« Heute sind die Skifreizeiten und Ferienangebote frühzeitig ausgebucht, denn die Eltern und Kinder schätzen die günstigen Freizeiten in den Schulferien. »Skifahren ist bei uns beispielsweise bewusst ohne große Vorkenntnisse möglich. Auch die Ausrüstung verleihen wir sehr günstig«, erklärt er.

Der bevorstehende Abschied diese Woche in den Vorruhestand wird Güthlin nicht ganz leicht fallen, auch wenn er dann mehr Zeit für seine Outdoor-Hobbys hat und ohne Kindergruppen in die Berge ziehen kann. Seiner Nachfolgerin Anja Ohlsson, die bereits seit Oktober als neue Leiterin eingeführt wird, kann er einen Rat mit auf den Weg geben: »Mach nur, was dir selber Spaß macht, und nichts, von dem du denkst, es müsste sein. Bei dieser Arbeit kommt es stark auf die innere Motivation an. Ich selber bin mit Plänen nach dem Motto, das fand ich als Kind toll, sehr gut gefahren.« bus

Artikel vom 27.11.2012
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...