Polizei befürwortet Sicherheitswacht in Haar

Haar · Warten auf die »Nachtwanderer«

PI-Leiter Karl-Heinz Schilling legte seine Sicht über die Sicherheitswacht dar.  Foto: ikb

PI-Leiter Karl-Heinz Schilling legte seine Sicht über die Sicherheitswacht dar. Foto: ikb

Haar · Die von Bürgermeister Helmut Dworzak und der Verwaltung initiierte Sicherheitswacht bewegt die Gemüter von Bürgern und Kommunal- politikern, löst grundsätzliche Debatten aus – und eine massive Drohung: »Wenn ich so etwas mache, muss ich mit der Rache der Jugendlichen rechnen«, zitierte der Gemeindechef bei der Tagung des Haupt-, Umwelt- und Werkausschusses eine eindeutige Ansage.

Bei der Sitzung erläuterte Karl-Heinz Schilling, Leiter der Polizeiinspektion (PI) 27 Haar, Sinn und Zweck eines solchen Dienstes, und stand dem Gremium Rede und Antwort. Bei der folgenden Sitzung des Gemeinderats wurde mit 19 gegen sechs Stimmen – von vier Mitgliedern der Christsozialen und den beiden Grünen-Vertreter – beschlossen, sofort den Antrag für eine Sicherheitswacht über Polizeiinspektion, Polizeipräsidium München und Innenministerium zu stellen. Zeit ist Geld – das ist der Hintergrund, warum der Bürgermeister »auf die Tube« drückt.

Mitte Juni hatte der bayerische Ministerrat beschlossen, die Sicherheitswacht auf 1.000 Angehörige auszuweiten, wobei es »nun auch Kommunen unter 20.000 Einwohnern möglich ist, eine staatliche Sicherheitswacht zu errichten«. Ende August waren in 64 bayerischen Städten 587 ehrenamtliche Helfer, davon 164 Frauen und 15 ausländische Mitbürger, tätig. Und immer mehr Kommunen sprangen oder wollen auf den Zug aufspringen: »In Freising und Rosenheim, in den Stadtteilen Trudering, Schwabing, Milbertshofen und Olympiapark«, so Schilling, gibt es bereits »Nachtwanderer« – ein von Dworzak genannter Begriff aus anderen Städten für die Ansprecherpartner vor Ort.

Denn klar ist laut Polizeiangaben: Die Sicherheitswacht, 1994 als Modellversuch in Deggendorf erprobt, seit 31. Dezember 1996 gesetzlich verankert, ist ein »fester Bestandteil der bayerischen Sicherheitspolitik und hat sich mittlerweile als zusätzliches Instrument der Inneren Sicherheit bewährt. Sicherheitswacht und Polizei ergänzen sich und arbeiten eng zusammen – im Dienst für den Bürger«. Deshalb und wegen der vielen Fälle in Haar setzt sich Helmut Dworzak vehement für den Dienst ein. »Permanenter Vandalismus, aggressives Auftreten der Jugendlichen, regelmäßige Sachbeschädigungen, zurzeit vor allem an Fahrrädern: dem müssen wir uns stellen, wir müssen aktiv werden, es geht laufend so weiter, man kann das nicht mehr akzeptieren. Mit Sozialarbeit kriege ich das Problem nicht weg, wir müssen die Schwachstellen ›rausarbeiten‹ – oder Sie sagen einfach: Wir tolerieren das!« Dworzaks Appell im Gremium war eindringlich. »Die Alternative ist noch weniger zu tun«, stimmte Karl-Heinz Schilling zu.

Dabei steckt der Polizeichef in einer Zwickmühle: Während in Haar die Einwohnerzahl in den vergangenen Jahren stetig gewachsen ist, »ist die Personalsollstärke der PI 27 seit 1997 unverändert. Wir können unseren Aufgaben noch nachkommen, haben aber nicht so viel Personal, wie ich mir wünsche«, betonte Schilling. Dazu muss man wissen: Zum PI-Einzugsbereich gehören auch die Gemeinden Aschheim, Feldkirchen, Grasbrunn und Kirchheim, wobei vor allem im Sommer das Treiben rund um den Heim-stettener See heftig ist.

Mitglieder einer Sicherheitswacht sind paarweise unterwegs – in Haar bis zu acht Personen aufgrund der Einwohnerzahl –, müssen mindestens 18 und dürfen höchstens 60 Jahre alt sein, müssen eine abgeschlossene Schul- und Berufsausbildung nachweisen, durchschnittlich für 15 Stunden Tätigkeit im Monat zur Verfügung stehen und am Einsatzort oder Umgebung wohnen. Sie werden in einem 40-Stunden-Kurs ausgebildet mit abschließender mündlicher Prüfung. »Leute aus Pasing nehmen wir nicht« und »am Dienstagvormittag brauche ich niemanden laufen zu lassen, dann wär’s ein zahnloser Tiger. Ideal ist ab frühestens 18 Uhr bis Mitternacht«, so Schilling. Und weiter: »Die Sicherheitswacht kann die Polizei nicht ersetzen, ist keine Hilfspolizei, sie soll uns bei niederschwelligen Sicherheitsstörungen ergänzen«. Dazu gehört, an den örtlich bekannten »Brennpunkten Präsenz zu zeigen, präventiv einzuwirken, mit den Jugendlichen reden, denn wenn die Leute zu lange allein sind, steigt die Gefahr einer Eskalation und von Vandalismus. Richtlinien dazu kann ich nicht nennen, es kommt auf die Einzelkonstellation an«.

Skeptischen Anmerkungen der Bürgervertreter hielt Vize-Gemeindechefin Gabi Müller entgegen: »Ständiges Hinschauen bewirkt was!« Und ihr SPD-Parteikollege Peter Ziegler betonte: »Im Lauf der Monate zeigt eine Sicherheitswacht Wirkung«. Allseits zustimmendes Kopfnicken gab es für Cherin Sakkal: »Probieren geht über studieren«.

ikb

Artikel vom 03.11.2010
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