Eine Reportage aus Tansania

„Löwen“ am Kilimanjaro

Die Korbball-Mädchen-Mannschaft und die Jungs-Mannschaft in Kyomo. Fotos: Mary Berg

Die Korbball-Mädchen-Mannschaft und die Jungs-Mannschaft in Kyomo. Fotos: Mary Berg

München · Die Münchnerin Mary Berg unterstützt das Frauenselbsthilfeprojekt WEECE in Tansania. Auf Vermittlung des Fanprojekts München erhielt sie Sportausrüstung des TSV 1860 München geschenkt, die Berg im August 2011 persönlich nach Ostafrika brachte. In den Münchner Wochenanzeigern berichtet Mary Berg von ihrer Reise.

Wir rumpeln mit dem gemieteten „Dalla-Dalla“ in Richtung Kyomo – mit uns führen wir im Kofferraum ein großes Paket mit Fußballausrüstung, die der Verein TSV 1860 München auf Initiative des Fanprojekts München für sportbegeisterte Schüler in Tansania gespendet hat. Kyomo ist ein kleines Dorf in der Kilimanjaro-Region; wir – das sind Mama Mrema, die einheimische Leiterin des Frauenselbsthilfeprojekts WEECE, energievolle Lehrerin und Sozialarbeiterin, und ihre bayrischen Freunde, die die von ihr initiierten Schul- und Frauenprojekte unterstützen. Zu ihnen gehöre auch ich, Mary Berg aus München, Kollegin von Andrea Sailer an der Hans-Weinberger-Akademie. Andrea Sailer ist Mitarbeiterin des Fanprojektes München, deren Initiative die Spende zu verdanken ist. Es gibt keine ausgebaute Straße nach Kyomo, sondern nur einen staubigen und steinigen breiteren Weg, der an verstreut liegenden Lehmhütten, -ställen und Baobabs vorbeiführt, jenen vorsintflutlichen, elefantenhäutigen Baumsauriern, die der Teufel laut Sage mit den Wurzeln gen Himmel in die rote Erde steckte.

Eine Gruppe von Frauen, Müttern und Großmüttern aus der Dorfgemeinschaft erwartet uns bereits am Ende der „Straße“ unter einer schattenspendenden Baumgruppe und begrüßt uns mit virtuosem Zungenschnalzen und herzlichen Umarmungen. Wir antworten zur allgemeinen Erheiterung mit bayrischen Juchzern. Eine der Frauen stemmt das große Paket und balanciert es uns voran gekonnt auf dem Kopf Richtung Dorfschule. Wir hüpfen über den glücklicherweise gerade Wasser führenden Schulbach und gelangen in den Hof, wo bereits mehr als 300 Schülerinnen und Schüler der Primary School mit ihrer Direktorin und dem Lehrerteam gespannt auf uns warten. In die Primary School gehen lerneifrige tansanische Schüler von der 1. bis zur 7. Klasse, wobei sie oft stundenlange Schulwege in Kauf nehmen. Der Besuch einer anschließenden Secondary School setzt voraus, dass die Eltern Schulgeld zahlen, und das können die meisten nicht aufbringen.

Wir werden zu unter schattenspendenden Bäumen aufgestellten Tischen und Bänken geführt, wo wir uns niederlassen sollen. Und nun nimmt die gastliche Begrüßungszeremonie ihren Lauf: Die verschiedenen Schülergruppen singen und tanzen, die Schulleiterin hält eine Willkommensrede und stellt ihr Lehrerteam vor, und Mama Mrema testet die Erstklässler, ob sie sich unsere deutschen Namen merken und sie wiederholen können. Unter großem Beifall packe ich dann die auf den Tisch gehievte Kiste aus: Trikots des TSV 1860 München, kurze und lange Trainingshosen in kleinerer und größerer Ausführung, auch für die Sportlehrer, Fußbälle und Pumpen. Ich erzähle von den „Löwen“, dem Fanprojekt München, den Sponsoren der Ausrüstung und Mama übersetzt meine Worte in Suaheli. Die Freude über diese tollen Geschenke und die Dankesrufe brechen alle Sprachbarrieren: „Thank you“, „asante sana“, „danke“.

Dann führt uns die engagierte Schulleiterin über das Gelände, zeigt uns stolz die neu errichteten Schüler- und Lehrertoiletten, das Bohnenfeld, die kleine Baumschule, Kühe, Ziegen und Hühner, die die Frauen im Dorf angelegt und angeschafft haben, damit die Schüler nicht nur versorgt werden können, sondern auch landwirtschaftlich geschult werden. Die „Küche“ ist allerdings jämmerlich, besteht sie doch nur aus einer Holzfeuer-Kochstelle mit ein paar verbeulten Blechtöpfen, wo täglich für etwa 400 Schülerinnen und Schüler gekocht wird. Die Kinder verzehren dann im Sand und Staub um die Feuerstelle sitzend mit den Händen ihre einfache Mahlzeit. Die Schulleiterin wünscht sich sehnlich für ihre Schüler eine aus Ziegeln gemauerte Küche und Mensa – aber dazu fehlt das Geld. Wir deutschen Freunde wollen hier „am Ball bleiben“ und Unterstützung organisieren.

Nun will uns die Schulleiterin zum Sportplatz führen; ich soll meine Kamera bereithalten. Und die folgende Szene ist wirklich filmreif: Da tummeln sich unter sengender Sonne zwei begeisterte Fußballteams in 1860-Ausstattung auf dem roten, sandigen Platz und wirbeln den Ball zwischen Staubfahnen über das Feld, dass es nur so ein Riesenspaß ist. Dann tanzt die Korbball-Mädchen-Mannschaft an – die flinken Beine in 1860-Trainingshosen. Auch ohne Netze in den Toren und Körben fallen die Treffer, werden die Sportler/innen doch angefeuert von ihren versammelten Mitschüler/innen, die sich am Rand des Sportplatzes versammelt haben oder sich wegen der starken Mittagshitze in oder unter das Astwerk der großen Schirmakazie verzogen haben. Dabei sein ist alles und zum „Pressefoto“ für die Sponsoren in Germany sind die Spieler/innen auch bereit, das spannende Match zu unterbrechen.

Ich muss der Schulleiterin beim Abschied versprechen, dass ich den Münchner „Löwen“ und dem Fanprojekt den herzlichen Dank von Lehrern und Schülern überbringe. Die Schule von Kyomo würde gern mit ihnen in Kontakt bleiben. Bleibt zum Schluss noch zu erwähnen, dass auch für die Mädchen von WEECE (= Women Economic and Education Center in Moshi), Mama Mremas Berufsschule, noch zehn Hemden übrig blieben, die diese sofort mit Freude anzogen. Auch von ihnen und der Mama ein herzliches „Asante sana“!

Mary Berg

Mehr Informationen im Internet: www.weece.org

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Artikel vom 10.01.2012
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