»ars technica«-Fest begeisterte junge und alte Zuschauer

Unterhaching · Technik zum Anfassen und Schmunzeln

Dem neunjährigen Emil gefiel besonders die »Knödelmaschine« beim Festival. Foto: mst

Dem neunjährigen Emil gefiel besonders die »Knödelmaschine« beim Festival. Foto: mst

Unterhaching · Es quietscht, knarzt und surrt. Stolz sitzt der neunjährige Emil auf dem Sitz eines 600 Kilogramm schweren, metallenen Ungetüms. Geschickt manövriert der Junge aus Eresing (Landkreis Landsberg) mit einer Kurbel ein meterlanges Rohr, das seinem Aussehen nach auf einem Panzer befestigt sein könnte. »Juhuuu!«, ruft er – und nimmt ein imaginäres Ziel in der Luft ins Visier. Dabei handelt es sich bei der bizarren Apparatur mit den spinnenförmigen Beinen nicht um ein Gerät, das für militärische Zwecke zum Einsatz kam.

Es sollte vielmehr vor 30 Jahren dem Zorn eines Flughafen-Gegners sichtbaren Ausdruck verleihen: Mit der von ihm konstruierten »Knödelmaschine« feuerte der Mann auf dem ehemaligen Flughafen in München-Riem Teigbällchen auf ankommende Flieger. Heute bereichert die Kuriosität als Ausstellungsstück die Bayerische Staatsoper. Für ein paar Tage in ihren Besitz gekommen ist der Unterhachinger Torsten Kresse: Zusammen mit 29 anderen Objekten war die »Knödelmaschine« auf dem Gelände der Jugendkulturwerkstatt an der Oskar-von-Miller-Straße zu sehen. Dort kamen Alt und Jung, Künstler und Technikbegeisterte zum inzwischen vierten Fest der »ars-technica«-Gruppe zusammen, um findigen Bastlern bei der Vorführung ihrer Apparaturen über die Schulter zu schauen. Kresse, der selbst auf dem Gelände wohnt, hat im vergangenen Jahrzehnt viele Zeugen aus längst vergangenen Zeiten zusammengetragen: etwa alte Telefongeräte, Geräte der Elektrotechnik um 1900 oder auch einen alten Elektroladen, die Einblick in das Leben unserer Groß- und Urgroßeltern gewähren. »Wir wollten ein Fest eröffnen, wie es Oskar von Miller, der Gründer des Deutschen Museums, schon vor 100 Jahren veranstaltet hat«, umreißt der pensionierte Ingenieur das Projektziel.

Doch ein reines Nostalgie-Spektakel auf die Beine zu stellen, das sich sozusagen im »Glanz vergangener Zeiten« abschottet und keine Bezüge zur Gegenwart aufweist, ist nicht das Anliegen Kresses: Es gehe ihm um ein verspieltes, gleichwohl aber lebendiges Nebeneinander von Kunst und Wissenschaft mit starken Bezügen zur Kommunalpolitik. So lief in einem Raum ein Film über das Unterhachinger Geothermie-Projekt, das in der Bunderepublik als Vorzeigemodell gilt. Tief in die Anfänge der Fotografie hingegen entführte Przemek Zajfert die Zuschauer: Mit seiner »Wunderdose« demonstrierte er das Prinzip der »Camera obscura«, die erstmals 1816 in Frankreich zum Einsatz kam. Das Prinzip: Sticht man in einem dunklen Raum ein winziges Loch, dann entsteht auf der gegenüber liegenden Wand, auf die das Licht fällt, ein Abbild der Umgebung. Befindet sich an dieser Stelle lichtempfindliches Material, kann man dieses Abbild aufzeichnen. Das Kuriose: Bei Zajferts Dose kann die Belichtungszeit mehrere Wochen bis Jahre betragen. Das auf diese Weise entstehende Bild auf dem Fotopapier schickt er nach Herausnahme aus der Dose durch einen Scanner, digitalisiert es und stellt es ins Internet. »Das Entscheidende ist die Erhaltung von dem so entstandenen Negativ, was im Jahr 1816 nicht möglich war«, erläutert Zajfert. »Heute ist dies durch das digitale Kopierverfahren machbar.« Ob die »Camera obscura« des Stuttgarters oder zarte Porzellanobjekte, ob Windharfe, Planetenmusik oder eine ausgetüftelte »Kreativküche«: Wer erleben wollte, wie nah Kunst und Wissenschaft miteinander verwandt sind, der war auf dem Gelände der Jugendkulturwerkstatt genau am richtigen Ort.

mst

Artikel vom 18.05.2011
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