Zweckverband droht massive Zuschusskürzung

Neubiberg/Ottobrunn · Falsch oder richtig?

Die Renovierung des Neubiberger Gymnasiums verschlingt rund 19 Millionen Euro. Jetzt gibt es Streit um die Höhe der Fördermittel. Foto: Schunk

Die Renovierung des Neubiberger Gymnasiums verschlingt rund 19 Millionen Euro. Jetzt gibt es Streit um die Höhe der Fördermittel. Foto: Schunk

Neubiberg/Ottobrunn · »Erst hat meine Fantasie nicht ausgereicht, um mir so eine Entscheidung vorzustellen, jetzt reicht mein Verständnis dafür nicht«, erklärt der Ottobrunner Bürgermeister und Verbandsvorsitzende des Zweckverbands Staatliche weiterführende Schulen im Südosten des Landkreises München, Thomas Loderer.

Die Rede ist von einer möglichen Streichung von Fördermitteln in Höhe von rund 260.000 Euro durch die Regierung von Oberbayern für die Generalsanierung des Gymnasiums Neubiberg. Grund für den Konflikt zwischen dem Zweckverband und der Regierung von Oberbayern ist ein Verstoß gegen das Vergaberecht. Rein formal betrachtet, gibt der Rathauschef zu, habe der Zweckverband gegen die Vergaberichtlinien verstoßen. Doch nicht aufgrund eines Fehlers der Zweckverbandsverwaltung, sondern vielmehr aufgrund hoher Dringlichkeit. »Die Gesundheit einer Schulfamilie stellt ein höheres Rechtsgut dar als das Vergaberecht«, urteilt Loderer auch heute noch. Ursprünglich war am Neubiberger Gymnasium nur eine Brandschutzsanierung vorgesehen gewesen. Im Jahr 2007 seien die von seiner Vorgängerin Sabine Kudera beauftragten Planer noch von Kosten in Höhe von 1,2 Millionen Euro ausgegangen, erklärt der Verbandsvorsitzende. Im Zuge genauerer Planungen durch ein neues Planungsbüro seien die berechneten Kosten auf rund 4,1 Millionen gestiegen.

Auch bei dieser Summe hätte sich der Zweckverband noch auf sicherem Terrain bewegt, was die zugesagten Zuschüsse vonseitens der Regierung von Oberbayern anbelangt, da sich die Auftragssummen für die einzelnen Planungsleistungen unterhalb der Schwellenwerte für eine europaweite Ausschreibung befunden hätten, erläutert der Ottobrunner Bürgermeister. Das Planerteam habe er ausdrücklich angewiesen, die Schule intensiv auf eine mögliche Schadstoffbelastung hin zu untersuchen und insbesondere auch die vor rund 40 Jahren verbauten Materialien genau unter die Lupe zu nehmen. Das Ergebnis sei niederschmetternd gewesen, betont er. Asbest sei an Stellen gefunden worden, an denen es leicht in einzelne Klassenzimmer hätten gelangen können. Durch diese Tatsache seien die geschätzten Kosten explosionsartig auf rund 19 Millionen Euro angestiegen. »Jetzt wäre der Zeitpunkt gewesen, wo man, formal gesehen, aus den laufenden Planungen hätte aussteigen und die Planungsleistungen neu und europaweit hätte ausschreiben müssen«, gibt Loderer zu. Das hätte jedoch die Verzögerung der Arbeiten um mindestens ein ganzes Schuljahr bedeutet, da klar war, dass die gröbsten Arbeiten nur in den Sommerferien erfolgen konnten, um eine Gefährdung der Schulfamilie auszuschließen.

»Damals gingen wir im Zweckverband noch davon aus, dass die Schadstoffsanierung der Schule bei laufendem Betrieb hätte durchgeführt werden müssen«, so Loderer. An eine Auslagerung des kompletten Schulbetriebs nach Höhenkirchen habe damals noch niemand gedacht. Aus Loderers Sicht führte daher kein Weg daran vorbei, dass die bisher beauftragten Planer mit größtem Tempo weiterarbeiteten. »Für eine Unterbrechung der Planungsarbeiten, die ja auch die interimsweise Unterbringung der Schüler und Lehrer zum Gegenstand hatte, hätte aufgrund der hohen Dringlichkeit niemand Verständnis gehabt«, so der Ottobrunner Rathauschef. »Da wäre ein Sturm der Entrüstung durch die Schule gefegt, der Schulfrieden wäre gestört gewesen«, ist Loderer überzeugt. Der Zweckverbandsvorsitzende erinnert in diesem Zusammenhang an die Styrolbelastung im Ottobrunner Gymnasium. Obwohl Styrol weniger gefährlich sei als Asbest, seien Schüler, Eltern und Lehrer gegen die fachmännische Entfernung der Belastung im betroffenen Trakt der Schule im laufenden Schulbetrieb Sturm gelaufen.

Er habe der Zweckverbandsversammlung dieses Dilemma vorgetragen und auch darauf hingewiesen, dass diese vergaberechtliche Problematik zu einer Kürzung der staatlichen Zuschüsse führen könnte. Dies habe er jedoch als rein hypothetisch angesehen. Vielmehr sei er davon überzeugt gewesen, dass die Regierung von Oberbayern dieses Dilemma und die damit einhergehende Dringlichkeit anerkennen würde. So richtig der Zweckverband in seiner Entscheidung gelegen habe, die Arbeiten weiterzuführen, so sehr hat er sich wohl bei der Einschätzung der Regierung von Oberbayern geirrt, bedauert das Ottobrunner Gemeindeoberhaupt. Loderer hofft, dass hier das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Der Zweckverband habe Gutachten erstellen lassen und auch einen Anwalt eingeschaltet, informiert er weiter. Denn, kürzt die Regierung von Oberbayern die Zuschüsse, fällt auch die finanzielle Beteiligung des Landkreises an der Generalsanierung niedriger aus. Diese richtet sich nämlich indirekt nach der Höhe der staatlichen Gelder.

Das würde bedeuten, dass noch einmal 490.000 Euro im Säckel des Zweckverbandes fehlen würden. Allerdings gibt Loderer zu bedenken, dass ja auch die Verbandsgemeinden ein wenig profitierten, wenn sich der Landkreis Geld spare. Schließlich trügen ja auch sie durch ihre Umlagen zum Budget des Landkreises bei. Der Zweckverband hofft nun darauf, dass die Zuständigen in der Regierung ihre Haltung noch ändern. Ein wenig Zeit verbleibt ja noch, denn die endgültige Entscheidung über die Höhe der Zuschüsse wird sowieso erst nach der Endabrechnung der Baumaßnahme getroffen. Diese liegt voraussichtlich aber sowieso nicht vor Ende 2013 vor. Da sitzen die Neubiberger Schüler bereits wieder in ihren neu gestalteten – und vor allem: asbestfreien – Klassenräumen. H. Woschée

Artikel vom 11.07.2012
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