Jungbürgerversammlung Kirchseeon: Kein Jugendlicher dabei

Eglharting/Kirchsee­on · »Eher unpolitisch«

Stell dir vor, es ist Versammlung und keiner geht hin: Zur Jungbürgerversammlung in Kirchseeon kam kein einziger Jugendlicher.	Foto: Sybille Föll

Stell dir vor, es ist Versammlung und keiner geht hin: Zur Jungbürgerversammlung in Kirchseeon kam kein einziger Jugendlicher. Foto: Sybille Föll

Eglharting/Kirchseeon · Alle waren sie da: Gemeinderäte fast aller Fraktionen, Bürgermeister Udo Ockel, die Zweite Bürgermeisterin Maria Wollny, Jugendpfleger Rainer Schott, die »Crew-Mitglieder« des Jugendzentrums Eglharting-Kirchseeon (JEK), Robert Keil und Christian Waldleitner – nur die Jungbürger, für die die Versammlung am Montagabend gedacht war, die fehlten.

»Entweder sind alle zufrieden oder unpolitisch«, mutmaßte Ockel. »Eher unpolitisch«, meinte Keil. Er muss es wissen, denn er ist seit etwa zwei Jahren JEK-Betreuer. »Am Anfang waren wir noch sieben, jetzt sind wir nur noch drei und finden niemanden, der noch mitmachen möchte«, klagte er. Jeden Freitag ist das JEK im Westring 6 ab 19 Uhr geöffnet, je nach Alter der Besucher bis 22.00 oder 22.30 Uhr. Etwa 30 Jugendliche zwischen zwölf und 18 Jahren kommen an diesen Abenden, »aber etwas arbeiten will keiner. Die wollen bloß konsumieren«, sagte Keil. Der 21-jährige Anwendungstechniker wollte schon einen Verein gründen, aber selbst dafür finden sich nicht genügend Leute. Er und Waldleitner engagieren sich im JEK, »weil wir den Jugendlichen das bieten möchten, was wir nicht hatten«, erklärte Waldleitner (18). »Früher, als ich so 15 war, war das hier der Horror. Da war alles dreckig, es hingen nur 25-Jährige herum und haben gekifft«, erzählte Keil. Dann wurde das Jugendzentrum geschlossen und vor zwei Jahren komplett saniert. Die Bar und eine Empore in dem bunt beleuchteten Raum haben einige Jugendliche damals selbst gebaut. Alles sieht sauber und einladend aus mit Billardtisch und Sitzgruppen. Hier kann sich der Kirchseeoner Nachwuchs treffen, Musik hören, ratschen. An alkoholischen Getränken gibt es nur Bier, Rauchen ist verboten.

Es sei Verschwendung, dass der Raum die meiste Zeit leer stünde, so Ockel. »Aber die Betreibermannschaft ist einfach zu klein«, sagte Schott. Man könne mehr auf die Beine stellen, wenn sich weitere verantwortungsbewusste junge Leute finden würden. Doch das scheint nicht so einfach zu sein. Nach einer Werbeaktion meldeten sich zwar einige Jugendliche, »aber leider die Falschen«, sagte Keil. »Für viele ist rauch- und alkoholfrei ein No go«. Außerdem könne man einem 14-Jährigen nicht die Schlüssel in die Hand ­drücken. Und während der Woche habe sowieso kaum noch jemand Zeit, weil die Anforderungen und der Zeitaufwand in der Schule gestiegen seien. »Wir können aber auch keine hauptberuflichen Barkeeper einstellen. Wenn es kein Ehrenamtlicher machen will, dann ist halt irgendwann Schicht im Schacht«, erklärte Ockel achselzuckend. So hoffen alle Beteiligten, dass von den heutigen Besuchern einige heranreifen, die irgendwann bereit sind, die Crew zu verstärken. Sybille Föll

Artikel vom 06.12.2011
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