Architektonische Kleinode vor der Haustür entdecken

Harlaching/Giesing · Ungewo(e)hnlich

Architektin Nicola Schindhelm weiht am kommenden Wochenende Architekturfans in die Geheimnisse der Kraemer’schen Kunstmühle ein.	Foto: hw/VA

Architektin Nicola Schindhelm weiht am kommenden Wochenende Architekturfans in die Geheimnisse der Kraemer’schen Kunstmühle ein. Foto: hw/VA

Harlaching/Giesing · Gleich an zwei Tagen gibt es bei den Architektouren, die am kommenden Wochenende, organisiert von der Bayerischen Architektenkammer, stattfinden, die Möglichkeit, den Umbau der Kraemer Mühle in der Birkenleiten 41 aus nächster Nähe in Augenschein zu nehmen.

Seit 1863 befindet sich die Mühle im Besitz der Familie Kraemer, die Mühle selbst steht schon seit 1701 auf der »Insel« am Auer Mühlbach, ist also untrennbar mit dem Viertel verwachsen. Im November 1944 wurde die Mühle, die rund 4.000 Quadratmeter umfasst, bei einem Fliegerangriff bis auf die Grundfesten zerstört. 1948 wurde sie jedoch bereits wieder eröffnet, zuvor wurde sie Ziegelstein für Ziegelstein, die man aus Abbruchhäusern antransportieren musste, wieder aufgebaut.

Bis zum Jahr 2007 wurde dort, mitten in Untergiesing, gemahlen, bis zu 160 Tonnen Getreide am Tag, wie Thomas Kraemer, der in 4. Generation das Unternehmen leitet, berichtet. »Die Lage mitten in der Stadt war früher ein echter Standortvorteil, denn wir konnten die Bäcker in München schnell mit Ware beliefern«, erklärt er. Nach und nach wanderten die Bäckereien aber aus der Stadt ab, Mühlen außerhalb der Stadt konnten die Kunden schneller und besser versorgen. »Wir sind nicht nur Müller, sondern auch Unternehmer«, erläutert Geschäftsführer Thomas Kraemer die Entscheidung, die Mühle stillzulegen. 2007 stellte sie ihren Betrieb schließlich ein. Dem Familienunternehmen war aber schnell klar, dass man den Standort und auch das Gebäude erhalten wollte. Aus der Kraemer Mühle wurde die »Kraemer’sche Kunstmühle«.

Während der Siloturm vollständig abgerissen und derzeit durch einen Neubau ersetzt wird, wurde das Hauptgebäude lediglich entkernt und auf dem alten Grundstock das neue Gebäude, angelehnt an die Planungen im Jahr 1948, aufgebaut. »Uns war es wichtig, den Charakter des Gebäudes zu erhalten«, betont Architektin Nicola Schindhelm. Der Industriecharakter des Gebäudes sollte auch bei neuer Nutzung unbedingt erhalten bleiben, erklärte sie die Grundidee ihrer Planungen.

So findet man im neuen Treppenhaus auf jedem Stockwerk nicht nur die Bezeichnung der ehemaligen Funktion der Etage, sondern auch eine Originalwand, die unverputzt an die Geschichte dieses Gebäudes erinnert. Auch trifft man immer wieder auf Aussparungen an den Wänden, unter denen die alten Ziegel, mit denen das Gebäude errichtet wurde, zur Geltung kommen.

Erhalten geblieben ist ebenfalls die Turbine, die vom Auer Mühlbach angetrieben wird, und früher die Mahlwerke mit Strom versorgt hat. Der Strom, der so erzeugt wird, wird heute allerdings ins öffentliche Stromnetz eingespeist, berichtet Markus Kraemer, der in 5. Generation das Unternehmen in die Zukunft führen wird.

Während das Hauptgebäude bereits fertiggestellt wurde, werden sich die Arbeiten am neuen Siloturm noch bis in den Sommer hinziehen, informiert Nicola Schindhelm. Die Kraemer’sche Kunstmühle beheimatet heute eine Kindertagesstätte mit drei Krippengruppen und einer Kindergartengruppe, zahlreiche Büros und Unternehmen und eine Kaffeerösterei. Auch diese kann man am Tag der Architektouren besichtigen. Das dazugehörige »Caffé Fausto« hat ebenfalls geöffnet, um hungrige und durstige Besucher zu versorgen. Die Führungen finden am Samstag, 23. Juni, um 15.00 Uhr, und am Sonntag, 24. Juni, um 15.15 Uhr statt. Zusätzlich wird es am Samstag, 23. Juni, um 15.00 Uhr eine Führung speziell für Kinder geben. Wie wohnlich und vielseitig Beton sein kann, kann man bei den Architektouren in Grünwald erleben, dort kann man am Sonntag, 24. Juni, von 13.00 bis 16.00 Uhr einen An- und Umbau eines Privathauses in der Fritz-Kneidl-Straße 14 bewundern.

Weitere Architektouren

In Deisenhofen kann man in der Wolfzorner Straße 20 ein neues Saunahaus inklusive Schwimmteich nicht nur vom Zaun aus betrachten, sondern sich am Samstag, 23. Juni, um 10.00 Uhr auch die Ideen des Architekten jenseits des Zaunes erklären lassen. Auf einem großzügigen Grundstück wurde gegenüber dem bestehenden Wohnhaus ein Saunahaus errichtet. Die beiden Häuser bilden zusammen einen attraktiven hofartigen Außenraum, dessen Atmosphäre von der neuen Teichlandschaft und einem Solitärbaum geprägt wird. Der Teich kann zum Schwimmen genutzt werden und ist in der Übergangszeit mittels einer Wärmepumpe temperiert. Spannend auch das neue Kulturzentrum in Holzkirchen: Hier wurde ein denkmalgeschütztes Gebäude saniert und für den Kulturbetrieb umgebaut. Die Führungen finden hier am 23. Juni, von 14 bis 21 Uhr und am 24. Juni, von 15.30 bis 22.00 Uhr statt. Das komplette Programm mit allen 308 Objekten findet man im Internet unter www.byak.de/start/architektur/architektouren. hw

Artikel vom 19.06.2012
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...