Betreiber verzweifelt: voraussichtlich keine Förderung mehr

Schwabing · Aus für Theater?

Sonja Graf und Markus Hummel: Ist ihr »Theater des hölzernen Gelächters« zum Scheitern verurteilt?	Foto: Sylvie-Sophie Schindler

Sonja Graf und Markus Hummel: Ist ihr »Theater des hölzernen Gelächters« zum Scheitern verurteilt? Foto: Sylvie-Sophie Schindler

Schwabing · Seit nunmehr 14 Jahren begeistert das »Theater des Hölzernen Gelächters« sein Publikum, rund 1.200 Leute kommen regelmäßig zu den saisonalen Inszenierungen etwa in den Englischen Garten. Doch nun droht dem beliebten Sommerspektakel das Aus. Denn es fehlen demnächst wohl die öffentlichen Gelder.

Es ist Nacht. Es ist Sommer. Das Dunkel und die Stille haben sich auch über den Englischen Garten gelegt. Doch mittendrin ertönen poetische Klänge, Lichtkegel sind auf die umliegenden Bäume gerichtet und auf zwei Gestalten, die so wirken als kämen sie aus anderen, längst vergessenen Welten. Ein bisschen Märchen, ein bisschen Mystik, ein bisschen Zauber. Die typische Atmosphäre, die sich ausbreitet, wenn das »Theater des Hölzernen Gelächters« im Amphitheater nahe Alte Heide eine seiner legendären Aufführungen zeigt. »Ein Besucher sagte einmal, wenn man zu uns ins Theater kommt, das wäre so, als würde man in seine Kindheit zurück versetzt«, erzählt Theaterbetreiber Markus Hummel. Die Hiobsbotschaft traf ihn und seine Kollegin Sonja Graf völlig unvorbereitet. »Aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen werden Gelder gestrichen«, berichten sie. Das Kulturreferat verweigere die jährliche »für uns essentielle« Unterstützung.

Eigentlich würden nun die Vorbereitungen für die aktuelle Inszenierung anlaufen, der Text würde ausgesucht, Masken gefertigt und Musik komponiert werden. Doch daran ist im Moment nicht zu denken. »Wir können die Sache nicht angehen, wenn es bei der Entscheidung bleiben sollte. Es steht auf Messers Schneide«, so der Betreiber. Was also tun? »Wir wollen unser Theater retten. Und dazu werden wir alle Hebel in Bewegung setzen«, kündigt Hummel an. Unter anderem läuft noch bis zum 18. Juli eine Unterschriftenaktion, die dann Oberbürgermeister Christian Ude vorgelegt werden soll. Auch das Kulturreferat haben die Betreiber bereits drei Mal angeschrieben. Eine Antwort haben sie bisher allerdings noch nicht erhalten. »Warum erklärt man uns die Sache nicht? Wir sind völlig ahnungslos. Wir wurden über die Gründe nicht in Kenntnis gesetzt, sondern einfach vor vollendete Tatsachen gestellt«, sagt Graf. »Warum hält das Kulturreferat ausgerechnet unser Theater nicht für erhaltenswert?« Dabei konnte sich das Theater lange auf das Kulturreferat verlassen. Seit 2000 stellte es jedes Jahr neu einen Antrag auf Förderung und erhielt dann jährlich eine finanzielle Unterstützung in Höhe von rund 5.000 Euro. Die Förderung, um die es aktuell geht, beläuft sich auf 8.500 Euro. »Die Verhältnismäßigkeit dieser Sparmaßnahme ist für uns in Bezug auf den bestehenden Kulturgesamthaushalt von jährlich über 160 Millionen Euro nicht nachvollziehbar«, sagt Graf. »Zumal sich der amtierende Kulturreferent Hans-Georg Küppers laut eigenen Aussagen für die Künstler im Allgemeinen und für die so genannte Freie Szene im Besonderen einsetzt.«

Ein weiteres Argument: Laut Bayerischer Verfassung sind die Gemeinden zur Förderung der Kunst und der Künstler sowie zur Gleichbehandlung verpflichtet. »Unter den neuen Bedingungen können wir in unserem Beruf als freie Theatermacher und Künstler in München nicht chancengleich mit einer von der Landeshauptstadt München hoch geförderten Konkurrenz arbeiten«, erklärt Graf. Die beiden Theaterschaffenden sehen nicht nur ihren Betrieb, sondern auch andere freie Produktionen bedroht. »Fällt immer mehr weg, so kann eine gewisse kulturelle Vielfalt nicht mehr gewährleistet werden«, sagt Graf. Denn gerade das sei doch das Plus der »Freien Szene«: Man könne andere Stücke aufführen als die großen Häuser, also auch selten gezeigte und unbekannte Werke lebendig halten. Das »Theater des Hölzernen Gelächters« hat sich genau das zur Aufgabe gemacht. Anspruchsvolle Stücke, oft Raritäten, plus eigenwillige, kritische Umsetzung. »Wir sind davon überzeugt, dass unsere Kulturarbeit für die Stadt München wichtig und erhaltenswert ist«, betont Graf. Ein weiteres großes Plus: Der Eintritt zu allen Aufführungen ist seit jeher frei.

An der Realisierung der Produktionen waren in den vergangenen Jahren neben dem Kulturreferat auch drei verschiedene Bezirksausschüsse beteiligt. Und zwar die der an den Spielort Englischer Garten angrenzenden Stadtbezirke. Immerhin: 6.800 Euro, die aus den BA-Geldern stammen, sind auch heuer gesichert. »Aber mit diesem Geld allein können wir unsere Theaterarbeit nicht realisieren«, erklärt Hummel. »Die Produktionen sind aufwändig, wir brauchen unter anderem viel Freilicht.« Und natürlich wollen sich die engagierten Künstler auch bezahlt wissen. »Es kann doch nicht sein, dass man von uns erwartet, dass wir über zwei Monate ehrenamtlich arbeiten«, so Graf. Die Bezirksausschüsse Altstadt-Lehel (BA 1) und Schwabing-Freimann (BA 12) stehen weiterhin eisern hinter dem Theater. Sie haben jüngst schriftliche Stellungnahmen an das Kulturreferat geschickt. Der BA-12-Vorsitzende Werner Lederer-Piloty darin: »Die jährlichen Aufführungen des ›Theaters des hölzernen Gelächters‹ erweisen sich Jahr für Jahr als Publikumsmagnet. Sie sind zum Kult geworden.« Daher hält das Gremium das Theater für »sehr förderungswürdig«.

Dem BA imponieren die beiden Theaterschaffenden, »die mit großer Professionalität unter widrigsten Umständen sehr kreative und animierende Abende voller Musikalität und Ästhetik inszenieren«. Und BA-1-Chef Wolfgang Püschel schreibt: »Wir schätzen besonders, dass der Eintritt zu den Aufführungen frei ist und das Theater somit einen niederschwelligen Kulturzugang für jedermann bietet.« Der BA 1 fordere deshalb das Kulturreferat auf, den Fortbestand des »Theaters des Hölzernen Gelächters« weiterhin zu gewährleisten.

Doch werden diese Pro-Stimmen auch gehört? Aus dem Kulturreferat heißt es auf Anfrage der Schwabinger Seiten, dass es sich bei der Förderung des Theaters um eine »Ausnahmeregelung« gehandelt habe. »Solange Restmittel aus der Stadtteilkultur zur Verfügung standen, hatte das Kulturreferat ausnahmsweise aus diesem Budget eine Ergänzung zur Förderung der Bezirksausschüsse ermöglicht«, so Sprecherin Jennifer Becker. Dass die Theatermacher sich nun überrumpelt fühlen, überrascht das Kulturreferat. Becker weiter: »Bereits 2009 wurde das ›Theater des Hölzernen Gelächters‹ informiert, dass die Haushaltsreste der Stadtteilkultur 2010 ausgegeben sein werden und die Mittel ab 2011 anderweitig verplant sind.« Das Kulturreferat hätte damals bereits empfohlen, alternative Fördermittel zu beantragen und hierzu konkrete Empfehlungen gegeben.

Bis Montag, 18. Juli läuft eine Unterschriftenaktion zum Erhalt des »Theaters des hölzernen Gelächters«. Weitere Informationen gibt es unter Tel. 74 84 68 14 oder per E-Mail über hoelzernesgelaechter@gmx.net.

Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 12.07.2011
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