Haidhausen · Lebenshelfer in Not

Friederike Schulz und Oliver Groth von Pikassio e.V. hoffen, dass sie unter anderem für die Fahrradwerkstatt bald neue Räumlichkeiten finden. Foto: js

Haidhausen · Seit rund 13 Jahren unterstützt Pikassio auf dem Gelände des Salesianums am St.-Wolfgangs-Platz Jugendliche mit Problemen. Die Jugendhilfeorganisation hilft ihnen, Fuß zu fassen in ihrem Leben, ihren Schulabschluss nachzuholen und einen Ausbildungsplatz zu finden.

Doch trotz einer Erfolgsquote von etwa 98 Prozent steht das Projekt nun kurz vor dem Aus. Der Grund: Wegen des Umbaus des Salesianums werden die Räume der Einrichtung anderweitig gebraucht. Ein Ersatz ist bislang noch nicht gefunden. Bis vor knapp zwei Jahren sahen die Zukunftsaussichten von Markus (Name geändert) alles andere als rosig aus. Vom Gymnasium wechselte der 17-Jährige aus Großhadern auf die Realschule, es folgten ein Internat und ein Erziehungsheim, Straftaten und Jugendarrest. »Ich hatte Probleme mit Autoritätspersonen«, erklärt er. Außerdem sei er in der Schule »einfach nicht mitgekommen«. Immer häufiger blieb er dem Unterricht fern. »Dabei lernt man die falschen Leute kennen«, weiß er heute. Um seine Freunde zu beeindrucken, habe er sogar Ladendiebstähle begangen: »Mit mir ging es immer mehr bergab.«

Doch inzwischen absolviert Markus eine Ausbildung zum Hotelfachmann. An seiner Arbeit habe er viel Freude, schwärmt er: »Ich kümmere mich gern um die Gäste.« Zum Einsatz bringen könne er dabei auch seine guten Englischkenntnisse. Englisch sei schon immer sein Lieblingsfach gewesen. »Dafür habe ich ein besonderes Talent«, sagt er stolz. Dass Lernen auch Spaß machen kann, hat er bei Pikassio entdeckt, einem Projekt des Vereins für Sozialarbeit e.V., an dem er ein Jahr und sieben Monate lang teilgenommen hat. Insgesamt 26 Jugendliche aus ganz München, die alle aus der Erziehungshilfe kommen, werden dort unterrichtet und in einer Holz-, einer Fahrrad- und einer Kreativwerkstatt sowie der einrichtungseigenen Küche auf das Arbeitsleben vorbereitet. Da die Schüler in sehr kleinen Gruppen betreut würden, könne man besser auf den Einzelnen eingehen als an der Regelschule, erklärt Oliver Groth, Mitarbeiter der Organisation: »Nahezu alle Teilnehmer schaffen ihren Schulabschluss.«

Allerdings droht der Einrichtung jetzt die Schließung, denn das Salesianum hat bis zum kommenden Mai für die Räume Eigenbedarf angemeldet. »Wir brauchen dringend eine Alternative in zentraler Lage«, sagt Friederike Schulz, die das Jugendhilfeprojekt leitet. Optimal sei ein Objekt im Viertel, jedoch sei dies »fast aussichtslos«. Mehr als die derzeitige Miete von 6.500 Euro monatlich, die für die 675 Quadratmeter große Fläche bezahlt wird, sei nämlich nicht finanzierbar. Was künftig auf dem Areal entstehen soll, ist noch offen, da sich der Umbau des Salesianums noch in der Planung befindet. Julia Stark

Artikel vom 20.11.2012
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