Jugendliche mit sozialen Phobien für Studie gesucht

München · Problem: Angst vor anderen

München · „Ich werde knallrot und fange an zu stammeln, wenn die Lehrerin mich etwas fragt. Am liebsten würde ich im Erdboden versinken.“ Was diese Sechzehnjährige beschreibt, erleben viele Heranwachsende.

„Ungefähr fünf bis zehn Prozent aller Jugendlichen erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Sozialen Phobie und damit ist sie eine der häufigsten psychischen Erkrankungen im Jugend- und jungen Erwachsenenalter. Häufig beginnt die Störung in der frühen Jugend. Je früher der Beginn der Störung desto wahrscheinlicher ist ein chronischer Verlauf bis ins Erwachsenenalter“, erläutert Projektleiterin in München Frau Prof. Dr. Rita Rosner. „Die gute Nachricht ist, dass soziale Phobien erfolgreich behandelt werden können“, so Frau Prof. Rosner. Dennoch gab es bislang nur sehr wenige Behandlungsstudien bei Jugendlichen mit Sozialer Phobie in Deutschland, welche die Wirksamkeit psychotherapeutischer Therapien untersuchen. Aus diesem Grund wird nun im Rahmen einer großangelegten multizentrischen Therapieforschungsstudie unter anderem an den beiden Münchner Universitäten LMU und TU ein Wirksamkeitsvergleich von zwei in der Praxis häufig eingesetzten Therapieverfahren durchgeführt: der kognitiven Verhaltenstherapie und der psychodynamische Kurzzeittherapie. Das Ziel dieser Vergleichsstudie ist es, herauszufinden, ob für bestimmte Personen bzw. Symptom-Zusammensetzungen das eine Verfahren mehr geeignet ist als das andere.

Um nun diese neuen Ansätze bei Jugendlichen zu testen, sucht das Wissenschaftlerteam an den beiden Münchner Universitäten LMU und TU jugendliche Studienteilnehmer im Alter zwischen 14 und 20 Jahren mit Sozialer Phobie. Die Behandlung ist als Einzeltherapie angelegt und umfasst, nach einer Phase der Eingangsdiagnostik, 25 Therapiesitzungen. Nach Beendigung der Therapie erfolgen jeweils nach sechs und zwölf Monaten Nachfolge-Untersuchungen. Weitere Informationen bei Johanna Unterhitzenberger, Psychotherapeutische Hochschulambulanz, Leopoldstraße 13, Tel. 0 15 78/7 83 70 95, johanna.unterhitzenberger@campus.lmu.de.

Betroffene fürchten besonders, dass sie ein demütigendes oder peinliches Verhalten zeigen könnten. Sie haben Angst vor mündlichem Ausfragen, Referate zu halten, vorzulesen und generell vor allen Situationen, in denen sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Sie befürchten dabei zu erröten, etwas Blödes zu sagen, ausgelacht zu werden, zu zittern oder zu schwitzen. Sie vermeiden deshalb zunehmend Situationen, in denen sie anderen, insbesondere ihnen nicht bekannten Menschen, begegnen müssen oder durchleben sie nur unter erheblicher Belastung. Aus diesem Grund werden sogar altersangemessene soziale Aktivitäten - wie Partys, Gespräche im Pausenhof, die Teilnahme an einem Sportverein oder small-talk mit Gleichaltrigen - zu fast unüberwindbaren Herausforderungen. Zudem zeigen sie in Prüfungssituationen starke Angstreaktionen, was zu einem Leistungsabfall (schlechtere Noten trotz intensiver/entsprechender Vorbereitung) führen kann.

Um die Angst zu verbergen, eignen sich Jugendliche verschiedene Strategien an, die in der Fachsprache auch Sicherheitsverhalten genannt werden. Dieses Sicherheitsverhalten kann sich darin zeigen, dass sie Blickkontakt vermeiden, ihre Kleidung immer wieder überprüfen, sich ihr Baseballcap tief ins Gesicht ziehen oder sich ihre Haare ins Gesicht fallen lassen. Das Verhalten kann sich bis hin zu einer Schulverweigerung steigern. Untersuchungen haben sogar gezeigt, dass Jugendliche mit diesen extremen Ängsten ein höheres Risiko dafür zeigen, die Schule früher abzubrechen. „Die Störung beeinflusst deutlich die soziale und emotionale Entwicklung. Jugendliche mit einer sozialen Phobie weisen in Folge häufig verminderte Lebensqualität und Folgeprobleme auf, wie Einsamkeit und Isolation oder eine unterqualifizierte Tätigkeit im späteren Beruf“, sagt die Diplom-Psychologin Ildiko Kunze, die zurzeit an einer Vergleichsstudie mitarbeitet. Außerdem haben diese Jugendlichen Schwierigkeiten, Freundschaften aufzubauen oder später beruflichen Erfolg zu haben.

Artikel vom 17.02.2012
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