Auszeichnung für eine Schwester, die auch Unternehmerin ist

Berg am Laim · Vielseitiges Vorbild

Schwester M. Theodolinde Mehltretter: Aktiv für Kranke und Schwache, fürsorglich zu Anvertrauten, erfolgreich als Getränkeunternehmerin.	Foto: js

Schwester M. Theodolinde Mehltretter: Aktiv für Kranke und Schwache, fürsorglich zu Anvertrauten, erfolgreich als Getränkeunternehmerin. Foto: js

Berg am Laim · Nicht immer sind soziales Engagement und Unternehmertum ein Widerspruch. Dass sich Wirtschaftlichkeit und Nächstenliebe vereinen lassen, hat Schwester M. Theodolinde Mehltretter 16 Jahre lang als Mitglied der Geschäftsführung der Adelholzener Alpenquellen unter Beweis gestellt.

Für ihre Verdienste wurde die Generaloberin des in Berg am Laim ansässigen Ordens der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul kürzlich von Sozialministerin Christine Haderthauer mit der Sozialmedaille des Freistaats Bayern ausgezeichnet. Der Brief von Haderthauer sei für sie völlig überraschend gekommen, berichtet Schwester Theodolinde. Jedoch habe sie die Ehrung im Namen der gesamten Schwesternschaft »gern entgegengenommen«, sagt die rüstige 66-Jährige mit kräftiger Stimme. Seit 2004 ist die gebürtige Oberpfälzerin als Generaloberin für 308 Ordensschwestern verantwortlich. Insgesamt arbeiten in den Häusern und sozialen Einrichtungen der Barmherzigen Schwestern 1.200 Mitarbeiter. In deren Betreuung kennt sich die Schwester bestens aus. Ihre Erfahrungen in diesem Metier hat sie allerdings im weltlichen Bereich gesammelt.

Ende der 1980er Jahre wurde sie nach Bad Adelholzen (Landkreis Traunstein) berufen, um sich als Geschäftsführerin des ordenseigenen Mineralbrunnens um das Personal zu kümmern. Als sie die Position angetreten habe, habe die Firma 180 Mitarbeiter beschäftigt, erinnert sich Schwester Theodolinde. Mit den Jahren sei die Belegschaft auf knapp 400 Kräfte angestiegen. »Das Personal ist das wichtigste in einer Firma«, betont die Generaloberin. Jedoch sei ihre Aufgabe nicht immer einfach gewesen. Etwa sei es gelegentlich auch nötig gewesen, Kündigungen auszusprechen: »Wenn jemand wirklich nicht wollte, musste auch einmal ein klares Wort sein.« Allerdings seien in diesen Fällen im Vorfeld stets viele Gespräche und Angebote vorausgegangen. Vermeiden konnte der Getränkehersteller indes betriebsbedingte Entlassungen. Zwar habe es im Zuge der Modernisierung der Produktionsverfahren immer wieder Umstrukturierungen gegeben, berichtet die Ordensfrau. Ohne Effektivierung könne man heutzutage nicht mehr am Markt bestehen: »Wir müssen wirtschaftlich arbeiten.« Jedoch habe man für die Angestellten stets Aufgaben in anderen Bereichen gefunden.

Gewinn zu erwirtschaften sei im Unternehmen der Barmherzigen Schwestern jedoch kein Selbstzweck, erklärt Mehltretter. Der Orden erhalte nämlich keine Kirchensteuer: »Wir müssen unsere sozialen Projekte selbst finanzieren.« Dies gelte auch für die Altersvorsorge der Schwestern. Tätig sind die Schwestern unter anderem in der Vinzenzstube des Alten- und Pflegeheims St. Michael in Berg am Laim, wo Obdachlose und Bedürftige Mahlzeiten erhalten, oder bei der Armenspeisung am Wochenende im Haus Mechtild am Sendlinger Tor, sowie in der Pflege, der Psychiatrie oder der Betreuung von Eltern ernsthaft erkrankter Kinder. Früher seien außerdem viele ihrer Mitschwestern als Pflegerinnen im Krankenhaus Rechts der Isar im Einsatz gewesen: »Diese Klinik war bei uns sehr beliebt.«

Anderen Menschen helfen zu können, sei auch für sie der Hauptgrund gewesen, im Alter von 17 Jahren in den Orden einzutreten, erzählt die Generaloberin: »Ich wollte mich um Arme und Schwache kümmern.« Die ersten 21 Jahre ihres Wirkens habe sie in einem Sanatorium für Tuberkulosepatienten in Planegg verbracht. »Das hieß damals Lungenheilstätte für männliche Brustkranke«, erzählt sie und schmunzelt. Die Arbeit dort habe sie sehr erfüllt. Zu den Adelholzener Alpenquellen zu wechseln sei ursprünglich nicht ihr eigener Wunsch gewesen, räumt sie ein: »Aber wir haben uns dem Gehorsamsgelübde verpflichtet und gehen dort hin, wo uns die Oberin hinschickt.« Allerdings habe sie die Zeit in Bad Adelholzen letztlich doch sehr genossen. Nun liege es ihr als Leiterin des Ordens jedoch besonders am Herzen, für ihre Mitschwestern zu sorgen. Im Mutterhaus in der Vinzenz-von-Paul-Straße leben 26 Schwestern. Zulauf von jungen Frauen bekomme der Orden jedoch schon lange nicht mehr, so Mehltretter. Der Beitritt der letzten Novizin liege bereits 25 Jahre zurück. Daher arbeiten die Barmherzigen Schwestern nun zunehmend mit regulären Angestellten.

Doch die Generaloberin hadert mit dieser Entwicklung nicht. Der Dienst am Nächsten sei nach wie vor aktuell: »Alte und Kranke wird es immer geben.« Inzwischen gebe der Orden vielen Menschen im sozialen Bereich einen Arbeitsplatz. »Heute ist eben eine andere Zeit«, so die Schwester. Man müsse nun neue Wege finden, um christliche Werte in die Zukunft zu transportieren. Julia Stark

Artikel vom 16.10.2012
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