»Datenschutz geht zur Schule« in der Mittelschule St. Konrad

Haar · Sicher durchs Web

Datenschutzbeauftragte Daniela Duda erklärt den Schülern den sensiblen  Umgang mit ihren persönlichen Daten im Internet. 	Foto: ikb

Datenschutzbeauftragte Daniela Duda erklärt den Schülern den sensiblen Umgang mit ihren persönlichen Daten im Internet. Foto: ikb

Haar · »Wer von Euch hat ein Smartphone?«, fragt Referentin Daniela Duda die etwa zwei Dutzend 16- und 17-Jährigen beim Workshop »Datenschutz geht zur Schule« in der Mittelschule St. Konrad. Die Hälfte der Jugendlichen streckt einen Arm hoch.

»Und wer ist auf Facebook?« Ein »Wald« von Armen ist zu sehen – alle sind dabei. Bei der Frage nach der Telefonsoftware Skype hingegen melden sich nur drei Mädchen. Die ehrenamtlich tätige Frau vom Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) e.V. lächelt, für sie sind solche Abstimmungen alltäglich. Dann bittet sie die Jugendlichen pauschal um Auskunft zu den Gefahren des Internets – einhelliges Schweigen ist die Antwort.

»Wenn ihr mehr über die Bedeutung der sozialen Netzwerke in der Kommunikation mit anderen Jugendlichen wisst, desto besser könnt ihr draußen damit umgehen, und zwar vernünftig«, erklärt Duda. Die Schüler spitzen die Ohren, sind sozusagen Feuer und Flamme, ihr Interesse ist voll geweckt. Der Workshop und das Engagement der Datenschutzbeauftragten ist eines von vielen Projekten an der Grund- und Mittelschule, organisiert von der »Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung Schloss Zinneberg«, die die drei Jugendsozialarbeiter Julia Horn, Florian Raiß und Christian Seeberger – bezahlt von der »offenen, sehr engagierten« Kommune und vom Freistaat – für St. Konrad »abgestellt« hat.

Den Hintergrund der jetzt von fünf Referenten durchgeführten Schulungen von 370 Kindern und Jugendlichen zwecks sicherem Umgang mit dem Netz umreißt Rektor Hans Schmidt: »Die Netzwerke und ihre Auswirkungen treiben uns fast zur Verzweiflung, denn eine Info erreicht auf Knopfdruck blitzschnell ganz viele, es kommt immer wieder zu Beschimpfungen und so zu Konflikten. Die Kinder glauben halt fast alles, was im Netz steht. Das Ganze hat mit der Schule jedoch nichts zu tun, wir erleben aber die Folgen«. Wird ein Jugendlicher darauf angesprochen, was er ausgelöst hat, dann heißt es oft, so Horn, »das war doch nur im Internet«. Ihr Kollege Raiß ergänzt: »Die Hemmschwelle, sich wie auch immer zu äußern, ist eben sehr niedrig«. Und der Schulleiter fügt an: »Da wird oft einfach was »nausghaut«.

Ziel der Aufklärungen für die Schüler ab der fünften Klasse ist es, »klare und einfache Verhaltensregeln für den sensiblen Umgang mit ihren persönlichen Daten näherzubringen. Denn das Internet ist für viele zu einer wichtigen Informations- und Kommunikationsplattform geworden. Umso größer ist die Gefahr eines unbedachtsamen Umgangs mit den Daten. Die weltweiten Risiken sind so umfangreich, dass die jungen Menschen sich keine oder kaum Vorstellungen davon machen können, was mit ihren Angaben überhaupt passieren kann«, erläutert Duda. Dabei werden aktuell und auch praxisnah Risiken und Lösungen im Umgang mit Facebook, Video- und Musik-Downloads, Chatrooms und Cyber-Mobbing aufgezeigt. Es müssen nicht immer gleich Fotos von einer wilden Party – meist beeinflusst durch Alkoholkonsum – sein, die durchs Netz »kreisen«, die jedermann einsehen kann – »das bedenken nämlich die meisten nicht«, erklärt dazu Raiß. Das Profil einer Person entsteht nach und nach, mit jedem neuen Eintrag. Welche Folgen selbst wenige, unbedachtsam auf eine Page getippte Worte haben können, erfuhr ein junges Haarer Mädchen. Sie hatte sich abfällig über das Land Frankreich geäußert, bewarb sich dann später beim hiesigen Tochterunternehmen einer französischen Firma – und wurde prompt abgelehnt. Die Personalverantwortlichen hatten ihre Einträge gecheckt. »Betroffene wie in diesem Fall sind fassungslos. Erst jetzt, aber eben zu spät, setzt ein Hallo-wach-Effekt ein«, weiß Raiß aus dem Erlebten. Daher ist das Projekt »Bewerbungstraining« in der neunten Klasse alljährlich ein fester Bestandteil des Sozialarbeiter-Teams.

Die Schüler werden umfassend in der Schule aufgeklärt

»Datenschutz fängt quasi schon im Kindergarten an«, reflektiert Schmidt die Erfahrungen. Alle Schüler werden deshalb über dieses Thema aufgeklärt. Grundlage ist »ein sicheres Passwort, wie man so eines gestaltet, dass es nicht sofort entschlüsselbar ist«, fügt Seeberger an. Auf all dem aufbauend gibt es in der fünften Klasse ein »Anti-Mobbing-Projekt«, in der sechsten heißt es »Zmmgrauft« zur Gewaltprävention, in der siebten Stufe folgt die Aktion »Glasklar« zur Alkoholprävention sowie Sexualaufklärung und in der achten Klasse »Freundschaft, Liebe, Sexualität« sowie zum Stichwort Drogen »Sauba bleim«. »Wir können nur aufklären, wir können nichts verbieten. Viele Eltern entziehen sich leider jeglicher Verantwortung, sie kümmern sich beim Thema Internet um gar nichts, nicht einmal von der Art der Computerspiele ihrer Kinder wollen sie etwas wissen, sie müssten aber in vielen Fällen schwer entgegensteuern«, bittet fast beschwörend Rektor Schmidt die Erziehungsberechtigten. Horn stimmt rundum zu, ergänzt: »Väter und Mütter sollten strenger darauf achten, dass die Jugendlichen nicht bis um drei, vier Uhr nachts am Computer sitzen, morgens nicht aus dem Bett und deshalb zu spät zur Schule kommen, im Unterricht dann fast einschlafen«. Letzteres, ein Extremfall, ist einem Burschen nicht passiert – er ist gleich gar nicht, ein Jahr lang, zur Schule gegangen. Er war nur noch vor seinem Computer gesessen, »der war einfach internetsüchtig«. ikb

Artikel vom 30.04.2012
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