Ein Kommentar von Alfons Seeler

Der weiß-blaue Sündenbock

Sündenbock Reiner Maurer. Foto: A. Wild

Sündenbock Reiner Maurer. Foto: A. Wild

München · Die Münchner Fußballpresse hat einen Lieblingssport, und der heißt Reiner-Maurer-Bashing. Seit dem Amtsantritt des Chef-Trainers beim TSV 1860 geht das so.

Auch wenn die letzten Auftritte des Löwen-Ensembles schwach gewesen sein mögen, die Beharrlichkeit, mit der die bizarren Rahmenbedingungen, unter denen Maurer letzte Saison das Team führen durfte, die Hängepartie bei der Lizenzierung und das schmale Budget für Verstärkungen in dieser Saison, bei der Beurteilung seiner Arbeit ausgeblendet werden, trägt schon Züge einer Amnesie.

Der spröde Mindelheimer Fußballanalytiker verweigert dem Boulevard konsequent das, was man dort als Lebenselixier braucht: heiße Sprüche, krawallige Maßnahmen nach Niederlagen und das intime Insidergespräch. Dafür muss er büßen, sobald die sportlichen Resultate Anlass bieten. Gerne nimmt man dann auf hochemotionale Reaktionen von Fans Bezug, die sich als Online-Leserkommentare unter reißerischen Artikeln summieren. Je heftiger der Gefühlsausbruch, umso größer die Chance prompt im nächsten Artikel zitiert zu werden. Die Leser haben dieses Prinzip verstanden und überbieten sich gegenseitig.

Dass dem Trainer nach den jüngsten Niederlagen Geschäftsführer Robert Schäfer, ein bislang nicht unbedingt als Maurer-Freund aufgefallener Mann, demonstrativ öffentlich den Rücken stärkt, zeigt, wie strikt man bei den „neuen Löwen“ um einen ruhigen und konzeptionell weitsichtigeren Kurs bemüht ist. Der tägliche Wahnsinn soll der Vergangenheit angehören. Erwartbare sportliche Rückschläge dürfen keinen Anlass mehr für weiß-blaue Weltuntergangszenarien bieten. Daran müssen sich Teile der Fans und Presse erst noch gewöhnen.

Alfons Seeler

Artikel vom 18.10.2011
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