Da schau her! Albrecht Ackerland über Udes Bayern-Nachhilfe

München · Komplizierte Verhältnisse

Er muss jetzt ganz stark sein: Will unser Münchner Christian Ude im Bayernland nicht zum dappigen Uderl verkommen, dann muss er sich schleunigst ein paar gute Berater nehmen. Und seine Wadeln trainieren. Wäre auch zu schön, wenn die paar Dienstjahrhunderte als Münchner Oberbürgermeister reichten, um von den Altbayern, den Hohos, den Schwo‘m und den Fränkerln zack-zack als neue Lichtgestalt erkannt zu werden.

So hat sich Grinser Christian das nicht vorgestellt: Plötzlich wird seine schöne Schwabinger Herkunft zum Ballast. Was kann so ein ewiger Stodara, ein Städter, von den komplizierten Verhältnissen im ländlichen Raum schon wissen? Viel! Er muss nur üben – üben, üben, üben. Und er muss einen Durst mitbringen, aber der kommt dann schon von selbst. Denn der Chrisi muss auch strampeln, und zwar nicht nur ein bisserl um den Kaiserplatz rundrum, sondern bis in die tiefsten, dunkelsten Niederungen und lichten, hellsten Erhebungen in Bayern. Auf dem Radl. Das verordne ich ihm hiermit. Ich möchte mir die Gaudi nicht nehmen lassen, allein die Möglichkeit zu haben, mitanzusehen, wie sich unser Ude so anstellt als bayerischer Ministerpräsident. Und bei allem Respekt würde ich auch zu gern das Gesicht von unserem Horst und Hundert anderen Gschwoischädeln im Land sehen, weil es zum ersten Mal seit frühchristlicher Zeit nicht mehr reicht für die CSU. Hinten und vorne nicht reicht. Dass freilich wird ein harter Weg, Christian, pack' ma's. Nimm dir Stoibers Rat zu Herzen, der kürzlich sinngemäß meinte, der Ude solle vorsichtig sein, Bayern sei größer als man meint.

Erst einmal muss sich der Ude von dem Binkel erholen, dem ihm der Chef der CSU-Landtagsfraktion jüngst via Facebook versetzte. Der Freller Karl ist ein lustiger Franke, und als solcher passt es ihm gar nicht, dass der Ude keine Ahnung hat von diesen einst angeeigneten Gebieten im Norden. Schnell war eine Landkarte verzeichnet, auf der sich Feller über Udes gesammelte Ausrutscher in Sachen Landeskunde lustig macht. Da liegt denn Aschaffenburg im östlichen Oberfranken, Bamberg nimmt eine bedrohliche Größe ein, weil der Ude der Fachwerkstadt 130.000 Einwohner mehr verpasste, als sie eigentlich hat. In Wahrheit sind's nur 70.000 und nicht 200.000. Ein Träumer wäre, wer das nicht für ein paar spitze Schläge nutzte. Das muss man der CSU lassen: Recht hat sie. Der Ude braucht jetzt einen legendären Kämpfer, der sich auch mit Scheitern auskennt, so wie Lance Armstrong oder wenigstens Jan Ullrich als Coach fürs Radeln, damit er es in jede Ecke Bayerns schafft. Dann muss noch ein pensionierter Erdkundelehrer (Realschule, SPD-Mitglied, braune Cordhose, bordeauxfarbener Pullunder) mit, der ihm unterwegs alles wichtige erklärt. Schließlich fehle noch ich. Ich diene mich selbstlos an, um als Biertrainer Einfluss zu nehmen. Denn damit hat man noch immer einen jeden Bayern auf seine Seite gezogen: Viel trinken können und das örtliche Gebräu über alle Maße loben. Das wirkt.

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