Sport mit 50 beim MTSV Schwabing: Plötzlich ist der Ehrgeiz da

Schwabing · Karate »best age«

Isabella Riedmeyer (3. v. l.) und ihre Sportkollegen haben ein erstes Karatezertifikat errungen. Als nächstes soll der weiße Gürtel folgen. Foto: Heinrich Büttner

Isabella Riedmeyer (3. v. l.) und ihre Sportkollegen haben ein erstes Karatezertifikat errungen. Als nächstes soll der weiße Gürtel folgen. Foto: Heinrich Büttner

Schwabing · Was tun, wenn ein Fremder einen am Handgelenk packt und nicht mehr los lässt? Isabella Riedmeyer weiß sich inzwischen zu wehren. »Ich bin für den Ernstfall gerüstet«, sagt die 52-Jährige. Ihr Selbstbewusstsein kommt nicht von ungefähr, denn Riedmeyer gehört zu den ersten Teilnehmern des Karatekurses für Späteinsteiger »+/- 50 Jahre«, den der MTSV Schwabing seit Februar anbietet. »Menschen im besten Alter sollen sich bei uns willkommen fühlen«, sagt Trainer Heinrich Büttner.

Und nicht nur beim Schwabinger Sportverein: 2012 ist auch für den Bayerischen Karate Verband ein Jahr, das grundsätzlich den nicht mehr ganz Jungen gewidmet ist mit der »Aktion Best Age«. Dass sie mit Leuten aus ihrer Altersklasse Karate lernen kann, war für Riedmeyer das überzeugende Argument schlechthin. »Es passt einfach nicht, wenn ich dann gegen Jüngere antreten soll«, sagt sie. In ihrer Gruppe habe sie sich sofort wohl gefühlt und die Trainer, drei erfahrene Schwarzgurte, konnten in ihr sofort den überspringenden Funken auslösen. »Sie haben uns mit viel Geduld, Schweiß und Engagement Karate schmackhaft gemacht«, erzählt sie. »Kein Wunder, dass wir alle weitermachen wollen.« Das bestätigt auch Teilnehmer Michael Mayer: Alle seien mit großer Begeisterung dabei und wollten es auch bleiben. Dass sich der Kurs so entwickeln würde, haben die Kursleiter anfangs nicht gedacht. Doch inzwischen haben bereits die ersten sieben Teilnehmer erfolgreich eine Karate-Prüfung abgeschlossen und halten stolz ihre Zertifikate in Händen. Und die nächsten Ziele sind bereits gesteckt, beispielsweise irgendwann den Erwerb des ersten, des weißen Gürtels. Isabella Riedmeyer will auf jeden Fall weiterkommen. »Ich habe gemerkt, wie sich da plötzlich ein Ehrgeiz entwickelt«, so Riedmeyer.

Nicht nur die alten Hasen sind ab Herbst, wenn das Training weitergeht, wieder dabei, auch Neulinge sind herzlich willkommen. Dabei muss niemand das Gefühl haben, nicht mithalten zu können, alle Übungen sind extra an die Altersklasse angepasst. Zum Kursprogramm gehören rücken- und gelenkschonende Gymnastik, Selbstverteidigung, Selbstbehauptung und nicht zuletzt klassische Karate-Techniken. Studien hätten bewiesen, dass gerade ältere Menschen enorm von Karate profitieren, sagt Büttner. Es wirke beispielsweise der Altersdemenz und der Sturzhäufigkeit entgegen. In Asien ist das längst etabliertes Wissen. Karate werde von den alten Meistern bis ins hohe Alter praktiziert und auch als Weg für das ganze Leben angesehen, geistige und körperliche Fitness bis ins hohe Alter zu erhalten, so Trainer Wolfgang Bethke. Und nicht nur das: Wie man aus langjähriger Erfahrung wisse, bringt allein das ­Signalisieren der Abwehrbereitschaft zu einem körperlichen Angriff mehr als 80 Prozent der Angreifer dazu, von einem solchen Angriff abzulassen, so Bethke weiter. »Insofern sind diese Trainings gut, mehr in der Lage zu sein, Zivilcourage zu zeigen und selbst nicht Opfer zu werden.«

Karate ist gut fürs Ego

Diese Auswirkung spürt Isabella Riedmeyer bereits. »Ich war noch nie ein ängstlicher Mensch. Doch nun gehe ich noch sicherer durch die Welt, ich habe einen anderen, einen aufrechteren Gang«, berichtet sie. »Schließlich weiß ich, wenn wirklich was wäre, könnte ich mich wehren.« Um Kampf geht es hingegen nicht bei Karate, auch wenn das ein häufig gehörtes Vorurteil sei. »Ich will mich nicht mit dem Angreifer anlegen, sondern nur weg aus der Situation«, erläutert Büttner, der regelmäßig nach Japan fährt, um bei Meistern, sozusagen »an der Quelle« zu lernen. »Karate ist mein Leben«, sagt er. Denn Karate, das sei nicht nur regelmäßiges Training, sondern auch eine Lebenseinstellung. »Es geht vor allem um Achtung und Respekt voreinander – der Grund, warum wir uns vor jeder Übung voreinander verbeugen.«

Das Training startet wieder ab Montag, 17. September, bis Mitte Dezember jeweils montags von 19.30 bis 20.30 Uhr in den Räumen des MTSV Schwabing an der Ursulastraße 3. Kosten 70 Euro, eine Mitgliedschaft im Verein ist nicht erforderlich. Anmeldungen bei Heinrich Büttner unter der Telefonnummer 01 71/7 18 71 75.

Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 21.08.2012
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