Jury kürte Siegerentwurf des neuen Jugendstilparks

Haar · Dezente Architektur

Haars Bürgermeister Helmut Dworzak (rechts) und Jurymitglied Gert F. Goergens freuen sich über die gefundene Lösung.	Foto: ikb

Haars Bürgermeister Helmut Dworzak (rechts) und Jurymitglied Gert F. Goergens freuen sich über die gefundene Lösung. Foto: ikb

Haar · Die Jury hat entschieden: Mit zwei eindeutigen Abstimmungen kürten die sieben Mitglieder die Entwürfe von »bogevischs buero«, Architekten & Stadtplaner GmbH, zum Gewinner für die beiden ersten Wohnbau-Planungsgebiete Nr. 1 und Nr. 6 im mehr als 100 Jahre alten Jugendstilpark auf dem hälftigen Gelände des ehemaligen Bezirkskrankenhauses in Haar.

Das Gremium empfiehlt der Gemeinde weiter, die Arbeit des Büros zusammen mit »Micheller und Schalk Landschaftsarchitektur« für den Bebauungs- und Grünordnungsplan für den gesamten Jugendstilpark zu Grunde zu legen.

Für das Baugebiet Nr. 1 legte die Runde mit einer Gegenstimme dem Investor JSP München GmbH nahe, Bogevisch und die Landschaftsarchitekten zu engagieren, für das Baugebiet Nr. 6 empfahl die Jury einhellig der Oberbayerischen Heimstätte, Gemeinnützige Siedlungs-/Deutsches Heim Wohnungsbaugesellschaft die selben Büros mit den »weiteren Leistungen entsprechend der Aufgabenstellung« – so die offizielle Formulierung des Entscheids – zu beauftragen. Damit ist nun, so Bürgermeister Helmut Dworzak zuversichtlich, »eine gute Grundlage für die weitere Entwicklung dieses für Haar so wichtigen Gebiets gefunden.« Wie geht es nun weiter? Bis zum 23. Mai sind die Siegerarbeiten montags bis donnerstags von 7.30 bis 12.30 Uhr, freitags bis 12.00 Uhr und mittwochs zusätzlich von 15.00 bis 18.00 Uhr im Foyer des Rathauses ausgestellt, damit sich die Bürger ein Bild machen können. Am Donnerstag, 24. Mai, um 19.00 Uhr im Bürgerhaus, präsentiert und erläutert Gemeindechef Dworzak die Entwürfe. Daran anschließend folgt für Interessierte eine Diskussion mit den Planern und Investoren.

Bei der Vorstellung der Pläne betonte Dworzak: »Wir hatten mit allen fünf Bewerbungen, die grundsätzlich unterschiedlich sind, großes Glück«. Er ist sich bewusst, dass für den Jugendstilpark »eine hohe Erwartungshaltung in der Bevölkerung« besteht. Als nächsten Schritt gilt es den Bebauungsplan umzusetzen. »Das ist eine sehr komplizierte Abstimmung auch wegen der Verkehrsplanung, der Erschließungs- und Leitungsarbeiten – viele alte Rohre liegen noch in der Erde, von einigen wissen wir gar nicht, wo sie genau verlaufen«, erläuterte dazu Bauamtschef Rainer Wöhrl. »Bei allem gilt es, den historischen Kern zu erhalten«, fügte Dworzak hinzu. Zum Straßenbau erklärte Architektin Ina Laux: »Die Atmosphäre des Parks muss unbedingt erhalten werden. Wir können nicht drinnen herumkurven, das ist nicht im Sinne des Erfinders«. Ein Zeitplan besteht natürlich noch nicht, zum Zeitfenster befragt, schätzt Wöhrl: »Knappe zwei Jahre«, also bis Sommer 2014, dürfte es wohl dauern, ehe die ersten Bagger anrücken. Hintergrund des Großprojekts, dem laut Dworzak »wichtigsten Vorhaben der Gemeinde seit dem Bau der Siedlung und des Zentrums Jagdfeld«, ist der Umbruch des Geländes vom Isar-Amper-Klinikum. Die Kliniknutzungen werden künftig im östlichen Teil konzentriert, während im westlichen Abschnitt ein Quartier mit Wohn- und Gewerbenutzung entsteht.

Auf Basis einer städtebaulichen Rahmenplanung wurden vorwiegend entlang der Vocke- und Leibstraße acht neue Planungsgebiete gebildet. Die zwei exemplarischen Areale Nr. 1 und 6 sollen die eine Vorbildfunktion für die Realisierung des gesamten Quartiers übernehmen. Das Klinikgelände gehört aus historischen, städtebaulichen, kunst- und architekturgeschichtlichen Gründen zu den herausragenden Baudenkmälern Münchens und Oberbayerns. Die vor dem Ersten Weltkrieg entstandenen Bauten bilden eine stilistisch stimmige und städtebaulich zusammengehörige Gesamtanlage. Der Rahmenplan gab die Leitlinien der Quartiersentwicklung bezüglich der Dichte, Erschließung und Nutzungsverteilung vor. Der zentrale Bereich mit dem denkmalgeschützten Bestand, den Grünbereichen, Bäumen und Wegen stellt den Schwerpunkt des Jugendstilparks dar. Für die Konzeption der Freianlagen galt es, eine stimmige Abstufung von privaten Grünbereichen zu den offenen Parkstrukturen zu finden.

Das gesamte Verfahren wurde durch das Architektur- und Stadtplanungsbüro Böhm/Glaab/Sandler/Mittertrainer betreut, die sieben stimmberechtigten Jurymitglieder waren Bürgermeister Helmut Dworzak, Jürgen Hölzl von der Oberbayerischen Heimstätte, Mathias Kuper (JSP München), Architekt Gert F. Goergens, Haars Bauamtsleiter Rainer Wöhrl, Architekt Thomas Jocher und Architektin Ina Laux.

Laut Goergens reichte die Palette der Entwürfe »von konserativ bis mutig, ja waghalsig«, dem Siegerplan haftet eine »zurückhaltende Architektur« an. »Wir waren von den Entwürfen alle überrascht, mal gab es weniger Häuser, die aber dafür höher waren, mal mehr nicht ganz so hohe Gebäude. Klar ist grundsätzlich, dass ein Nachbau des Bestehenden keinen Sinn macht. Und jetzt sehen wir die absolut beste Lösung«, begeisterte sich Ina Laux. Rainer Hofmann vom Büro Bogevisch erklärte, es sei »eine besondere Situation etwas zu schaffen, dass der Park noch Park bleibt, dass man das Gefühl geben kann, man ist Teil des Parks. Das Ganze hat dank kleiner Pufferzonen Licht und Luft, Alt und Neu haben die gleiche qualitätsvolle Wertigkeit«.

So entstehen im Plangebiet Nr. 1 – rund 17.000 Quadratmeter groß, drei geschützte Gebäude, Baujahr 1910/12 – drei Häuser mit rund 6600 Quadratmeter Wohnfläche für Eigentumswohnungen. Im Gebiet Nr. 6 – rund 17.600 Quadratmeter groß – gibt es neun Häuser mit etwa 11.700 Quadratmeter Wohnfläche, wobei ein Drittel als Eigentums- und zwei Drittel Mietwohnungen vorgesehen sind. Die Dächer sind mit einer sogenannten Deckelkonstruktion geplant. Autostellplätze werden vorwiegend in Tiefgaragen untergebracht. Insgesamt werden knapp 200 Wohnungen unterschiedlicher Größe gebaut. An den Häusern fällt auf, dass die Ingenieure nicht einfach Balkone »angehängt« haben, vielmehr hat jede Wohnung eine »integrierte Loggia«, die lediglich an einer Seite durch einen Anbau geschaffen werden. So denn heißt es dazu in der Beurteilung der Jury: »Der Entwurf greift geschickt die aus dem Bestand bekannten Bautypen der freistehenden Villa und der stangenartigen Baukörper auf und modelliert diese Grundform anhand einer klaren, gleichrangig behandelten Geschossabfolge«. Das »Kleine Theater« und die Kirche waren, so Dworzak »nicht Gegenstand des Plangutachtens, sie spielen aber eine zentrale Rolle, wir werden Antworten darauf geben«. Eine erste Antwort steht bereits: Das Haus 70 beherbergt einen Kindergarten. »Und jetzt geht es schrittweise weiter«, versicherte Dworzak. ikb

Artikel vom 15.05.2012
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...