Stadtteilparlament in Bogenhausen streiten über Pläne

Bogenhausen · Nein zu Tram-Nordtangente

Die Vario-Trambahn „oben ohne“ legte vor kurzem auf einer Teststrecke in Berlin per Batteriebetrieb 16 Kilometer zurück – Weltrekord. Foto: Stadler Pankow GmbH

Die Vario-Trambahn „oben ohne“ legte vor kurzem auf einer Teststrecke in Berlin per Batteriebetrieb 16 Kilometer zurück – Weltrekord. Foto: Stadler Pankow GmbH

Bogenhausen · Die vor zehn Jahren per Verwaltungsgerichtsurteil wegen des Oberleitungsbaus und der Masten gestoppte Idee, eine Tram statt der Buslinien durch den Englischen Garten zu führen, lebt wieder verfeinert auf: Eine Straßenbahn oben ohne, eine Tram topeless, ein per Batterie angetriebener Zug.

Doch der Antrag der Sozialdemokraten im Bezirksausschuss (BA) Bogenhausen wurde bei Stimmengleichheit nicht nur im Unterausschuss Planung abgelehnt, auch das Vollgremium votierte negativ mit 19 gegen 14 hoch gestreckte Hände von SPD-, BA-Chefin Angelika Pilz-Strasser (Grüne) und Andreas Nagel (DacG).

Die jahrelang umkämpfte und umstrittene Route ab Effnerplatz durch die Mae West, dem höchsten Kunstwerk in Deutschland, nach St. Emmeram im Stadtteil Oberföhring fährt noch nicht einmal – Starttermin ist Anfang Dezember –, da gab’s im BA schon wieder hitzige Wortgefechte um eine Tramlinie: Die SPD forderte „ein erneutes Genehmigungsverfahren für die Tram-Nordtangente umgehend anzugehen,“ für eine Straßenbahn mit Batterieantrieb, „als attraktive tangentiale Verbindung von Bogenhausen nach Schwabing, Neuhausen und Nymphenburg.“ Weiter heißt es ohne Umschweife in dem Ansinnen: „Die Verbindung zwischen der Tivoli- und der Thiemestraße und im Anschluss über die Franz-Joseph-Straße zum Elisabethplatz muss kommen“. Auf Schienen wäre dann eine Fahrt durchs Grüne, ein Besuch des Biergartens am Chinesischen Turm möglich.

Zur Begründung wird angeführt: „Der Freistaat Bayern hat die Tram-Nordtangente per Gerichtsurteil vor Jahren verhindert. Hauptargument damals war die störende Oberleitung. Auf einer Teststrecke in Berlin hat vor kurzem eine Akkutram 16 Kilometer nur mit Batteriebetrieb überwunden. Somit dürften die 1,2 Kilometer durch den Englischen Garten mit Leichtigkeit zu schaffen sein.“ Daher sollen die Planungen für die Trasse wieder aufgenommen werden.“

Mit der Fahrt eines Zugs vom Typ Vario, von den Stadtwerken München (SWM) für die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) bei einem Unternehmen in der Bundeshauptstadt in Auftrag gegeben, wurde vor kurzem ein Weltrekord aufgestellt. MVG-Chef Herbert König plant längst einen zweiten Vorstoß, eine Tram mit Batterien auf dem Dach durch den Englischen Garten fahren zu lassen. Doch der Freistaat, vertreten durch das Finanzministerium, dem der Englische Garten gehört, lehnt das bislang kategorisch ab.

Für die Bogenhausener Christsozialen zog Patentanwalt und Gremiums-Youngster Matthias Weigel – er gehört dem BA erst seit Januar an – ins Wortgefecht gegen die Antragsteller: „Ich finde, es ist eine Frechheit, was da gelaufen ist. Sie sollten Urteile ganz zitieren.“ Er bezichtigte die SPD aus dem Urteil falsch zu zitieren und speziell den stellvertretenden Fraktionssprecher Wolfgang Helbig „über den wahren Inhalt des Urteils hinwegzutäuschen.“ Dies verband Weigel mit dem Hinweis auf Helbigs Beruf als Richter. Gegen diesen verbalen Schlag unter die Gürtellinie verwahrte sich der SPD-Mann in einer persönlichen Erklärung.

„Jetzt kommen Sie und wollen den 200 Jahre alten Englischen Garten zerstören“ – diese Weigel-Aussage konterte Nagel: Dort gibt’s Tennisplätze, einen großen Parkplatz beim Seehaus und die Fahrbahn für die Buslinien 154 sowie 54. Grünen-Chef Holger Machatschek dazu: „Das Sündenregister bei Eingriffen ist lang. Die Zerstörung muss ein Ende haben. Eine Tram ist ein weiterer schwerer Eingriff.“ CSU-Fraktionssprecher Robert Brannekämper meinte, dass eine Straßenbahn für die Menschen dort zu gefährlich sei, die Strecke eingezäunt werden müsse. Sein SPD-Pendant Peter Scheifele stellte klar, die Trasse werde nicht breiter als die Busfahrspur und Straßenbahnen fahren ja auch in München durch Fußgängerzonen.

All dies ließ eine Bürgerin schier verzweifeln, kopfschüttelnd meldete sie sich: „Wovon reden wir denn? Die Schneisen sind doch da. Durch den Englischen Garten führt der Isarring, der Bus fährt auf einer Asphaltspur. Eine Tram ist leiser, sie ist für Radler besser, die jetzt von den stinkenden und lauten Bussen gefährdet werden, weil die dann einen eigenen Weg bekommen.“ Doch selbst diese Argumente fruchteten nicht. ikb

Artikel vom 22.10.2011
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