Otterfing will bis 2035 energieautark werden

Otterfing · Aus Alt mach Neu

Das alte Wasserwerk wird Ende März wieder zu neuem Leben erweckt. Foto: VA

Das alte Wasserwerk wird Ende März wieder zu neuem Leben erweckt. Foto: VA

Otterfing · Aus diesem Hexenhaus soll Strom kommen? Ja, es ist das 100 Jahre alte Wasserwerk der Gemeinde Otterfing in Obermühltal südlich von Dietramszell, das seit 1998 außer Betrieb ist und durch neue Tiefbrunnen ersetzt wurde. »WASSERWERK OTTERFING – erbaut 1903« steht auf dem Schild an dem kleinen Backsteingebäude am Rande des Weihers.

Im Otterfinger Heimatbuch ist dazu vermerkt: »Sept. 1903: Beginn der Rohrverlegearbeiten – 9 km für die Hauptleitung von Obermühltal bis Palnkam«. Und weiter: »Febr. 1904: Feierliche Eröffnung der Otterfinger Wasserleitung«. Diese Aufzeichnungen bewirkten, dass sich Lothar Ruminy – Mitglied der Agenda21 Bürgerforum Otterfing – das Wasserwerk im April 2010 etwas näher ansah. Ein Blick durch die Fensterscheiben zeigte einen Raum der seit Jahrzehnten nicht mehr renoviert worden war, mit ausgedienten Elektromotoren und Riemenantrieben sowie einer Kolbenpumpe mit Armaturen, die allesamt durch Frosteinwirkung zerborsten waren. In der Mitte des Raumes drehte sich eine Wasserturbine und lief und lief für nichts und wieder nichts. Am Hang, etwa 8,5 m höher als das Wasserwerk, liegt ein weiträumiges Quellgebiet, dessen Wasser über Drainagerohre und Kanäle zu einem Sammelschacht geführt wird. Von dort gelangt es über eine 150 m lange Rohrleitung zum Wasserwerk und treibt bis heute die Turbine. Diese Turbine diente, über ein großes Riemengetriebe, als Antriebsmaschine für die Kolbenpumpe, die einen Teil des Wassers in den Otterfinger Ortsteil Palnkam pumpte. Das Ganze funktionierte autark, ohne Einsatz zusätzlicher Energie. In der Agendagruppe wurde der Gedanke, die Turbinenleistung fortan zur Stromerzeugung zu verwenden, begeistert aufgenommen. Auch Bürgermeister Jakob Egelseder schloss sich dem an. Auf seinen Vorschlag hin erteilte der Gemeinderat seine grundsätzliche Zustimmung zu dem Vorhaben. Im Sommer 2011 wurden 10.000 Euro zum Umbau für die Stromerzeugung freigegeben. Nun konnte konkret mit den Arbeiten begonnen werden.

Einen wesentlichen Anteil übernahmen dabei Mitglieder des Arbeitskreises LAWINE auf ehrenamtlicher Basis. Sei es Eberhard Mönks mit der Unterstützung des Genehmigungsverfahrens, Lothar Ruminy mit der Konzepterstellung, Auswahl der Komponenten sowie Mitarbeit und Leitung der Umrüstungsmaßnahmen, Wolfgang Kindler als Fachmann für bautechnische und hydrologische Themen und ganz besonders Rudi Kuntze mit der Entwicklung und Bau der elektronischen Steuerung zur Turbinenregelung. Die handwerklichen Arbeiten wurden durch den Otterfinger Bauhof erledigt und die elektrotechnischen Arbeiten führte die Otterfinger Firma Elektro-Solar-Service ESS aus. Sie leistete über den erteilten Auftrag hinaus wertvolle Unterstützung im Zusammenhang mit dem Einsatz modernster Leistungselektronik bei diesem Wasserkraftwerk.

Ende November 2011 konnte das Kraftwerk probeweise in Betrieb genommen werden, mittlerweile ist es an das Netz angeschlossen. Die Leistungsdaten zeigen volle Übereinstimmung mit der Konzeptauslegung. Es kann von einer Jahresproduktion von bis zu 18.000 kWh elektrischer Energie ausgegangen werden. Strom für ein halbes Dutzend Haushalte. Die gemeindeeigene Anlage wird sich durch die Stromeinspeisung nach dem EEG ins öffentliche Netz in etwa 5 Jahren amortisiert haben. Die vom Gemeinderat bewilligten Geldmittel zur Realisierung des Vorhabens wurden nicht voll ausgeschöpft.

Am 27. März, um 15 Uhr, erfolgt nun die offizielle Inbetriebnahme durch Bürgermeister Jakob Eglseder. Das kleine Wasserkraftwerk ist zwar nur ein bescheidener, aber doch ein Baustein für das große Ziel von Otterfing, bis 2035 energieautark zu sein.

Artikel vom 23.03.2012
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