Attac startet in Erding zweiten Anlauf

Erding · Für eine bessere Welt

Gemeinsam erarbeiteten sich die Erdinger bei der Gründung ihrer eigenen Attac-Gruppe schon eine ganze Reihe Themen.	Foto: bb

Gemeinsam erarbeiteten sich die Erdinger bei der Gründung ihrer eigenen Attac-Gruppe schon eine ganze Reihe Themen. Foto: bb

Erding · Das war ein Einstand für die Initiatoren von Attac! Das beim Mayr-Wirt gebuchte „Schützenstüberl“ platzte aus allen Nähten, für die weit über 40 Interessenten wurden die Tische durch Stühle ersetzt.

Eingeladen hatte Rainer Forster aus Kirchberg, der sich ansonsten für die ÖDP im Holzland, gegen Atomkraft und Gentechnik sowie für ökologische Projekte engagiert. Holger Oppenhäuser vom Attac-Bundesbüro in Frankfurt stellte die Entstehung der internationalen Bewegung für eine andere, gerechtere Welt vor. Und nach über zwei Stunden war man sich einig, mit einer Attac-Gruppe in Erding zu starten – zum zweiten Mal, denn schon 2002 gab es die Gruppierung für ein paar Monate in Erding. Oppenhäuser erläuterte: „Das Wort ‚Attac‘ ist die französische Abkürzung für ,Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen im Interesse der BürgerInnen’“.

Die unabhängige, überparteiliche Organisation wurde 1998 in Frankreich gegründet, um für eine demokratische Kontrolle der internationalen Finanzmärkte und die Einführung der sogenannten Tobin-Steuer, einer geringen Abgabe auf alle Finanztransaktionen, die die extreme Spekulation und damit die vielen Blasen an den Finanzmärkten verhindern soll, einzutreten. Mittlerweile gibt es 90.000 Mitglieder in 50 Ländern – nur nicht in den USA und England. „Wir haben uns der gesamten Problematik neoliberaler Globalisierung angenommen. Das Versprechen, die Globalisierung bringe Wohlstand für alle, hat sich nämlich nicht erfüllt. Im Gegenteil: Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer, sowohl innerhalb der Gesellschaften als auch zwischen Nord und Süd. Motor dieser Art von Globalisierung sind die internationalen Finanzmärkte. Banker und Finanzmanager setzen täglich Milliardenbeträge auf den Finanzmärkten um und nehmen über ihre Anlageentscheidungen immer mehr Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung. Damit untergraben die Finanzmärkte die Demokratie. Das wollen wir ändern!“, erklärt Oppenhäuser.

Dabei konzentrieren sich Attac-Kampagnen – mit Demonstrationen, Straßen-Theatern oder Aktionen, die zivil ungehorsam, aber niemals gewalttätig sein dürfen - auf die Durchsetzung der Kernforderungen. Unter dem Leitspruch „Globalisierung ist kein Schicksal, eine andere Welt ist möglich“ fordert Attac demokratische Kontrolle und Regulierung der internationalen Märkte für Kapital, Güter und Dienstleistungen. „Wir sind davon überzeugt, dass die Wirtschaft den Menschen dienen muss und nicht umgekehrt. Politik muss sich an den Leitlinien von Gerechtigkeit, Demokratie und ökologisch verantwortbarer Entwicklung ausrichten. Nur so kann die durch die kapitalistische Wirtschaftsweise entstehende gesellschaftliche Ungleichheit ausgeglichen werden“, forderte Oppenhäuser. Aber es gebe keine Zentrale, die Ziele oder Aktionen vorgebe. „Jede Regionalgruppe – von denen es in Deutschland mittlerweile über 200 mit zusammen 26.500 Mitgliedern gibt – bestimmt die eigenen Ziele, Themen und Aktionen.“

In den Mayr-Wirt gekommen waren Frauen und Männer aller Altersgruppen, viele engagieren sich bereits bei den Grünen, ÖDP, Piraten- oder Linkspartei, den Freien Wählern, Gewerkschaften oder Greenpeace – von CSU oder FDP war allerdings kein Sympathisant da.

Jeder ist bei Attac willkommen

„Das ist unser Ziel, dass Menschen aus verschiedenen Parteien, außer rechtsextreme, zusammen mit Vertretern von Verbänden, Kirchen und Gewerkschaften an neuen Ideen arbeiten. Und das ganz ohne an ein Parteibuch oder eine Satzung gebunden zu sein“, so Oppenhäuser. Rainer Forster ergänzte: „Attac wirkt auch an der Basis, wir sehen unser Engagement im Lokalen.

Daher kämpfen wir für eine bessere Finanzausstattung der Kommunen. Die durften vor einigen Jahren noch 18 Prozent des Steueraufkommens für sich beanspruchen. Heute sind es nur noch zwölf Prozent. Diese Entwicklung verurteilt Attac, weil gerade auf unterster Ebene am besten zu beobachten ist, was mit dem Geld der Bürger passiert“. Dann ging es an die konkrete Themensuche für Erding – die enorm vielen Angebote zur Mitarbeit und die Disziplin bei Diskussionen überraschten dann sogar den Attac-Profi Oppenhäuser aus Frankfurt. Schnell bedeckten die vielen roten und blauen Kärtchen, die von den Teilnehmern mit Themen und Vorschlägen beschriftet waren, den letzten Rest des freien Fußbodens.

Das Spektrum war reichhaltig: Arbeitsmaschine Flughafen – nur für Billig-Jobs? Wem nutzt die Deregulierung und Liberalisierung? Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens! Privatisierung bei Trinkwasser, Straßenbau (Flughafen-Tangente), Schiene (die Privatisierung der Münchner S-Bahn drohe); erneuerbare Energien; Nahrungs- und Verbraucherschutz. „Diese Themen müssen wir nun in kleinen Gruppen ausarbeiten um praktische Ansätze zu finden. Dann müssen wir Attac dazu nutzen, um möglichst viele Bürger zu erreichen und zu informieren“, schloss Oppenhäuser die Veranstaltung. Schnell klärte man noch die ersten Formalien mit dem „vorläufigen Ansprechpartner“ Forster, legte eine Datenbank mit Interessenten an und vereinbarte das erste Treffen von „Attac Erding“ für Montag, 13. Februar, um 19.30 Uhr wieder beim Mayr Wirt. bb

Artikel vom 19.01.2012
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