Kallmann-Museum ist das einzige Kunstmuseum im Landkreis

Ismaning · Klein, aber fein

Museumsleiterin Gisela Hesse mit einem der Bilder aus der aktuellen Ausstellung »Wüste«. Nächstes Jahr wird das Museum in der Orangerie des Ismaninger Schloss-Ensembles 20 Jahre alt.	Foto: cs

Museumsleiterin Gisela Hesse mit einem der Bilder aus der aktuellen Ausstellung »Wüste«. Nächstes Jahr wird das Museum in der Orangerie des Ismaninger Schloss-Ensembles 20 Jahre alt. Foto: cs

Ismaning · Sie sind nur auf den ersten Blick lebensfeindlich und leer, auf den zweiten aber faszinierend und farbenfroh. Den Trockengebieten dieser Erde hat das Kallmann-Museum eine ungewöhnliche Ausstellung mit Fotografien und Gemälden gewidmet.

Sie wird am kommenden Sonntag, 9. Oktober, eröffnet. Das einzige Kunstmuseum im Landkreis wird demnächst zwanzig Jahre alt. Etwa 60 Luftaufnahmen des Fotografen Bernhard Edmaier und 20 großformatige Gemälde des Malers Hartmut Pfeuffer werden vom Ende dieser Woche an auf der 420 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche in der wieder aufgebauten Orangerie von Schloss Ismaning zu sehen sein.

Museumsleiterin Gisela Hesse hat wie immer das Ausstellungskonzept dazu entworfen und – gemeinsam mit einer Handvoll Teilzeitkräften und den Mitarbeitern des Bauhofs – selbst mit Hand angelegt, um die schweren Exponate in den Kellerräumen des Hauses auszupacken und ins Erdgeschoss zu schleppen. »In einem kleinen Museum hat man immer viel zu tun.« Sie muss es wissen, schließlich macht die gelernte Galeristin seit 30 Jahren Kunst in Ismaning, zunächst in der Galerie im Schlosspavillon und seit seinem Bestehen im Kallmann-Museum. Pro Jahr organisiert sie eine Kallmann-Werkschau aus dem reichhaltigen Fundus von 70 Ölgemälden und rund tausend Zeichnungen des renommierten Pullacher Malers sowie vier bis fünf Ausstellungen zu Themen, die nach ihrem künstlerischen Gespür zu dem eigenwilligen Post-Expressionisten passen. Ausstellungen, die aber vor allem »aufrütteln, nachdenklich machen, Herz und Hirn beschäftigen« sollen. Nur Schönes, das ist ihr zu wenig, nur Intellektuelles ist ihr zu trocken, nur Aufrüttelndes ist für sie sogar »schrecklich«. »Wichtig und wertvoll« müssen sie sein, und »von überregionaler Bedeutung«.

Ismanings Bürgermeister Michael Sedlmair hält ihr dabei den Rücken frei, wie sie betont. Zu Recht: »Ein Flopp ist mir in den zwanzig Jahren nicht passiert«, sagt sie stolz. Im Gegenteil: Die Besucherzahlen des kleinen, feinen Museums steigen, »obwohl die Münchner eigentlich nicht gerne über die Stadtgrenze fahren«. 6.000 bis 10.000 Gäste sind es im Jahr, ein Drittel davon Ismaninger, »ein fester Stamm von kunstinteressierten Leuten«, die übrigen kommen aus der Landeshauptstadt, dem Landkreis und dem Rest der Welt.

Um Ideen und Themen ist sie dabei nie verlegen. Dafür kennt sie die Szene zu gut, reist regelmäßig zur Biennale nach Venedig und zu anderen einschlägigen Events, bedient sich gerne bei Privatsammlungen. »Es ist so spannend, was Künstler denken, was sie bewegt.« Das Thema »Wüste« fiel ihr buchstäblich in die Hände: In einer Buchhandlung stieß sie auf den aufwändig gestalteten Bildband von Fotograf Bernhard Edmaier und erwarb ihn, fasziniert von seinen Eis-, Wasser-, Salz-, Sand- und Steinwüsten, für ihre private Büchersammlung. Weil der Maler Hartmut Pfeuffer einen völlig anderen Zugang zu diesen Naturphänomenen vermittelt, stellt sie seine Tableaus, die schon mal zwei auf drei Meter messen können, in der Ausstellung den Luftaufnahmen Edmaiers gegenüber.

»Wir sind im Orchester der Museen nur eine kleine Nummer«, sagt Hesse bescheiden. Allerdings hegen und pflegen der Landkreis München und die Gemeinde Ismaning das Kleinod im Schlosspark mit relativ großzügigen Mitteln. »Es ist vorbildlich, wie viel diese kleine Gemeinde für die Kultur übrig hat«, lobt die Ismaningerin ihren Heimatort. Der damalige Bürgermeister Erich Zeitler hatte seinerzeit auch als erster den Finger gehoben, als der Kreistag eine Heimat für die Werke von Hans Jürgen Kallmann suchte, einen Vertreter der »verschollenen Generation« von Künstlern, die durch die Nazizeit in ihrer Entwicklung massiv behindert worden waren.

Hans Jürgen Kallmann war »besoffen vor Glück«

Der 1908 in der Provinz Posen geborene und in Halle an der Saale aufgewachsene Maler der klassischen Moderne lebte damals in Pullach, wo er 1991 starb. Das ursprüngliche Gebäude der Orangerie im Ismaninger Schloss-Ensemble war 1983 abgerissen worden, und Bürgermeister Zeitler spürte, »dass da architektonisch etwas fehlte«, so Hesse. Kallmann soll von der Idee, den höfischen Wintergarten mit seinem Zugang zu dem weitläufigen Schlosspark für seine Portraits, Tier- und Landschaftsbilder wieder aufzubauen, begeistert gewesen sein. »Ich bin besoffen vor Glück«, habe er damals enthusiasistisch ausgerufen.

Im Juli 1992 wurde das Stiftungsmuseum eröffnet. Obwohl eine neue Ausstellung normalerweise zwei Jahre Vorlauf benötigt, hat Gisela Hesse heute noch keine konkreten Vorstellungen für eine große Jubiläumsschau im kommenden Jahr. Zunächst habe sie an das Naheliegende, eine Retrospektive, gedacht, die Idee aber vor wenigen Tagen wieder verworfen. »Ich bin mir nicht mehr im Klaren, ob ich das wirklich will.« Sicher ist nur: Im Mai, Juni und Juli 2012 wird es etwas Besonderes im Kallmann-Museum geben. Und in der Woche vor dem 15. Juli sind Events verschiedener Art wie Musik, Literatur und Performance geplant. Nur eines weiß die Museums-Chefin heute schon ganz genau: »Es wird bestimmt spannend, provozierend, erfreulich erschütternd, aber auf gar keinen Fall langweilig werden.« Claudia Schmohl

Die Ausstellung »Wüste« ist von 9. Oktober bis 4. Dezember zu sehen. Öffnungszeiten täglich außer Montag von 14.30 Uhr bis 17 Uhr.

Artikel vom 04.10.2011
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