Fazit: Geld in Projekte statt in Evaluation stecken!

Neuperlach · Integrationsfachgespräch mit Meier

Bezirksrätin Hiltrud Broschei, Kurt Damaschke, Marina Achhammer, Astrid Schweizer und Brigitte Meier.	Foto: aha

Bezirksrätin Hiltrud Broschei, Kurt Damaschke, Marina Achhammer, Astrid Schweizer und Brigitte Meier. Foto: aha

Neuperlach · »Ich habe Sorge, dass wir zu viel Geld in Evaluation stecken«, sagte Marina Achhammer (SPD), Vorsitzende des Bezirksausschusses 16 Ramersdorf Perlach, und drückte aus, was viele Teilnehmer des Integrationsfachgesprächs im Kulturhaus am Hanns-Seidel-Platz empfanden.

Das Sozialreferat solle das Geld statt in Evaluation in Arbeit stecken, gab Achhammer Sozialreferentin Brigitte Meier (SPD) mit, die zu Gast war beim »Öffentlichen Fachgespräch Interkulturelles Integrationskonzept«, zu dem die vier SPD-Ortsverbände im Münchner Süd-Osten letzte Woche eingeladen hatten.

Meier sprach über das Münchner Integrationskonzept und lobte die Landeshauptstadt München (LHM), die mit rund 36 Prozent neben Köln die höchste Anzahl an Bürgern mit Migrationshintergrund in Deutschland hat. Hier sei die Integrationspolitik seit den 70er Jahren »quasi ein laufendes Geschäft« und die LHM gehe dabei systematisch vor. Es gebe in München keine solchen Probleme wie jüngst in Paris oder Wien, aber man könne immer noch nicht den Erfolg der eingeschlagenen Maßnahmen messen. Das »Interkulturelle Integrationskonzept« sei der Versuch, eine Messlatte zu finden, erklärte sie. Aber, gab Meier zu, die LHM müsse weiter nach mehr Arbeitsmöglichkeiten für Personen mit Migrationshintergrund in der Stadtverwaltung suchen.

Meier »selber ist an den praktischen Erfahrungen der örtlichen Fachbasis sehr interessiert«, hieß es vorab zum Fachgespräch. Das nahmen sich die gut 40 Fachleute zu Herzen und schilderten aus ihrer Arbeit, aus der konkrete Vorschläge erwachsen: Die Stadt solle in Städtischen Kindergärten immer ein bis zwei Plätze freihalten für Kinder, die nach Beginn des Schuljahrs in ein neues Gebiet ziehen, forderte Wally Hopf vom Nachbarschaftstreff der Maikäfersiedlung. Auch bräuchten die Sozialarbeiter in Nachbarschaftstreffs mehr Stunden sowie mehr Geld für erfolgreiche, integrative Maßnahmen. Migrationsberater sollten vermehrt in die einzelnen Stadtteile geschickt werden, die »treten sich in der Innenstadt auf die Füße«, sagte Carolin Palminha vom Nachbarschaftstreff Führichstraße. Es müsste jetzt geklärt werden, wie die im Rahmen der Soziale Stadt angestoßenen Projekte, die 2013 auslaufen, weitergeführt werden, betonte Eva Bruns von der Sozialen Stadt.

Angela Ilmberger, Leiterin der Mittelschule an der Führichschule, forderte mehr Kapazitäten bei der Ambulanten Erziehungshilfe (AEH): »Es wird immer drängender: Vorgestern hat ein Zweitklässler einen Fünftklässler verprügelt«. Solche Kinder, die Hilfe in sozialer und emotionaler Richtung brauchten, müssten aber über sechs Monate lang auf einen Platz bei der AEH warten. Mareike Ziegler vom BildungsLokal Neuperlach bestätigte, es sei schwierig, den Zugang zu den Eltern zu bekommen. Beim größten Tagesheim in Neuperlach am Theodor-Heuss-Platz gelingt es jedoch gut, bei Projekten die Eltern einzubinden, berichtete dessen Leiter Thomas Hirsch. Als Meier nachfragte, ob er das an Übertrittszahlen festmachen könne, gab es heftigen Widerspruch: »Ich wehre mich dagegen, Erfolg daran zu messen, ob Kinder auf die Real- oder Hauptschule kommen«, sagte Hopf erregt und erntete beifälliges Nicken. Ilmberger ergänzte, wenn die Übertrittsquote von Grundschülern ein Indikator für erfolgreiche Arbeit sei, dann solle man auch die Kinder ansehen, die den Übertritt nicht schaffen und nach deren emotionaler Festigkeit gucken.

Meier antwortete erneut, man suche im Sozialreferat nach Prüfmethoden für Erfolg und Nachhaltigkeit von Maßnahmen, sagte aber später noch, »wir wollen für die Führichschule die gebundene Ganztagsschule mit mehr Lehrern und Ausstattung«. Ziel des Fachgesprächs war neben der Erfassung von Brennpunktthemen vor Ort themenübergreifend den Münchner Weg der Integration zu diskutieren. Bei beidem wurde deutlich, dass Integrationsarbeit ein wechselseitiger Prozess zwischen Anbietern und Angesprochenen ist. Aber ebenso, dass es mehr Geld für Einzelprojekte und mehr Sozialarbeiter-Fachstunden braucht. Außerdem nahm Meier von dem Gespräch mit, dass man im Münchner Südosten sich »sehr engagiert« um Integration kümmere, dass REGSAM in Neuperlach sehr gut funktioniere, aber nicht in Ramersdorf, dass das Weiterführen der Soziale Stadt Projekte geklärt werden muss und dass es eine Kinderbetreuung auch Freitags nach 12 Uhr und in den Schulferien geben müsse. Und über allem bleibt, dass ein erweiterter Erfassungsauftrag von Projektdaten den Sozialarbeitern viel Verwaltungsarbeit verschafft, die sie von ihrer eigentlichen und so nötigen Arbeit abhält, aber nicht unbedingt mehr Erkenntnis über den von Natur aus in Zahlen kaum messbaren Erfolg sozialer Integrationsarbeit. Angela Boschert

Artikel vom 07.12.2011
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