Bürgermeister Jörg Pötke vorläufig des Amtes enthoben

Taufkirchen · Stress im Rathaus

Die Akten muss jetzt Angelika Steidle abarbeiten, Bürgermeister Jörg Pötke wurde vorläufig seines Amtes enthoben.	Foto: Woschée

Die Akten muss jetzt Angelika Steidle abarbeiten, Bürgermeister Jörg Pötke wurde vorläufig seines Amtes enthoben. Foto: Woschée

Taufkirchen · Im Taufkirchner Rathaus wird auch in nächster Zeit wohl keine rechte Ruhe einkehren. Den vorläufigen Höhepunkt der Streitigkeiten zwischen Bürgermeister und Gemeinderat sowie Bürgermeister und Belegschaft stellt die vorläufige Amtsenthebung von Bürgermeister Jörg Pötke (ILT) aus seinem Amt am Dienstag vor einer Woche dar.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat es, laut Oberlandesanwältin Karin Siller, als erwiesen angesehen, dass ein Verbleib von Bürgermeister Jörg Pötke im Amt den Betriebsfrieden der Gemeinde massiv stören würde. Darüber hinaus sieht es die Landesanwaltschaft als wahrscheinlich an, dass Pötke gänzlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden wird. Massive Mobbingvorwürfe seien gegen ihn erhoben worden, lautet die Begründung. »Wir sind aber kein Gericht, die endgültige Entscheidung wird das Verwaltungsgericht fällen«, erklärt die Sprecherin der Landesanwaltschaft. Wie lange das Verfahren sich hinziehen wird, kann man indes noch nicht sagen. Nun bleibe erst einmal abzuwarten, ob Jörg Pötke Einspruch gegen die vorläufige Amtsenthebung erheben wird oder nicht. Dieses so genannte Eilverfahren könnte binnen zwei Monaten über die Bühne gehen, das Hauptsacheverfahren in dem mit einer Disziplinarstrafe zu rechnen sei, werde aber unabhängig vom Ergebnis des Eilverfahrens weiter verfolgt, so Karin Siller weiter.

Die Nachricht der Amtsenthebung habe ihn am Dienstagabend erreicht, teilte Jörg Pötke auf Anfrage des Südost-Kuriers mit. Überrascht habe sie ihn jedoch nicht wirklich, das Verfahren sei bislang so verlaufen, dass ein anderes Ergebnis kaum vorstellbar gewesen wäre, erklärt er. »Allerdings hätte ich mir einen längeren Zeitraum für die Übergabe der Amtsgeschäfte an die zweite Bürgermeisterin Angelika Steidle gewünscht, so konnte ich nur noch das Nötigste regeln«, bedauert Pötke. Die Vorwürfe gegen ihn sieht er nach wie vor als nicht gerechtfertigt an. »Mobbing hat etwas mit Systematik und Dauerhaftigkeit zu tun, das sehe ich bei mir nicht gegeben. Es ist offenkundig, dass ich nicht geduldig genug war, die Mitarbeiter nicht genug gelobt habe«, gesteht er ein. Als »Mann aus der Wirtschaft« sei er im Rathaus wohl zu forsch vorgegangen, als »Drangsalierer seiner Mitarbeiter« wolle er sich aber nicht sehen, betont Pötke. Er sei froh, wenn die Sache vor Gericht verhandelt werde, damit ihm jemand seine Fehler erklären könne, denn sein Ziel sei es immer nur gewesen, die Verwaltung im Rathaus zu modernisieren. »Ich habe so gehandelt wie es mir entspricht, und ich habe den Weg eingeschlagen, den ich den Wählern bei meiner Wahl versprochen habe,« so Pötke. Er sieht in dem ganzen Verfahren ein Politikum, begünstigt durch die übrigen Parteien im Gemeinderat, denen er schon lange ein Dorn im Auge sei. Geteilt wird diese Ansicht vom ILT-Fraktionsvorsitzenden Karl Heinz Hansen. »Sicher hat er Fehler gemacht«, bekräftigt auch Hansen. Ob diese allerdings so schwer wiegen, um auszureichen ihn deswegen gleich aus dem Amt zu entfernen, das bezweifle er. Froh sei man in der ILT, dass es nun ein öffentliches Verfahren gebe, in dem alle Punkte ausreichend geklärt würden und so Licht ins Dunkel gebracht werde.

Die Ortsvorsitzende der SPD Taufkirchen, Birgit Schmidl, erklärte dazu: »Wir sind gleichermaßen erleichtert und erschüttert. Erleichtert, weil die Belegschaft des Rathauses jetzt endlich wieder zur Ruhe kommt und wieder ein geordneter Arbeitsalltag beginnen kann. Erschüttert, weil die Zustände schlimm gewesen sein müssen, denn ohne Grund wird ein Bürgermeister nicht des Amtes enthoben.« Jetzt gelte es nach vorne zu blicken, denn in Taufkirchen seien durch die anhaltenden Querelen viele Dinge nicht so über die Bühne gegangen, wie es wünschenswert gewesen sei. Auf jeden Fall habe man der zweiten Bürgermeisterin eine gute und konstruktive Zusammenarbeit zugesichert, um gemeinsam für Taufkirchen aktiv zu werden, so Schmidl.

Die CSU Taufkirchen findet für die Entscheidung der Landesanwaltschaft Bayern deutlichere Worte: »Die CSU Taufkirchen findet die Entscheidung der bayerischen Landesanwaltschaft Herrn Dr. Pötke von seinen Aufgaben als ersten Bürgermeister der Gemeinde Taufkirchen zu entbinden, richtig. Die seit Beginn des Jahres im Gemeinderat bekannten Vorfälle lassen keine andere Entscheidung zu. Die Amtsenthebung ist längst überfällig. Beklagenswert ist nur, dass die Ermittlungen so lange gedauert haben und dem Wirken dieses Bürgermeisters eigentlich viel zu spät der Riegel vorgeschoben wurde. Dr. Pötke ist verantwortlich für eine vollständig darnieder liegende Verwaltung sowie demotivierte und frustrierte Rathausmitarbeiter. Solange die Demission durch das Gericht nicht bestätigt ist, wird es keine Neuwahlen in Taufkirchen geben. Deshalb braucht Taufkirchen jetzt erst mal Ruhe und Gelassenheit in der Verwaltung«, schreibt der CSU Ortsverband. Die Verwaltung war gegenüber unserer Zeitung zu keiner Stellungnahme bereit.

Die Sprecherin der Grünen, Gabi Zaglauer-Swoboda ist zurückhaltender in ihrer Kritik: »Es wäre für Taufkirchen besser gewesen, wenn Herr Pötke sein Verhalten schon vor langer Zeit überdacht und geändert hätte. In diesem Jahr war eine Zusammenarbeit kaum mehr möglich. Jetzt muss die Verwaltung erst einmal wieder zum Laufen gebracht werden.« Auch die Grünen haben ihre Zusammenarbeit mit Angelika Steidle angekündigt. Der hatte es Dienstagnacht, als sie die Nachricht bekam, sozusagen ab sofort die Amtsgeschäfte übernehmen zu müssen, »erst einmal die Füße weggezogen«. »So habe ich mir das nicht gewünscht«, betont sie. Bislang klappe die Zusammenarbeit mit der Belegschaft hervorragend, auch aus allen Fraktionen habe es nur positive Rückmeldungen gegeben. Vor allem mit der dritten Bürgermeisterin Rosi Weber (SPD) habe sie sich abgesprochen, denn die Arbeit müsse auf viele Schultern verteilt werden. So richtig sei sie vor lauter Presseterminen noch nicht dazu gekommen, die Lage zu sichten, bedauerte sie.

Wie lange sie diesen Dienst versehen wird, kann man noch nicht sagen. Ziehen sich die Verhandlungen vor Gericht hin, dann kann es sein, dass sie bis zu den offiziellen Neuwahlen im Herbst 2014 das Amt des Bürgermeisters ausfüllen müsse. »Ich denke, es ist ein Vorteil, dass ich fraktionslos bin, so stehe ich allen Fraktionen neutral gegenüber«, erklärt die Kommunalpolitikerin. Am Donnerstag, 15. November, 19.45 Uhr, wird sie auf einer Sondersitzung des Gemeinderates zu der momentanen Situation Stellung beziehen. hw

Artikel vom 13.11.2012
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