Sanierungsmaßnahme bei laufendem Betrieb kostet knapp 146 Millionen Euro

Freimann · Neue Becken im Klärwerk

Betriebsleiter Klemens Plail an einem der veralteten Zwischenklärbecken der  1. Biologischen Stufe im Klärwerk Großlappen. 	Foto: ws

Betriebsleiter Klemens Plail an einem der veralteten Zwischenklärbecken der 1. Biologischen Stufe im Klärwerk Großlappen. Foto: ws

Freimann · Ein Teil der Becken zur Reinigung des Münchner Abwassers im Klärwerk Großlappen ist veraltet. Für knapp 146 Millionen Euro werden sie zwischen 2012 und 2019 bei laufendem Betrieb durch zwölf neue Becken ersetzt. Ferner entstehen zahlreiche technische Anlagen.

Der Bauausschuss des Stadtrates hat für das Vorhaben in der vergangenen Woche einstimmig die Projektgenehmigung erteilt. Viel sehen wird man von der Baustelle aber nicht. Schon jetzt nehmen die Autofahrer auf Nürnberger Autobahn und Freisinger Landstraße kaum etwas von dem riesigen Klärwerk wahr – lediglich die neuen silbern glänzenden Faultürme.

In Betrieb ist die Anlage seit 1926. Über das Münchner Kanalnetz mit einer Länge von 2400 Kilometern gelangen bei trockenem Wetter an einem Tag (innerhalb von 24 Stunden) rund 280.000 Kubikmeter Abwasser in die Klärbecken, bei Regen seien es bis zu 864.000 Kubikmeter, erläuterte Betriebsleiter Klemens Plail bei einer Ortsbesichtigung am Montag.

Das Klärwerk ist rund um die Uhr in Betrieb. Es gibt drei Reinigungsstufen: eine mechanische und zwei biologische. In der ersten mechanischen Vorklärung wird mit großen Rechen Festes wie zum Beispiel Klopapier und im Herbst das Laub auf den Straßen entfernt. In der nächsten Reinigungsstufe werden Kohlenstoffverbindungen durch die Zufuhr von komprimierter Luft abgebaut – das ist die 1. Biologische Stufe. In der dritten Reinigungsstufe werden Stickstoffverbindungen wiederum mittels Zufuhr von komprimierter Luft ausgesondert – das ist die 2. Biologische Stufe.

Schließlich reinigt man das Abwasser mit Sandfiltern. Dann verlässt es das Klärwerk und fließt kurz vor Landshut in die Isar. »Wenn das Wasser das Klärwerk verlässt, ist es weitestgehend sauber«, betonte Betriebsleiter Plail. Das Abwasser sei 17 Stunden im Klärwerk und wird in dieser Zeit durch zahlreiche Klärbecken geleitet. Die Bauwerke und Anlagen der 1. Biologischen Stufe »sind über 40 Jahre alt und stark sanierungsbedürftig«, hatte Baureferentin Rosemarie Hingerl in der vergangenen Woche im Rathaus erklärt.

Man wolle diese Becken nun abreißen und durch neue ersetzen sowie alles verfahrenstechnisch auf den aktuellen Stand der Technik bringen. Die 1. Biologische Stufe besteht aus mehreren Bereichen: den Belebungsbecken, in denen der biologische Prozess stattfindet und komprimierte Luft zugeführt wird. Es bilden sich – wie in der Natur – Bakterien.

In den Zwischenklärbecken setzt sich der Bakterienschlamm ab und wird entfernt. In den nächsten Jahren werden die alten Becken der 1. Biologischen Stufe nach und nach abgerissen und sechs neue Belebungsbecken (rechteckig, kaskadenartig, 7,5 Meter tief) sowie sechs neue Zwischenklärbecken (rund, mit 62 Metern Durchmesser und 4,13 Metern Tiefe) gebaut. Ferner entstehen ein neues Abwasserpumpwerk, ein Turboverdichter zur Lufterzeugung für die 1. Biologische Stufe, Trafostationen, Kanäle und Rohrleitungen für Zu- und Ablauf und vieles mehr. Durch die geplante Erneuerung erhofft sich Baureferentin Hingerl künftig Energieeinsparungen, eine »optimierte Reinigungsleistung« und eine »deutlich wirtschaftlichere und flexiblere Betriebsweise«.

Die Anlagen der ersten und dritten Reinigungsstufe, sprich die mechanische Vorklärung des Abwassers sowie die 2. Biologische Stufe, werden nicht erneuert. Und natürlich bleiben auch die silbern glänzenden Faultürme an der Nürnberger Autobahn stehen. Die vier hochmodernen Türme mit einer Höhe von 35 Metern wurden erst im Jahr 2008 in Betrieb genommen. In den kegelförmigen Faulbehältern werden die Schlämme aus der Vorklärung sowie aus der 1. und 2. Biologischen Stufe eingedickt, erwärmt und aufgewirbelt. Es bildet sich Biogas und ausgefaulter Schlamm. Das Biogas wird zwischengespeichert und dann in einem Blockheizkraftwerk auf dem Gelände in Großlappen in Strom und Wärme umgewandelt. Der ausgefaulte Schlamm aus den Faultürmen wird in der Klärwerkverbrennungsanlage auf dem Gelände selbst verbrannt sowie im Heizkraftwerk München-Nord.

Das Klärwerk Großlappen hat eine Fläche von 50 Hektar und 190 Mitarbeiter. In den Becken wird etwa zwei Drittel des Abwassers aus München und 22 Umlandgemeinden gereinigt. Das restliche Drittel gelangt in das zweite Klärwerk der Stadt München, es befindet sich allerdings nicht innerhalb der Stadtgrenze, sondern steht knapp 20 Kilometer weit draußen, im Norden der Landeshauptstadt, in Dietersheim bei Eching. Die beiden Münchner Klärwerken reinigen das Abwasser aus Haushalten von rund 1,5 Millionen Menschen (aus der Landeshauptstadt und von 22 Umlandgemeinden). Es stammt aber auch aus dem Regenwasser, das durch die Gullys auf den Straßen ins städtische Kanalnetz fließt, sowie aus Münchner Industrie- und Gewerbebetrieben. In den beiden Klärwerken der Stadt München werden jährlich etwa 160 Millionen Kubikmeter Wasser gereinigt. Wally Schmidt

Artikel vom 24.04.2012
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