Schwabinger Hauptschüler lernen in Projekten fürs Berufsleben

Schwabing · Simmern is the best!

Ngoc, Erduan (hinten, v.l.), Esra, Angelika Thuri-Weiß und 	Yasemin freuen sich über die Teilnahme der Simmernschule beim Landeswettbewerb.	Foto: ko

Ngoc, Erduan (hinten, v.l.), Esra, Angelika Thuri-Weiß und Yasemin freuen sich über die Teilnahme der Simmernschule beim Landeswettbewerb. Foto: ko

Schwabing · In der Früh vor der Schule schnell Semmeln, Wurst und Käse holen, eine Viertelstunde vor Pausenbeginn die Brotzeit für rund 250 hungrige Schüler vorbereiten. Aus einem Schulprojekt in der Schwabinger Hauptschule an der Simmernstraße ist eine dauerhafte Einrichtung geworden: der Pausenverkauf, den die Schüler selber organisieren.

Mehrere solcher Aktionen, die Schulleiterin Angelika Thuri-Weiß mit Lehrern und Kindern ins Leben gerufen hat, haben der Bildungseinrichtung nun zur Auszeichnung »Starke Schule« verholfen. Denn im vergangenen Sommer hat sich die Simmernschule um die Teilnahme beim Landespreis des bundesweiten Schulwettbewerbs »Starke Schule. Deutschlands beste Schulen, die zur Ausbildungsreife führen« beworben. Prämiert wird dabei die Arbeit, die Schulen bei der Vorbereitung ihrer Schüler auf die Berufswelt leisten. Und die Simmernschule ist mit ihrem »Drei-Säulen-Modell«, bestehend aus Projekten zur beruflichen Orientierung, Sprachkompetenz und Sozialkompetenz ins Rennen gegangen. Damit hat die Hauptschule unter 83 beteiligten bayerischen Schulen den siebten Platz belegt. Deutschlandweit nahmen 600 Schulen teil.

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Erduan (16), Yasemin (15), Esra (14) und Ngoc (15) sind sichtlich stolz auf ihre Teilnahme beim Wettbewerb »Starke Schule«. Und nicht nur darauf, denn alle vier haben von den Schulprojekten auch persönlich profitiert. Erduan etwa hat gelernt, wie eine Firma funktioniert, die ein neues Produkt auf den Markt bringt: Er war an einer Schülerfirma beteiligt, die vom Entwurf über die Produktion, Marketing und den Vertrieb ein schuleigenes T-Shirt auf den »Schulmarkt« gebracht hat. »Es war eine neue Erfahrung«, sagt der 16-Jährige. Angst hat der Schüler beim Projekt auch gehabt. Davor nämlich, dass den Schulkameraden das Shirt mit dem Schriftzug »Simmern is the Best« nicht gefallen könnte. Die Angst hat sich als unbegründet erwiesen. Die Schüler tragen das Kleidungsstück gerne und oft, Schulleiterin Thuri-Weiß hat ihres immer im Büro im Schrank – man weiß ja nie, wann man es spontan einmal braucht.

Esra und Ngoc haben über ein weiteres Schulprojekt mit Jobmentoren, zwei ehrenamtlichen Ruheständlern aus der Wirtschaft, gelernt, wie sie sich richtig bewerben müssen. Ngoc möchte nach der Schule ab September medizinische Fachangestellte werden. Und Esra war durch das Bewerbungstraining schon erfolgreich: Sie hat ab September eine Lehrstelle als Drogistin. Yasemin hat an der Schule gelernt, »sicherer aufzutreten«. Die 15-Jährige ist stellvertretende Schülersprecherin, das hat sich auch auf ihr Selbstbewusstsein ausgewirkt. Bei Streit und Konflikten, erklärt sie, könne sie jetzt viel mehr dazu sagen.

Neben dem Pausenverkauf, der übrigens als dauerhafte Einrichtung geblieben ist, nachdem Schüler bei einem Projekt zunächst eine schulinterne Cateringfirma gegründet haben, und dem T-Shirtvertrieb gibt es an der Simmernschule noch einige weitere Aktionen: Schüler haben etwa ein Hörspiel geschrieben, sie engagieren sich als Schulsanitäter und im April eröffnen die Schüler sogar ihre eigene Bibliothek mit rund 500 Büchern. Am Montag wurden die Schulen, die die ersten zehn Plätze erreicht haben, vom Kultusministerium ausgezeichnet, auch die Simmernschule auf Platz sieben. Angelika Thuri-Weiß freut sich natürlich über das gute Ergebnis. Gespannt ist sie auch darauf, ob Kultusminister Ludwig Spaenle sein Versprechen wahr machen wird: Die ersten zehn unter den Schulen dürfen nämlich ein Schild mit der Aufschrift »Starke Schule« aufhängen, als Gütesiegel sozusagen. Und Minister Spaenle, selber aus Schwabing und als Lokalmatador höchst erfreut über den Erfolg der Simmernschule, hat versprochen, bei der Montage des Schildes selbst mit Hand anzulegen…

Für den Wettbewerb »Starke Schule« konnten sich in Bayern alle allgemeinbildenden Schulen bewerben, die zum Hauptschulabschluss, zur Berufsbildungsreife oder zur Berufsreife führen. Die Volksschule Eching, die Werner-von-Siemens-Mittelschule in Augsburg und das Sonderpädagogische Förderzentrum München Mitte 1 landeten auf Platz eins bis drei. Die bundesweiten Sieger werden am 11. Mai in Berlin durch Bundespräsident Christian Wulff geehrt. Der Wettbewerb wird alle zwei Jahre von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, der Bundesagentur für Arbeit, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Deutsche Bank Stiftung durchgeführt und ist mit insgesamt 220.000 Euro dotiert.

Kirsten Ossoinig

Artikel vom 01.03.2011
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