In Haidhausen wird ein ganz besonderes Bier ausgeschenkt

Haidhausen · Mit Hopfen helfen

Als erster Münchner Wirt schenkt Michael Fischl, der Wirt der Gaststätte  »Wiesengrund« in der Elsässer Straße, das Quartiermeister aus.	Foto: js

Als erster Münchner Wirt schenkt Michael Fischl, der Wirt der Gaststätte »Wiesengrund« in der Elsässer Straße, das Quartiermeister aus. Foto: js

Haidhausen · »Vollmundig, leicht hopfig, ein wenig malzig, einfach rund«, beschreibt Michael Fischl, Wirt der Gaststätte »Wiesengrund« in der Elsässer Straße 22, das neue Bier, das er seit Kurzem anbietet.

Das bayerische Nationalgetränk der Marke Quartiermeister hat aber noch eine weitere Besonderheit: Ein Teil des Gewinns kommt sozialen Einrichtungen im Viertel zugute. Gerade in Haidhausen hat das Brauwesen übrigens lange Tradition. Im 19. Jahrhundert gab es rund 50 Bierkeller, berichtet Johann Baier, Vorsitzender des Vereins »Freunde Haidhausen«.

Als Stefan Werner und Jan Svensson, die Initiatoren der Initative Quartiermeister, im vergangenen Herbst mit dem Vorschlag zu ihm gekommen seien, das Projekt in seinem Lokal einzuführen, habe er sofort zugesagt, erinnert sich Fischl. »Ich bin der erste in München, der das Bier anbietet«, sagt er stolz. Besonders sympathisch sei ihm der soziale Aspekt mit regionalem Bezug gewesen. Zwar räumt er ein: »Die Menschen in Afrika hätten das Geld natürlich auch verdient.« Seine Gaststätte sei jedoch schon seit knapp 30 Jahren in der Elsässer Straße ansässig und verstehe sich daher als »Stadtteillokal«. Zwei Euro pro verkaufter Kiste oder zehn Cent pro Flasche werden nun an den Projektladen International in der Metzstraße gespendet, eine Initiative für Kinder, Jugendliche und Frauen mit Migrationshintergrund. Verwendet werden die Gelder derzeit zur Finanzierung des regulären Programms. Bei der Auswahl der Einrichtung habe er sich von ehrenamtlich engagierten, alteingesessenen Haidhausern wie etwa Rupert Pfliegl, dem Veranstalter des Stadtteilfests, beraten lassen, erklärt Werner: »Wir würden uns nicht anmaßen, das selbst zu entscheiden.« Geplant sei, einen Verein zu gründen, der künftig darüber beschließen solle, welche Organisation in den Genuss der Förderung komme. Vorschläge unterbreiten könnten jedoch auch die Bewohner per E-Mail unter projekte.muenchen@quartiermeister.org.

Im Viertel kennen Werner und sein Kollege sich allerdings auch selbst bestens aus. Werner wohnt in der Nähe des Ostbahnhofs, Svensson in der Au. »Wir sind beide hier aufgewachsen«, erzählt Werner. Dass sie im Stadtteil wohnen, sei jedoch nur ein Argument dafür gewesen, das Projekt in Haidhausen zu starten. Ausschlaggebend sei vor allem gewesen, dass es dort viele brauereiunabhängige Gaststätten gebe.

Ein fester Vertrag mit einer Brauerei sei für »solche Aktionen hinderlich«, bestätigt Michael Fischl. Auch die Suche nach einem Kooperationspartner sei nicht einfach gewesen. Ziel sei eigentlich gewesen, mit einem lokalen Unternehmen zusammenzuarbeiten. Aber sämtliche Münchner Brauereien hätten abgesagt: »Hier hat sich die Welthauptstadt des Biers blamiert.« Auf sein Anraten hätten sich die Initiatoren daher mit der Genossenschaftsbrauerei Gut Forsting bei Ebersberg in Verbindung gesetzt, die das Quartiermeisterbier nun braut.

Haidhausen war schon immer das »Bierviertel«

Besser wären die Aussichten auf einen Hersteller vor Ort wahrscheinlich im 19. Jahrhundert gewesen. Damals habe es in Haidhausen unzählige kleine Brauereien gegeben, berichtet Johann Baier. Der Buchautor und Vorsitzende des Vereins »Freunde Haidhausens« gilt als Experte für die Geschichte des Stadtteils. Die sogenannte Kellerstadt, das Areal entlang der Rosenheimer Straße, der Kellerstraße und der Inneren Wiener Straße, habe bereits vor der Eingemeindung Haidhausens 1854 zum Stadtgebiet gehört, erklärt er.

Das Bier innerhalb Münchens zu produzieren sei von Interesse gewesen, weil es nur unter dieser Voraussetzung auf dem Oktoberfest verkauft werden durfte. Angesiedelt hätten sich die Brauereien in Haidhausen außerdem wegen des tieferen Grundwasserspiegels: »In der Innenstadt konnte man keine Bierkeller bauen, weil man schon nach vier bis fünf Metern auf Wasser stieß.« Die höhere Lage am Hang habe hingegen Grabungen von acht bis zehn Metern erlaubt. Dies sei nötig gewesen, um das Bier aureichend kühl lagern zu können.

Erhalten sind die alten Bierkeller allerdings nicht mehr. Wegen der zunehmenden Modernisierung hätten die Brauereien größere Produktionsflächen gebraucht, die kleinen Unternehmen seien aufgekauft worden und die großen seien abgewandert, erklärt Baier. Eine Rolle gespielt habe zudem der Siedlungsdruck: »Die Brauereien haben sich ihre Grundstücke hier teuer bezahlen lassen.« Die alte Haidhauser Biertradition gehört also der Vergangenheit an, dennoch ist das Quartiermeister hier doch irgendwie an der richtigen Stelle. Jetzt muss nur Michael Fischl noch etwas Überzeugungsarbeit leisten. Viele seiner Gäste hätten in seinem Sortiment ihr Stammbier bereits gefunden, meint er. Das neue Bier werde zwar gut angenommen: »Aber es wird noch nicht so oft bestellt, wie ich es mir wünschen würde.« Seinen Gästen empfehle er, das Quartiermeister auf jeden Fall zu probieren: »Für mich ist es das beste Bier, das ich kenne.« Julia Stark

Artikel vom 14.08.2012
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