Steinhöringerin Beatrix Bodmeier sammelt Hauswurze

Steinhöring · Dem Übel wehren

Beatrix Bodmeier inmitten ihrer riesigen Hauswurzsammlung, hier mit der Hauswurz des Jahres »Schwarze Rose« und einem stattlichen »Hans«.	Foto: sf

Beatrix Bodmeier inmitten ihrer riesigen Hauswurzsammlung, hier mit der Hauswurz des Jahres »Schwarze Rose« und einem stattlichen »Hans«. Foto: sf

Steinhöring · »Wer edle Hauswurz hält in Ehren, der kann wohl manchem Übel wehren« lautet ein Spruch in »Alräunchens Kräuterbuch« aus dem Jahre 1883.

Wenn das wahr ist, braucht Beatrix Bodmeier aus Steinhöring nichts mehr zu befürchten, denn sie hat Tausende Hauswurze in ihrem Garten – rund 1.700 verschiedene, davon etwa 1.600 Kultivare, also Kulturpflanzensorten, und 100 Naturformen.

Im Vorgarten, am Haus und entlang des Gartenzauns, im ehemaligen Gemüsegarten und in der Hofeinfahrt reihen sich überall die Töpfe aneinander, darin grüne, tief-rote, orange-fleischfarbene und rosa Rosetten, kleine und große, mit feinen Härchen an den Blattkanten oder ganz glatt, mit langen Blüten und ohne. »Die Vielfältigkeit ist das, was mich an dieser Pflanze so fasziniert«, sagt die Sammlerin. Vor acht Jahren packte sie die Leidenschaft für die Sukkulenten, deren lateinischer Name »Sempervivum« lautet und die vorwiegend in Bergregionen zu finden sind. Ihr natürliches Vorkommen erstreckt sich von Spanien über die Alpen bis in den Iran, gezüchtet werden sie von »Sempsfreunden« mittlerweile auch in den USA und in Japan. »Es gibt 60 verschiedene Arten und unzählige Naturhybriden, weil sie sich untereinander kreuzen, sobald mehrere Arten an einem Standort wachsen«, erklärt Bodmeier. Hinzu kommen die zirka 7.000 Züchtungen, die bisher bekannt sind.

Ganz harmlos fing es bei Bodmeier an: Jahrelang stand in dem Gemüsegarten ihrer Schwiegermutter, die gleich nebenan wohnte, ein einsames Exemplar, fast unbeachtet. Irgendwann war die heutige Sammlerin dann in einem Gartencenter und hat dort zehn verschiedene Hauswurze gesehen. »Ich wusste gar nicht, dass es so viele gab«, sagt sie. Bodmeier hat sich dann im Internet schlau gemacht, fand die Pflanze toll – und das war der Start für ihre Sammlung. Schon bald reichte der Platz für die vielen Töpfe nicht mehr aus und der Gemüsegarten der Schwiegermutter wurde okkupiert, vergangenes Jahr musste Ehemann Hans noch ein weiteres Stück Wiese dahinter einzäunen. 150 Quadratmeter rund ums Haus sind nun regelrecht gepflastert mit Sempervivum-Züchtungen – der Anblick dieser Vielfalt ist überwältigend.

Das Faszinierende sind für Beatrix Bodmeier aber nicht nur die vielen Varianten an sich, sondern dass jede von ihnen auch noch ständig ihr Aussehen verändert: Die Farbe, die Form der Rosette, die aufsteigende Blüte. Bevor eine Sempervivum blüht, »macht sie in der Regel erst ein paar Kindl«. Bei einigen entsteht ein Kranz kleiner Rosetten um die Mutter herum, bei anderen wachsen sie ungeordnet daneben, bei einer eher seltenen Art produziert die Pflanze kleine Kugeln, die obenauf sitzen und irgendwann einfach herunterkugeln. Manche »Kindl« haben längere Stängel und recken sich hinüber zum Nachbartopf. Sobald sie dort die Erde berühren, wurzeln sie – und das Terrain ist erobert. Nach der Blüte sterben die Rosetten ab.

Hauswurze per Post tauschen

Da der Hauswurz sehr robust ist, können die Sammler per Post tauschen. Man schickt einen Ableger und bekommt einen anderen zurück. »Die können Wochen unterwegs sein, das macht ihnen nichts aus«, erklärt Bodmeier. Gießen muss sie ihre Sammlung auch nicht.

Trotzdem ist sie in den Sommermonaten etwa vier Stunden jeden Tag mit ihren Lieblingen beschäftigt: Abgestorbene Rosetten entfernen, vorwitzige »Kindl« wieder aus fremden Töpfen holen, zu dicht besiedelte Töpfe lichten, neue Ableger von anderen Sammlern einpflanzen. Mittlerweile bekommt sie immer öfters Besuch von »Sempsfreunden« aus ganz Deutschland, Estland, Tschechien, der Schweiz und Belgien, mit denen sie dann Hauswurz-Exemplare austauscht. Übrigens: Den Hauswurzen wurden seit jeher magische Zauberkräfte zugesprochen. Aufs Dach gepflanzt sollen sie vor Blitzschlag, in den Kamin gehängt vor einfahrenden Hexen schützen. Bis zum Dach will Beatrix Bodmeier aber ihre Sammlung dann doch nicht ausweiten. Nur die heilenden Kräfte, die dem Saft der dickfleischigen Blätter nachgesagt werden, hat sie ausprobiert: »Gegen Insektenstiche hilft das wirklich.« Nun hat sie ein Rezept für eine heilende Salbe erhalten, das sie demnächst ausprobieren will. »Das Rezept für die Flugsalbe fehlt mir leider noch«, meint sie grinsend. Diese sagenumwobene Paste soll Hexen flugtüchtig machen und Menschen ermöglichen, glühendes Eisen anzufassen. Wer es ihr zukommen lassen möchte, wendet sich am besten per E-Mail an die Sammlerin unter beatrix.bodmeier@t-online.de. Nähere Informationen gibt es auch im Internet unter www.bachkramerei.de oder www.sempervivum-liste.de. Sybille Föll

Artikel vom 24.07.2012
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