Ehepaar Elsner feiert Eiserne Hochzeit

Zorneding/Pöring · 65 Jahre große Liebe

Der Don Camillo Chor veranstaltet am 19. Februar sein Jubiläumskonzert. 	Foto: VA

Der Don Camillo Chor veranstaltet am 19. Februar sein Jubiläumskonzert. Foto: VA

Zorneding/Pöring · Am 19. Juli haben die Zornedinger Ursula und Hans Elsner Eiserne Hochzeit (1947 – 2012) gefeiert. Beide sind in Oberschlesien geboren, Ursula (geb. Mook) 1926, Hans 1925. Sie haben dann den gemeinsamen Wohnort Magdeburg, wo sie sich 1946 kennenlernen und 1947 heiraten. Sie haben zwei Töchter, einen Sohn, vier Enkel und einen Urenkel.

Hans Elsner hatte sich 1942 freiwillig zur Kriegsmarine gemeldet, er war im Einsatz auf einem U-Boot in Bergen/Norwegen. Auf „Feindfahrt“ begleitetet ihn immer ungeheure Angst. Während einer durch Krankenhausaufenthalt bedingten Abwesenheit trifft ein Torpedo „sein“ Boot, alle Offiziere und Kameraden versinken in diesem Grab. Viele schreckliche Erlebnisse plagen ihn immer noch in Albträumen. 1945 kämpft er in Ostpreußen drei Monate lang gegen die vorrückende russische Übermacht. „Hitler hat mir meine Jugend gestohlen“, sagt er über die Zeit damals.

Die junge Ursula Mock erlebt die Kriegszeit in Magdeburg: Sie lebt in ständiger Angst um ihre im Feld befindlichen älteren Brüder und in Angst um ihr und ihrer Eltern Leben bei 34 Großangriffen amerikanischer und russischer Bomber, die Tausende von Menschen das Leben kosten und große Teile Magdeburgs in Schutt und Asche legen. Und sie hat zunehmende Angst vor den Gräueltaten der aus dem Osten anrückenden Sowjetarmee. 1946 dann arbeiten die Alliierten an einer Nachkriegsordnung, am 10. Januar findet die erste UN-Vollversammlung statt. Die „Entnazifizierung“ wird eingeleitet (Nürnberger Prozesse), Reparationsleistungen festgelegt. Ursula und Hans leben in Magdeburg, unter sowjetischer Militäradministration. Schwarzmarkt, Einfallsreichtum, Improvisationstalent und geschickter, vorsichtiger Umgang mit den gerade für Frauen oft unberechenbaren sowjetischen Besatzungssoldaten sind für den Überlebenskampf im Alltag wichtig. Als die beiden im Juli 1947 heiraten, beraten die europäischen Staaten gerade über den Marshall-Plan: Der Beginn neuer Hoffnung und des Wiederaufbaus in Deutschland.

Kennengelernt haben sich die beiden am Sonntag, 10. Februar 1946 in Magdeburg. Der 21-jährige Hans Elsner ist bei der Geburtstagsfeier seines Freundes Erich Mook und lernt dabei dessen 20-jährige Schwester Ursula kennen. Beide dachten, als sie sich das erste Mal sahen „Die oder keine“ – „Der oder keiner“. Es war Liebe auf den allerersten Blick. Es heißt: „Jeder Mensch begegnet einmal dem Menschen seines Lebens – aber nur wenige erkennen ihn rechtzeitig“. Die beiden haben sich gleich erkannt – und sind für diese Gnade dankbar. Die Lebensmittel für die Hochzeit am 19. Juli 1947 werden auf dem Schwarzmarkt organisiert. Die Brautmutter hatte vorsorglich Fallschirmseide gesammelt – daraus wurde das Brautkleid genäht. Der Bräutigam trägt einen Anzug aus der Familie seines Chefs. Die wichtigste Entscheidung in der jungen Ehe: Von der DDR in die BRD.

Ursula Elsner arbeitete als gelernte Bürokauffrau im Magdeburger Ernst Thälmann-Werk (vormals Krupp) in der Personalabteilung. Eines Tages musste sie dort ihren Posten räumen, weil sie „politisch nicht tragbar“ sei. Ihr Mann hatte im gleichen Werk hohes Ansehen als Facharbeiter, verdiente gut, erhielt hohe Prämien und den Titel „Brigadier für ausgezeichnete Qualität“. Doch war er beim Volksaufstand am 17. Juni 1953 mit dabei. Im Mai 1955 flüchtet er, obwohl es den Elsners materiell recht gut geht, auf dem Motorrad aus der DDR, seine Frau kommt im September nach. Ein Motiv: Die Kinder nicht der angekündigten „Erziehung im sozialistischen Geist“ auszusetzen. Die beiden kleinen Töchter müssen zunächst bei den Großeltern in Magdeburg zurückbleiben. Sie kommen alleine mit der Bahn, obwohl sie erst sechs und acht Jahre alt sind, im Mai 1956 zu den Eltern.

Die erste Bleibe der Elsners ist in Feldkirchen, 1959 beziehen sie eine Werkswohnung der Familie Wanderer in Haar. Bei Wanderer war Hans Elsner 30 Jahre lang für die Abnahme der Fräsmaschinen verantwortlich. Die wichtigste Entscheidung in der späten Ehe: Von Haar nach Pöring zu ziehen. Nach 47 Jahren in der Haarer Wohnung im Jahre 2006 ein mutiger Entschluss: Umzug nach Pöring, in eine ebenerdige Wohnung, mehr altersgemäß als die bisherige im zweiten Stock ohne Lift. Obwohl man einen alten Baum nicht verpflanzen soll, ist das den beiden gut bekommen, zumal sie jetzt nur wenige Fußminuten zu den hier verheirateten Töchtern haben. Der schönste Augenblick in der Ehe der beiden waren die Geburten der zwei Töchter und des Sohnes. Die schlimmsten Stunden in der Ehe: Als es notwendig wurde, 1955 die beiden kleinen Töchter in Magdeburg bei den Großeltern zurückzulassen – ohne zu wissen, wann oder ob es ein Wiedersehen gibt.

Artikel vom 19.07.2012
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...