Demenzkranke freuen sich über vierbeinigen Besucher

Neuperlach · Theo erhellt den Tag

Sozialer Einsatz mit Vierbeiner Theo: Seit Jahren besucht Bärbel Butzke wöchentlich Tagespatienten im Horst-Salzmann-Zentrum.	Foto: bus

Sozialer Einsatz mit Vierbeiner Theo: Seit Jahren besucht Bärbel Butzke wöchentlich Tagespatienten im Horst-Salzmann-Zentrum. Foto: bus

Neuperlach · »Heute kommt noch Theo«, kündigt Sozialpädagogin Iris Gorke einen besonderen wöchentlichen Besucher an.

Manche der rund zehn Demenzkranken in der Neuperlacher Tagespflege der AWO wissen sofort, dass es sich hier nicht um einen Menschen, sondern um ihren vierbeinigen Pudelfreund handelt. Während die einen krankheitsbedingt schweigen, werden bei anderen Erinnerungen wach, an die eigene Kindheit mit einem Dackel, Katzen als Haustiere und Episoden wie die verstauchten Hinterläufe eines Tieres.

»Angefangen hat alles damit, dass ich selber Hilfe wollte«, erzählt Bärbel Butzke, die Besitzerin des liebenswürdigen Pudels. »Damals hatte ich einen schwarzen Labrador und das ist ja doch ein richtig großer Hund.« Damit dem Tier im Notfall geholfen werden kann, wollte sie bei der Tierrettung München, einem 24-Stunden Notrufservice für kranke und verletzte Tiere, Mitglied werden. Auf der Internetseite dieses Vereins stand auch etwas über die Streichelbande. Das ist ebenfalls ein Münchner Verein, der aus einer kleinen Gruppe privater Hundebesitzer besteht, die mit ihren Tieren Altenheime, Behinderten- und Kinderheime, Schulen und Kindergärten besuchen. »Das hat mich interessiert und so bin ich mit meinem Labrador ein Mitglied der Streichelbande geworden«, sagt Butzke. »Zuerst musste der Hund einige Ausbildungen absolvieren, denn für die Besuche bei hilfsbedürftigen Menschen muss sichergestellt sein, dass das Tier folgt und freundlich reagiert. Es wäre ja fatal, wenn jemand bei unseren Hundebesuchen gebissen würde oder sich sonst irgendwie verletzt, beispielsweise weil ein Tier an ihm hochspringt.«

Als der Labrador alle Prüfungen bestanden hatte, sind Hund und Frauchen jahrelang auf Tour gegangen. »So habe ich das Horst-Salzmann-Zentrum im Plievierpark 9 kennen gelernt und erlebt, wie sehr sich die Tagespatienten dort über den Besuch von Tieren freuen können.« Iris Gorke, die dort gemeinsam mit einem Fachteam aus einer Pflegekraft, einer Mitarbeiterin der Altenpflege und Zivildienstleistenden desorientierte oder psychisch kranke Senioren von montags bis freitags liebevoll in häuslichem Ambiente und hellen Räumen betreut, bestätigt Butzkes Erfahrungen: »Unsere Patienten haben meist Alzheimer oder Schlaganfall-Erkrankungen. Für diese Menschen, die nicht mehr sicher über ihre Sprache verfügen können oder durch ihre Demenz teilweise in ihrer eigenen Welt eingeschlossen sind, bietet die tiergestützte Therapie einen Schüssel. Mit Tieren pflegen wir eine völlig andere Art der Kommunikation und für einen Hund ist es eben völlig egal, ob man die richtigen Worte findet, spricht oder nur lächelt oder vielleicht Dinge dreimal erzählt.«

Vor Jahren musste Butzke auf ihren großen schwarzen Begleiter eines Tages leider verzichten. Ein Notfalleinsatz durch die Tierrettung wurde zwar nicht notwendig, aber ihr Labrador starb an Altersschwäche. »Lange habe ich es ohne Hund aber nicht ausgehalten«, so die Taufkirchnerin. »Allerdings habe ich mir dann einen etwas kleineren Hund, nämlich den Theo angeschafft. Und weil der Labrador schwarz war, sollte es diesmal ein brauner Pudel sein. Die Farbe mag ich besonders gern an Theo.« Dabei ist der ganze Pudel einfach zum Gernhaben. Quietschvergnügt und auch ein bisschen stolz auf seinen Auftritt marschiert er ins Wohnzimmer der Tagespflege. Damit auch alle sofort wissen, wer er ist, trägt er ein gelbes Halstuch mit der Aufschrift »Besuchshund«.

Butzke ist heute nicht mehr über die Streichelbande organisiert, aber dem Demenzpflegezentrum seit Jahren treu geblieben. »Mit Theo habe ich zuerst einige Stunden bei einer Hundetrainerin verbracht, nebenbei bemerkt eine eher teure Schulung«. Seither ist sie sich sicher, dass der Pudel für die Besuche geeignet ist und nichts Unvorhergesehenes passiert.

Alle freuen sich über die Besuche

Wie ihr Hund freut sich auch die engagierte Dame, die sich nicht gerne selber in den Mittelpunkt rückt, jede Woche auf die Besuchsstunde und macht sich gerne die Mühe nach Neuperlach zur fahren. »Theo ist immer schon ganz aufgeregt, wenn es losgeht und genießt seinen Einsatz richtig. Und ich bin auch glücklich über die positive Resonanz und das kleine Licht, dass ich in das Leben der Patienten bringen kann.« Die fitteren Senioren streicheln ihren Hund sofort und unterhalten sich mit der Besitzerin. Aber allmählich tauen auch einige Herren auf, die bisher nur sehr ruhig mit dabei saßen. Sichtlich glücklich sind sie über den Hundebesuch und die Gelegenheit, den Vierbeiner auf den Arm zu nehmen und zu streicheln. Auch ein Patient, der bisher nicht aus sich rausgehen konnte, bückt sich und hätschelt Theo.

Diese Reaktionen freuen Gorke besonders. Überhaupt ist sie mehr als glücklich, dass Theo einmal in der Woche im Horst-Salzmann-Zentrum vorbei schaut. »Das ist eine sehr gute Auflockerung unseres Tagesprogramms, das neben den Mahlzeiten aus Singen, Erzählen, Spielen, Gedächtnistraining, aktivierender Pflege, Gymnastik, Basteln, Spaziergängen, aber auch Ruhe- und Rückzugsmöglichkeiten sowie medizinischer Betreuung besteht.« Im Augenblick gibt es noch freie Tagespflegeplätze. Die Patienten können täglich oder regelmäßig an bestimmten Wochentagen betreut werden. Information dazu erhält man unter Tel. 67 82 03 28. bus

Artikel vom 25.09.2012
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