Chillen und grillen statt flitzen und schwitzen im Außenbereich

Unterhaching · Jugendkulturwerkstatt wird neu gestaltet

Unterhaching · Entspannung oder Sport: Wissen Jugendliche eigentlich, was sie wollen? Oder was sie brauchen, um sich wohl zu fühlen? Einige Mitglieder des Bauausschusses vertraten die Meinung, dass sie zumindest einschätzen könnten, was junge Leute in der Freizeit gern tun. Konkret geht es um die Neugestaltung der Außenflächen der Jugendkulturwerkstatt (JKW) in der Oskar-von-Miller-Straße. Mehr als nur ein Frühlingsputz ist dort nötig, um das Gelände optisch auf Vordermann zu bringen. Voraussichtlicher Kostenpunkt: 55 000 Euro. Darüber hatte in Folge auch der Haupt- und Finanzausschuss zu befinden.

Zuvor hatten sich die Jugendlichen im Rahmen eines Workshops während der letzten Zukunftswerkstatt Gedanken über die Gestaltung gemacht. Das Ergebnis: Eine Prioritätenliste, die pfiffige, vor allem aber machbare Verbesserungsvorschläge enthält. An zwei Sonntagen nahm sich Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) Zeit und sprach die Ideen nochmals mit den Jugendlichen durch. Rathaus-Mitarbeiterin Roxana Colcher von der Bauverwaltung entwarf einen Planvorschlag, den sie vor den Fachausschüssen erläuterte. Der Vorteil dabei sei, so die Architektin, dass viele der Ideen auch in Zusammenarbeit mit den Jugendlichen umgesetzt werden könnten. »Dadurch steigt gleichzeitig die Akzeptanz, die Sachen werden später viel pfleglicher behandelt«, argumentiert Colcher. Zu den Punkten auf der Prioritätenliste zählen eine »Chillout-Ecke« mit Sitzmöglichkeiten, Grill-Station und eine Kräuterspirale. Eine Holzterrasse mit Aussparungen für einen Sandkasten wird die künftige Beach-Area sein: Strandgefühl pur. Im nördlichen Bereich des Geländes sollen drei wetterfeste Hängematten Platz finden. Sogar ein gepflastertes Riesenschachbrett liegt in der Gunst der Jugendlichen vorn. Komplettiert wird die Gestaltung mit einer durchgehenden Heckenbepflanzung als Sichtschutz, neu angelegtem Rasen und Fahrradständern entlang des Haupteingangs. »Entsprechend eines gewählten Farbkonzepts sollen dabei Rot-, Gelb- und Orangetöne dominieren«, schloss Roxana Colcher.

Großes Lob bekamen die Pläne von Richard Raiser (CSU): »Es ist vorbildlich, dass dieses Konzept von allen Betroffenen gemeinsam erarbeitet wurde.« Als Baufachmann könne der eine oder andere Punkt vielleicht diskutiert werden, aber aus der Sicht eines Gemeinderats sei es eine gelungene Sache. Es gab aber auch starken Gegenwind für die Pläne. Beispielsweise von Walter Herrmann, der ebenfalls für die CSU sprach: »Uns scheint die Planung eher für Andalusien oder Süditalien geeignet zu sein, eher für ein Schwimmbad als für eine JKW«. Außerdem tobten täglich im Rahmen der Mittagsbetreuung etwa 80 Kinder über die Wiese, es fehle seiner Meinung nach eine Mehrzweckspielfläche. Überhaupt solle das ganze Projekt doch eher einem Fachplaner übergeben werden. Das Riesenschachbrett verwunderte Gertraud Schubert (Grüne): »Das könnte ich mir eher in einem Seniorenheim vorstellen.« Dr. Harald Nottmeyer (SPD) resümierte, dass für die Jugendlichen zwar alles gelungen sei, nur für die Kinder könnte er sich eher Schaukeln vorstellen.

Eine Reihe von Einwendungen später brachte Monika Kormann-Lassas schließlich ein wichtiges Argument: »Die Jugendlichen haben so viel Herzblut investiert, das jetzt zu ignorieren, wäre fatal.« Dieses Engagement müsse respektiert werden. Auch Bürgermeister Panzer konterte zunehmend verärgert: »Die Befragten im Alter von elf und 23 Jahren möchten Bänke, keine Schaukeln sondern Hängematten: Wir wollen eine JKW, die von den Jugendlichen auch genutzt wird, und sie wollen offenbar keine sportliche Action.« Gute Erfahrungen mit der Einbeziehung der jungen Leute habe man bereits im Fun-Park gemacht. Was nütze denn ein Basketball-Platz, wenn dieser nicht genutzt würde? Um der Diskussion endlich ein konkretes Ende zu bereiten, ließ Panzer Punkt für Punkt der Prioritätenliste abstimmen. Und endlich ging die Planung über den Tisch, alle Vorschläge der Jugendlichen erhielten vom Bauausschuss grünes Licht. Wenn teils auch nur mit hauchdünner Mehrheit. So etwa das Schachbrett mit 7:6 Stimmen. Auch kommt es jetzt hinter das Haus, wo es andere nicht beim Rumtollen störe, so der Tenor. Dieter Senninger (SPD) abschließend: »Wenn man mit Jugendlichen etwas erarbeitet hat, sollte man das auch umsetzen.«

In diesem Sinne stimmten auch der Haupt- und Finanzausschuss Tage später ab und bewilligte die geplanten Kosten in Höhe von 55.000 Euro. Freilich schlug das Projekt auch hier Wellen: Grünen-Chefin Dr. Christine Helming kritisierte Baumfällungen auf dem Gelände der JKW, die bereits Montag erfolgt waren, bevor am Donnerstag der Finanzausschuss überhaupt sein Okay geben konnte. Wenn ein Thema durch zwei Ausschüsse ginge, wie in diesem Fall, müssten auch beide gleiche Entscheidungsvoraussetzungen haben, argumentierte sie ärgerlich. Bürgermeister Panzer gab Helming grundsätzlich Recht. Dies sei ein bekannter Fehler in der Unterhachinger Geschäftsordnung, die derzeit aber entsprechend überarbeitet werde. Die Verwaltung hatte die Fällungsarbeiten bereits in Auftrag gegeben, weil diese seit Donnerstag, 15. März, aus Gründen des Vogelschutzes gemäß Bundesnaturschutzgesetzt verboten sind. Bereits am 1. März hatte das Projekt zuvor im Kultur- und Sozialausschuss Anklang gefunden. K. Kohnke

Artikel vom 20.03.2012
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