Kein Geld: Schwabinger Reptilienauffangstation vor dem Aus?

Schwabing · Ein Krokodil für Ude

Für Rudolf Hoffmann ist wichtig, Laien aufzuklären: Viele exotische Tiere seien keine Haustiere und hätten in einer Wohnung nichts verloren.	Foto: scy

Für Rudolf Hoffmann ist wichtig, Laien aufzuklären: Viele exotische Tiere seien keine Haustiere und hätten in einer Wohnung nichts verloren. Foto: scy

Schwabing · Es war einmal eine kleine Wasserschildkröte, die hatte sich im Englischen Garten verlaufen. Was sich wie der Anfang eines Märchens liest, ist jedoch Realität, und die ist bitter: Das Panzertierchen wurde von seinem Besitzer einfach ausgesetzt und irrte orientierungslos herum.

Und das ist leider kein Einzelfall. Regelmäßig werden in der Erholungsoase Schwabings Reptilien gefunden – und in die nahe Reptilienauffang­station an der Kaulbachstraße gebracht. Dort haben derzeit rund 900 Giftschlangen, Krokodile, Leguane und Co ein vorübergehendes Zuhause. Doch wie lange noch? Der einzigen Reptilienauffangstation Süddeutschlands droht das Aus: Zu wenig Gelder, beengte Räumlichkeiten. »Wir sind am Ende unserer Kapazitäten angelangt«, sagt Rudolf Hoffmann, Chef der Station. Weitere Tiere könne man nicht mehr aufnehmen.

Dabei täte genau das auch weiterhin Not. Denn immer mehr Reptilien landen in der Auffangstation, aktuell 2000 jährlich, Tendenz steigend. Einer der Gründe ist, dass die Münchner die Tiere aus Urlauben in Nordafrika und Asien hierher schmuggeln – und letztlich oft mit der Pflege überfordert sind. Zudem würden, so Hoffmann, auch einige Zoohändler nicht ganz unschuldig an der Misere sein. »Da werden exotische Tiere angeboten, die nichts in einer Wohnung verloren haben und das zu Schnäppchenpreisen«, so der Experte. Nicht selten würde dem Käufer verschwiegen, dass die Tiere nicht immer so klein und putzig bleiben, sondern irgendwann mitunter das Gewicht eines Erwachsenen auf die Waage bringen und die Eigentümer mit bis zu 140 Jahren ohne weiteres überleben. Um dem in Zukunft einen Riegel vorzuschieben, helfe nur eines: »Informieren, informieren, informieren!« Denn ein Ende des Booms scheint nicht in Sicht. »Reptilien sind im Trend«, weiß Hoffmann. Zum einen, weil insbesondere Tierhaarallergiker darauf ausweichen. Und auch, weil Laien diese erstmal als einfach unterzubringende Tiere einschätzen würden. »Sie bellen nicht wie ein Hund und man muss auch nicht mit ihnen Gassi gehen.« Doch von pflegeleicht könne keine Rede sein: Der Aufwand sei mindestens so hoch wie bei anderen Haustieren, etwa einer Katze. Nicht zu vergessen die hohen Stromkosten, um beispielsweise ein Terrarium zu betreiben.

50.000 Euro fehlen aktuell, um zumindest noch für dieses Jahr den Fortbestand der Reptilienauffangstation zu sichern. Diese finanzielle Lücke ist verursacht durch den massiven Anstieg der Tierzahlen und auch der seit einigen Jahren längeren Verweildauer der Reptilien. Die bisherigen Fördergelder und Spenden reichen da nicht mehr aus – und die machen immerhin knapp die Hälfte des benötigten Gesamtetats von jährlich 500.000 Euro aus. Miteingerechnet sind Entschädigungszahlungen bei amtlichen Beschlagnahmungen von Tieren. Der Rest, rund 260.000 Euro, kommt vom Umweltministerium. Geld fehlt auch deshalb in der nahen Zukunft, weil die Station umziehen muss.

Station platzt aus allen Nähten

»Wir platzen ja jetzt schon aus allen Nähten auf unseren 350 Quadratmetern«, berichtet Hoffmann. Auch im Tierheim seien zusätzliche Raumkapazitäten ausgeschöpft. 1200 bis 1400 Quadratmeter wären, so Hoffmann, für die hoffentlich neue Reptilienauffangstation optimal. Im Falle einer Schließung hingegen müssten die Reptilien anderweitig untergebracht werden. Doch wo? »Ich kann sie ja schlecht dem Ude ins Büro stellen oder Lieschen Müller einfach ein Krokodil in die Badewanne legen«, scherzt Hoffmann. Ohnehin dürften Privatpersonen Reptilien teils nicht halten und könnten nur geringe Stückzahlen pflegen. Und für andere Tiere sei schlicht kein Markt da, etwa für die nordafrikanischen Wasserschildkröten. Tierheime und Zoologische Gärten seien keine Dauerlösung, schon gar nicht für die immense Anzahl der Tiere. Sogar in einen Zoo in Spanien wurden Münchner Reptilien bereits abgegeben, »aber die warten dort nicht gerade darauf«.

Die Reptilienauffangstation in Schwabing, die seit mehr als zehn Jahren besteht, nimmt Aufgaben der Öffentlichen Sicherheit und Ordnung wahr. Hier werden beschlagnahmte oder aus Tierschutzgründen weggenommene, gefundene oder ausgesetzte Tiere aufgenommen. Es ist auch ein Ort der Wissensvermittlung: Es gibt Führungen für Kinder und interessierte Bürger. Ob dieses Zuhause für zig Reptilien weiter erhalten bleiben kann, ist auch vom Engagement anderer abhängig.

Appell an die Öffentlichkeit

Deshalb wendet sich Hoffmann an die Öffentlichkeit: »Schreiben Sie an Ihre Abgeordneten sowie an die einschlägigen Ministerien oder an die Landeshauptstadt München.« Auch Spenden seien freilich immer willkommen. »Nur durch Ihren Einsatz und den damit entstehenden öffentlichen Druck, kann erreicht werden, dass die einmalige Station erhalten werden kann«, sagt Hoffmann. Spendenkonto Münchner Bank, Kontonummer 98 81 54, Bankleitzahl 70 19 00 00. Weitere Informationen gibt es unter www.reptilienauffangstation.de. Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 18.09.2012
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