Diskussion um Zukunft der Freisprechungsfeier

Erding · Stirbt die Tradition?

Karin Peischl und Rudolf Waxenberger wollen die althergebrachte Tradition der Freisprechungsfeier wieder attraktiver  machen. 	Foto: sy

Karin Peischl und Rudolf Waxenberger wollen die althergebrachte Tradition der Freisprechungsfeier wieder attraktiver machen. Foto: sy

Erding · Es ist eine jahrhundertealte Tradition: Der Obermeister baut sich vor den frisch gebackenen Junghandwerkern auf und erklärt: „Ich spreche sie frei von den Pflichten des Lehrlings und erhebe sie in den Gesellenstand!“

Freisprechungsfeier nennt man das, und es ist der Abschluss einer Berufsausbildung. Genau das macht die Bedeutung dieser zentralen Feier des Handwerks aus, aber das wird längst nicht immer erkannt. Das geht so weit, dass die ehemaligen Lehrlinge teilweise erst gar nicht erscheinen. In Erding ist jetzt eine Debatte darüber in Gang gekommen, wie mit diesem Thema künftig umgegangen werden kann. Auslöser war die Herbstversammlung der Friseurinnung, bei der Lehrlingswartin Karin Peischl frustriert feststellen musste, dass es ihr genau so gegangen ist: Zum Teil sind nicht einmal ihre eigenen Lehrlinge gekommen. Aber sie fasste sich auch an die eigene Nase: „Fast keine Chefs, kaum Eltern.“ Das müsse sich ändern, meinte sie und forderte darum das ganze jugendgemäßer zu gestalten, vielleicht sogar „zu einer Party ausarten“ zu lassen.

Damit war die Debatte eröffnet, in die sich sofort der anwesende Kreishandwerksmeister Rudolf Waxenberger einschaltete. Er forderte eine „schöne und seriöse Feier.“ Und Letzteres, die Seriosität, die habe sich auch im Aufzug der jungen Handwerker auszudrücken. Er machte deutlich, dass er sich am äußeren Erscheinungsbild mancher jungen Gesellen störte, wenn diese ihren Gesellenbrief in Empfang nehmen. „Mit T-Shirt und den Hosen in den Kniekehlen, da weiß man doch alles“, regte er sich auf. Damit war er durchaus auf einer Linie mit der Lehrlingswartin, die von einem „leichten Frust“ auch bei den Meistern gesprochen und gemeint hatte: „Die wissen oft gar nicht, was sie da geschafft haben.” Die Zimmerer dienten den Friseuren hier als besonders positives Beispiel für eine angemessene Aufmachung. Wenn die in ihrer traditionellen Berufskleidung kommen, „das ist doch ein schönes Bild“, so ein Zwischenruf.

Etwas neidvoll blickten die Meister auf die Abschlussfeiern mancher Schulen, die richtig groß gestaltet würden. Da würden auch die Eltern regelmäßig erscheinen. Den Gedanken einer „Party“ verfolgten die versammelten Friseurmeister erst einmal nicht weiter, sondern schoben die Idee erst einmal auf die lange Bank. Ganz, wie es sich für Handwerker gehört, begannen die Meister, konkret zu werden: Die Redebeiträge der Politiker müssten kürzer werden, so der erste Vorschlag. Dass es immer wieder Bürgermeister gebe, die die Freisprechungsfeier mit einer Wahlveranstaltung verwechseln, störe praktisch alle Anwesenden. Sodann sollte die Gelegenheit geschaffen werden, die ehemaligen Lehrlinge auch selbst zu Wort kommen zu lassen. Mit diesen ersten Ideen ist die Diskussion in Gang gesetzt. sy

Artikel vom 12.01.2012
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