Bundesweites Programm stärkt Schwabinger Mädchen

Schwabing · Girls, traut Euch!

»Echt cool, wie Musik verbindet!« – stark durch Hip-Hop werden Cora, Damla und Melissa (v.l.) im Jugendtreff am Biederstein bei »Girlz4Girlz«. 	F. Schindler

»Echt cool, wie Musik verbindet!« – stark durch Hip-Hop werden Cora, Damla und Melissa (v.l.) im Jugendtreff am Biederstein bei »Girlz4Girlz«. F. Schindler

Schwabing · Es ist Samstag. Die schweren Bässe eines Hip-Hop-Songs dröhnen durch die große Halle des Jugendtreffs am Biederstein. »Hey, hey«, kommt es aus den Lautsprechern. Damla, Melissa und Cora machen sich schon mal warm. Sie dehnen und strecken und drehen sich. Und probieren dann erste Tanzbewegungen aus, wie man sie aus Videoclips auf MTV kennt.

»Ich habe entdeckt, dass ich richtig gut singen und tanzen kann«, erzählt Damla und ihre samtbraunen Augen strahlen. »Nie hätte ich gedacht, dass ich das wirklich kann.« Noch vor einem Jahr war alles anders. »Ich war voll schüchtern«, verrät die 14-Jährige aus Schwabing. »Ich habe mich gar nichts getraut. Oft habe ich mich sogar geschämt, weil ich dachte, dass es uncool aussieht, wenn ich mich bewege.« Kaum zu glauben! Auch ihre neue Freundin, die 15-jährige Melissa, staunt: »Das kann man sich gar nicht vorstellen, dass du mal schüchtern warst.«

Früher schüchtern, heute selbstbewusst. Wie ist das passiert? Ein bisschen hört sich das an wie das Märchen vom hässlichen Entlein, das dann zum schönen Schwan wird. Doch Veränderungen sind gar nicht so selten bei »MädchenStärken«. Das bundesweite Programm der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) Berlin hat es sich unter anderem zum Ziel gesetzt, Mädchen und jungen Frauen ein selbstbewusstes Rollenverständnis zu vermitteln. Es wird noch bis Ende 2011 laufen.

Auch »Girlz4Girlz«, eine Hip-Hop-Initiative des Jugendtreffs am Biederstein, haben sich dem Programm angeschlossen. Einrichtungsleiterin Patricia Herzog sagt: »Wir unterstützen die Mädchen darin, sich etwas zuzutrauen.« Mit Erfolg: »Es ist enorm, wie die Mädchen innerhalb kürzester Zeit an Selbstbewusstsein zulegen.« Inzwischen geben einige ihr Hip-Hop-Können auch gerne an andere weiter und übernehmen die Leitung von diversen Workshops. Keine Selbstverständlichkeit. Den nötigen Schubs gab Patricia Herzog: Anfangs haben sie die Mädchen mit großen Augen angeschaut und gefragt: »Ich soll Lehrerin sein? Das traust du mir wirklich zu?«.

Tatsächlich sind Mädchen, im Vergleich zu den Jungs, oft noch im Hintertreffen. »Besonders wenn es darum geht, sich öffentliche Räume zu erobern«, erklärt Patricia Herzog. Da seien Mädchen sehr viel zurückhaltender und folglich öffentliche Räume meist von Buben »besetzt«. Durch »MädchenStärken« soll das anders werden. Die Mädchen sollen laut Herzog motiviert werden, durch Sport in öffentliche Räume zu gehen und sich zu zeigen. »Sie müssen nicht mehr am Spielfeldrand stehen.« Und weil Hip-Hop bei den Teenagern so gut ankommt, hat sich der Jugendtreff am Biederstein ausschließlich darauf spezialisiert. »Hip-Hop ist nicht nur eine kurzfristige Modeerscheinung, sondern eine Jugendkultur mit teilweise politischen Werten und zahlreichen Möglichkeiten der Identitätsbildung«, erklärt Herzog. Zudem ist Hip-Hop ein sehr vielfältiger Sport. Denn zu der Bewegung gehören unter anderem auch die Bereiche Breakdance, New Style, Rap, Beat Boxin, DJing und Graffiti. »Das alles ist gelebte Jugendkultur, bei der immer noch die Jungs im Vordergrund stehen. Mädchen halten sich in Hintergrundpositionen auf oder spielen nur eine untergeordnete Rolle«, weiß die Einrichtungsleiterin. Und das setze sich so später fort. »Das Kulturgeschäft ist vor allem männerlastig. Beispielsweise gibt es kaum eine bekannte Dirigentin oder Rapperin.«

Stärkung haben die Mädchen jetzt auch ganz offiziell erfahren: Am vergangenen Freitag sind sie in der Gleichstellungsstelle für Frauen der Stadt München im Rathaus empfangen worden. Die Gleichstellungsstelle unterstützt das Projekt mit 2.000 Euro. Und Stärkung erfahren die Mädchen auch, indem sie sich mit anderen zusammen tun. Vernetzung ist ein wichtiges Schlagwort. Deshalb waren am vergangenen Samstag auch »Tribünenplatz« aus dem brandenburgischen Kyritz zu Gast bei den Schwabinger Girls.

Bereits im März gab es ein erstes Treffen der Hip-Hopperinnen, damals in Kyritz. Teilnehmerin Melissa findet den Austausch klasse. »Erst haben wir uns nicht getraut, miteinander zu sprechen«, berichtet die Schwabingerin. »Die einen standen in der einen Ecke, die anderen in der anderen Ecke. Doch dann wurde die Musik angemacht und plötzlich haben wir uns zu den Beats zusammen bewegt. Echt cool, wie Musik verbindet.« Sylvie-Sophie Schindler

Artikel vom 30.11.2010
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