Amtsgericht entschied: Reiseveranstalter haftet nicht!

Flugticket da, Flugzeug nicht

München · Im Februar 2000 hatte ein Familienvater für sich und seine vierköpfige Familie einen Flug von Düsseldorf nach Izmir mit einer türkischen Airline für den 23. Juni 2000 und vier Wochen später wieder zurück bei einem Reisebüro in Wuppertal gebucht.

Das Reisebüro hatte ihm eine Rechnung mit Buchungsbestätigung »Pauschal-/Flugreise« eines Münchner Reiseveranstalters übergeben. Er erhielt auch die Tickets, nur, der Flug wurde erst vom 23. auf den 24. Juni verschoben und dann storniert. Der Familienvater hatte seinen Jahresurlaub fest eingeplant und bemühte sich um einen Ersatzflug bei einer anderen Fluggesellschaft. Den fand er für den 25. Juni 2000, musste dafür aber 2.760,- DM bezahlen.

Er verklagte daraufhin den Münchner Reiseveranstalter auf die Differenz der Flugkosten in Höhe von 719,- DM (2.041,- DM hatte er von der Airline zurückerhalten), auf Schadenersatz für vertane Urlaubszeit in Höhe von 150,- DM pro Person und eine Unkostenpauschale von 50,- DM, Summe 1.369,- DM.

Der Münchner Reiseveranstalter beantragte, die Klage abzuweisen. Die Beklagte sei eine IATA-Agentur (International Air Transport Association) und vermittelt Flüge aller namhaften Fluggesellschaften. Ein Flugbeförderungsvertrag komme ausschließlich zwischen Fluggast und Fluggesellschaft zustande, nicht mit ihr. Das Reisebüro würde direkt bei der Fluggesellschaft das Ticket erwerben. Die Fluggesellschaft selbst habe lediglich die Beklagte in ständiger Praxis mit der technischen Ausstellung der Tickets beauftragt, wofür sie eine Gebühr erhalte. Dies werde als Consolidartor-Verhältnis bezeichnet.

Das Amtsgericht wies die Klage ab: Auf Ersatz der Mehrkosten und auf Entschädigung für nutzlos aufgewandte Urlaubszeit besteht kein Anspruch aus § 651 f Abs. 1 und 2 BGB, da hier kein »Reisevertrag« geschlossen wurde. Ein Reisevertrag gemäß § 651 a ff BGB liegt vor, wenn eine Mehrheit von Einzelleistungen, zusammengefasst zu einer Gesamtleistung »Reise« zu einem einheitlichen Preis angeboten und gebucht wird.

Beispiel hierfür: Flug, Unterkunft und Verpflegung als typische Pauschalreise. Hier wurden aber ausschließlich und einzig vier Flüge gebucht. Reisebüros handeln beim Verkauf von Fahr-, Schiffs- und Flugkarten erkennbar als Verkaufsstellen der Bahn, der Schiffahrtslinien oder der Fluggesellschaften. Der vom Reisebüro irrtümlich ausgedruckte Vermerk über Pauschalreise und Veranstalter (falsches Formular benutzt oder falschen Textbaustein angewählt) ändert hieran nichts. Auch aus Sicht des Klägers handelte es sich zweifelsfrei nicht um die Buchung einer Pauschalreise, weil er nur den Flug und sonst keine weiteren Leistungen (Transfer in ein Hotel, Unterkunft, Verpflegung, Reiseleitung etc.) gewünscht und auch nichts anderes gebucht hat. Anspruch auf die Flugmehrkosten folgt auch nicht aus § 635 BGB (Schadenersatz wegen Nichterfüllung), da Vertragspartner des Luftbeförderungsvertrages (»des Fluges« nicht die Beklagte, sondern die türkische Airline war.

Der Fall, dass ein Reiseveranstalter (Charterer) die Beförderung in eigenem Namen übernimmt und sich des Vercharterers (Flugunternehmens) als Erfüllungsgehilfen bedient und dann für Ausfälle des Fluges haften muss, liegt gerade nicht vor. Es handelte sich unstreitig um einen Linienflug. Die Beklagte ist nicht vertraglicher Luftfrachtführer, sie wurde lediglich für die türkische Airline durch Ausstellung der Tickets tätig. Ein Vertragsverhältnis zwischen ihr und dem Kläger ist nicht zustande gekommen.

Artikel vom 16.05.2001
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