Das »Schwabinger Tor« entsteht voraussichtlich bis 2015

Schwabing · Servus Asphaltwüste!

Werner Lederer-Piloty freut sich, dass ein »städtebaulicher Schandfleck« im Viertel verschwindet. Foto oben: So könnte das neue Quartier »Schwabinger Tor« aussehen.	Foto: Sylvie-Sophie Schindler/Jost Hurler

Werner Lederer-Piloty freut sich, dass ein »städtebaulicher Schandfleck« im Viertel verschwindet. Foto oben: So könnte das neue Quartier »Schwabinger Tor« aussehen. Foto: Sylvie-Sophie Schindler/Jost Hurler

Schwabing · Ein Mann in einem weißen Lieferwagen fährt im Schritttempo über das ehemalige Metrogelände. Schließlich kurbelt er das Autofenster herunter. Er hat eine Frage. »Wo finde ich denn bitte die Metro, ich dachte, die ist hier«, sagt er. Sein Navigationsgerät hat ihn hierher geführt.

Bauprojekt »Schwabinger Tor«

Mag sein, doch auch Navis sind nicht immer auf dem neuesten Stand. Denn die Metro an der Leopoldstraße hat längst ihre Pforten geschlossen, statt geschäftigem Treiben herrscht Tristesse, nur noch die Einkaufswägen, die vor dem Gebäude parken, erinnern an den einstigen Betrieb. In den nächsten Wochen werden auch die verschwinden, und der schmucklose Flachbau schließlich fällt der Abrissbirne zum Opfer. Denn es wird endlich Platz geschaffen für das neue Projekt, auf das sich die neugierigen Augen der Münchner richten, auf das so genannte Schwabinger Tor. Es soll das öde Areal an der Leopoldstraße 152 bis 194 so richtig »aufbrezeln«.

»Das pulsierende Leben, für das Schwabing bekannt ist, wird hier weiterleben«, sagt Stefanie Schusser, Unternehmenssprecherin der Jost Hurler Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft, die Grundstückseigentümerin ist. Chef des Bezirksausschusses Schwabing-Freimann (BA 12), Werner Lederer-Piloty, selbst Architekt, spricht begeistert von einem »Wurf des Jahrhunderts« und einem »Vorzeigeprojekt europäischen Ranges«.

Ein großes Plus also für den Stadtteil, danach hört es sich zumindest an. Doch neben vielen Pro-Stimmen, von denen beispielsweise Lederer-Piloty zu berichten weiß, kursiert auch die Befürchtung, dass sich die 42.000 Quadratmeter große Asphaltwüste in ein reines Schicki-Micki-Quartier mit astronomischen Mietpreisen verwandelt. Dass sich gehobenes Klientel dort einmal wohl fühlen wird, ist keine Frage: eines der wichtigsten Vorhaben ist eine Hotelanlage der Kategorie fünf Sterne plus. »Davon erhoffen wir uns eine hohe Strahlkraft für das Viertel«, so Schusser. Und auch Luxuswohnungen werden angeboten.

Doch das ist nur die eine Seite. »Auch dieses Projekt musste sich dem Münchner Modell verpflichten, das eine Mischung vorsieht«, heißt es aus dem Planungsreferat. 30 bis 40 Wohnungen geförderter Wohnungsbau seien auf jeden Fall garantiert. Sprecher Marc Binder: »Wir sind froh, um jede Wohnung, die im Stadtgebiet neu entsteht. Mit dem ›Schwabinger Tor‹ wird zumindest ein weiterer Teil des Bedarfs abgedeckt.« Dem stimmt auch ­­­Werner Lederer-Piloty zu: »Jede neue Wohnung ist ein Sieg.« Die Angst vor dem Überkandidelten sei aus seiner Sicht übertrieben. »A bisserl Luxus gehört nun mal auch zum Stadtbild«, meint der BA-Vorsitzende.

Die Mischung macht’s

Wohnen aber macht nur einen Teil des zukünftigen Quartiers – Bauzeit voraussichtlich bis 2015 – aus. »Wir sprechen von einer Drittelnutzung«, so Schusser. Angelehnt an Vorbilder historisch gewachsener Stadtkerne vereine das neue Quartier alle Facetten des Großstadtlebens, neben Wohnen auch Arbeiten, Einkaufen, Kultur und Entspannung.

Der gesamte Komplex entsteht nach den Plänen des Architekturbüros 03, der Sieger des städtebaulichen Wettbewerbs. Schusser: »Urbanes Leben erhält hier eine ganz neue Qualität.« Dementsprechend entfallen weitere Nutzungen zu je einem Drittel auf Büro- und Geschäftsräume und Gewerbeimmobilien. Auch ein Kleinkunsttheater und eine Kindertagesstätte über den Dächern von Schwabing sind vorgesehen.

»Das Viertel ist offen für alle Alters- und Bevölkerungsgruppen. Jeder soll sich hier wohlfühlen«, sagt Schusser. Die Mischung macht’s – das gilt auch innerhalb der Gebäude. Es soll keine reinen Wohn- oder Bürohäuser geben, sondern jedes Gebäude hat von allem was: Im Erdgeschoss finden sich Gastronomie und Geschäfte, in den ersten Stockwerken Büroraume und darüber dann Wohnungen. »Nachts wird es dort dann nicht wie ausgestorben sein, so wie man es aus einigen anderen Quartieren kennt«, so Schusser. Und tagsüber darf man sich ruhig so fühlen wie auf dem Marienplatz, eine abwechslungsreiche Bummelmeile lädt zum Shoppen ein.

Zu den ersten Baumaßnahmen gehört das großflächige Buddeln nach unten. Denn das Gelände wird autofrei. Und das hat zur Folge, dass unter der später asphaltierten und teilweise begrünten Oberfläche ein dreistöckiges Untergeschoss mit vor allem Tiefgaragen entsteht.

Aufbrechen gegen Spießigkeit

»Schön, dass es endlich losgeht. Das hat was von Aufbruch«, freut sich Lederer-Piloty. »München neigt ja gerne mal dazu, etwas spießig zu werden. Da tun solche Projekte gut.« Trotz großer Zustimmung aus der Bürgerschaft – ein paar Tränen weine der eine oder andere Bürger noch der beliebten Metro-Tankstelle nach. »Aber das ist bald vergessen. Mich freut, dass ein städtebaulicher Schandfleck endlich verschwindet.« Sylvie-Sophie Schindler

In München wachsen neue Wohnräume

Artikel vom 18.01.2012
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