Südost-Kurier konfrontiert Dworzak mit CSU-Stellungnahme

Haar · Die Haushaltssperre

CSU-Sprecher Thomas Reichel (links) und der Haarer SPD-Bürgermeister Helmut Dworzak. Fotos: ar / Gemeinde Haar

CSU-Sprecher Thomas Reichel (links) und der Haarer SPD-Bürgermeister Helmut Dworzak. Fotos: ar / Gemeinde Haar

Haar · Eine in nichtöffentlicher Sitzung des Gemeinderats am 26. Juni gefällte Entscheidung – »wohlgemerkt ein einstimmiger Beschluss«, so Bürgermeister Helmut Dworzak (SPD) auf Nachfrage – und die acht Tage später unter dem Titel »Haushaltssperre wegen Gewerbesteuereinbruch« erfolgte Veröffentlichung auf der Internetseite der Kommune, veranlasste jetzt CSU-Sprecher Thomas Reichel »im Namen der Fraktion zu einer etwas zugespitzten Stellungnahme«.

Den der Redaktion zugegangene Wortlaut »haben wir«, so Reichel, »für unsere Mitglieder auf unserer Homepage veröffentlicht. Auf eine »publikumswirksame Aktion« zum Thema Haushalt haben wir verzichtet.« Mit dem Statement konfrontiert, meinte der überraschte Dworzak: »Das kannte ich noch nicht, das ist ja verblüffend, ja so ein Schmarrn.« Reichel schreibt in der Mitteilung: »Am 4. Juli ließ Bürgermeister Dworzak die Katze aus dem Sack – auf der Gemeindehomepage wurde verkündet, dass ab sofort eine Haushaltssperre gilt. Das Vorgehen des Bürgermeisters ist bemerkenswert: Eine vorherige Information der Gemeinderäte über diesen Schritt erfolgte nicht, es wurde lediglich in der letzten Sitzung nichtöffentlich über Finanzprobleme berichtet – bezeichnenderweise ohne einen eigenen Tagesordnungspunkt, obwohl schon seit Wochen Haarer Institutionen schriftlich zum Sparen angehalten wurden.«

Der erste Mann im Rathaus dazu: »Die CSU hat doch allem zugestimmt, im Plenum fiel kein Wort. Ich habe so schnell wie möglich über die Situation den Gemeinderat informiert. Zur Klarstellung: Wir haben keine allgemeine Haushaltssperre, sondern müssen Mittel einsparen, Investitionen verschieben. Ursprung waren geschätzte Mindereinnahmen, die sich auf Grund der Vorauszahlungsmodalitäten abgezeichnet haben. Daher wurden in der nichtöffentlichen Beratung ganz aktuell Vorschläge der Kämmerei vorgestellt, wie dem beizukommen ist.« Zur Ursache der ausbleibenden Steuermittel äußert sich Dworzak nur vage: »Zu dem ganzen Komplex muss man wissen, dass es sich bei den geringeren Gewerbesteuerzahlungen von zwei großen Unternehmen um keinen konjunkturellen Einbruch handelt, sondern organisatorische Maßnahmen die Ursachen sind.«

Im Etat 2012 hat Haar 19 Millionen Euro Einnahmen aus der Gewerbesteuer angesetzt. Bis Ende Juni sind 10,4 Millionen Euro auf dem Gemeindekonto eingegangen. Kämmerer Günter Rudolf sieht »zwar große Chancen, dass bis Jahresende noch bis zu 1,5 Millionen Euro vereinnahmt werden können.« Auch wird das Rechnungsergebnis 2011 um vier Millionen Euro besser ausfallen als geplant. Der Haushaltsansatz, da ist sich Rudolf laut Angaben der kommunalen Pressestelle sicher, werde man auf Grund von bereits feststehenden Steuerrückzahlungen nicht abdecken können. Eine Liquiditätsgefährdung liegt laut Kämmerei aber nicht vor, da 3,9 Millionen Euro an geplanten Ausgaben für den S-Bahnhof in diesem Jahr nicht fällig werden.

Kurzum: Das finanzielle Loch ist groß, denn der Einbruch beträgt 8,6 Millionen Euro. Der Rotstift musste angesetzt werden, 3,5 Millionen Euro für diverse geplante Bauvorhaben wurden gestrichen, »um handlungsfähig zu bleiben, denn das ist das Gebot der Stunde«, so Dworzak. Und: Begonnene Bauprojekte sind von der Sperre nicht betroffen. Weiter erläutert der Bürgermeister: »Grund zur Schwarzmalerei besteht nicht. Wir gehen nicht von einer dauerhaften Minderung aus und der Zwang zu mehr Haushaltsdisziplin kann ja auch positive Seiten entwickeln.«

»Aber wer mag schon zugeben«, so argumentieren nun die Christsozialen, »dass der politische Gegner mit seinen seit Jahren warnenden Worten bezüglich der Kommunalfinanzen Recht behalten sollte. Bereits in seiner Haushaltsrede 2010 mahnte Thomas Reichel an, statt an den Spaß wie beispielsweise gemeindlicher Minigolfplatz, doch mal ans Sparen zu denken. Ein Jahr später, im Herbst 2011, verwies Reichel auf eine sich eintrübende Finanzlage der Gemeinde und bemängelte, dass nun etwa kein Geld mehr für Grunderwerb eingeplant ist. Doch hatte Rot-Grün kein Interesse, hier der CSU richtig zuzuhören und etwa bei Bauwerken oder Straßenumbauten finanziell auf die Bremse zu drücken.« Abschließend formuliert Reichel: »So klingt es befremdlich, wenn der Bürgermeister von sich gibt, dass ›mehr Haushaltsdisziplin auch positive Seiten haben kann‹.« Er und seine SPD-Mehrheit glänzten bisher nicht mit Sparsamkeit. Man reagierte nur mit Unverständnis beziehungsweise Kopfschütteln auf Nachfragen von CSU-Seite, ob denn eine neue Kostenfortschreibung bei einem Großprojekt möglich oder die Ausstattung von Kitas nicht günstiger zu haben sei. Die Folge ist nun, dass gerade bei Vereinen und Institutionen auch kleinere Zuschussanträge abgelehnt werden – etwa 4000 Euro für die Nachbarschaftshilfe, da viel zu lange größere Summen, die dem ›Haarer Standard‹ entsprachen, abgenickt wurden.«

Diese Beurteilungen wiederum will Dworzak so nicht auf sich beruhen lassen. »Ich habe bei der Sitzung ausdrücklich betont, dass kleine Zuschüsse an Vereine und Institutionen nicht betroffen sind, dass hier der Sparhebel nicht angesetzt wird. Die diesbezügliche Behauptung der CSU ärgert mich schon sehr. Das angeführte Beispiel war bereits vor dem Steuereinbruch geklärt. Und überhaupt appelliere ich bei jeder Haushaltsberatung ans Sparen, um dann bei nächster Gelegenheit vor allem von Herrn Reichel Forderungen und Verteilungen zu ›Qualität und Standards‹ zu hören.«

Artikel vom 17.07.2012
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