… und (fast) keiner geht hin – MVG wenig beeindruckt

München · Stell dir vor, es ist Streik…

Der U-Bahn-Verkehr lief am Mittwoch in München fast ohne Einschränkung. Nur abends habe es Engpässe gegeben. Ursache dafür sei jedoch nicht der GDL-Streik gewesen, betont die MVG.	Foto: MVG, Kerstin Groh

Der U-Bahn-Verkehr lief am Mittwoch in München fast ohne Einschränkung. Nur abends habe es Engpässe gegeben. Ursache dafür sei jedoch nicht der GDL-Streik gewesen, betont die MVG. Foto: MVG, Kerstin Groh

Die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) hat ihre Drohung wahr gemacht und am Mittwoch in München, Nürnberg und Augsburg zum Streik gerufen. Somit kam es zu Ausfällen bei U-Bahn, Bus und Bahn in München. Die Auswirkungen blieben allerdings „überschaubar“, wie die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) am Mittwochvormittag mitteilte.

Da nur eine Minderheit der MVG-Fahrer in der GDL organisiert ist, sei nur ein vergleichsweise kleiner Teil nicht zur Arbeit erschienen. Am 10. September, dem ersten Streiktag, seien es um die 50 gewesen, am Mittwoch registrierte die MVG bis gegen Mittag etwa die gleiche Anzahl. Dem gegenüber steht die Gesamtzahl von rund 1300 Fahrern, die in München U-Bahn, Bus und Trambahnen steuern. An der Gesamteinschätzung der MVG änderte sich auch nach dem extremen Abend mit Champions League-Spiel, U2-Konzert im Olympiastadion und etwas überdurchschnittlichem Berufsverkehr nichts.

Verlierer des Streiks waren weniger die Kunden der MVG, die mit relativ wenigen Ausfällen zurechtkommen mussten, sondern eher die Pendler, die aufgrund der Streikankündigung aufs Auto ausgewichen waren. Nach Auskunft des Münchner Polizeipräsidiums habe der Berufsverkehr am Mittwoch früher als sonst eingesetzt. Außerdem seien die Straßen „etwas voller“ gewesen als sonst, wie Sprecher Damian Kania erklärte. Tatsächlich mussten die meisten Pendler mehr Zeit für ihren Weg einplanen, nach dem Ferienende ist auf den Zufahrtsstraßen in die Landeshauptstadt im Berufsverkehr ohnehin mehr los als in den letzten Wochen. Nachdem sich die Autofahrer darauf allerdings eingestellt hatten, sei es zu keinen größeren Zwischenfällen gekommen. „Das Chaos ist ausgeblieben“, meinte Kania. Eine Ausnahme gab es dann am Abend doch noch auf dem Mittleren Ring. Durch einen Unfall im Biedersteiner Tunnel kam der Verkehr zeitweise zum Erliegen. Wer in diesem Stau stand, der brauchte gute Nerven.

„Wir wollen das hier nicht auf dem Rücken der Kunden austragen“, beteuert Cornelia Krüger. Sie gehört zur Abteilung Kommunikation des DBB Beamtenbund und Tarifunion (DBB), dem wiederum die GDL angehört. Krüger ging noch während der Kundgebung auf dem Marienplatz am Mittwochmittag davon aus, dass die Auswirkungen in München zu spüren sein werden, konnte aber noch nichts Konkretes dazu sagen. Sie betonte, es sei Ziel der GDL, die „Arbeitgeber wieder an den Verhandlungstisch zurückzuholen“. Den wiederum hätte die Gewerkschaft selbst vorzeitig verlassen, hatte die MVG bereits am 7. September der GDL vorgeworfen und am Donnerstag nochmals bekräftigt. Schon vor dem ersten Streiktag hatte MVG-Geschäftsführer Herbert König die aus Sicht der MVG überzogenen Lohnforderungen der GDL kritisiert: „Forderungen, die zu massiven Fahrpreiserhöhungen oder zu deutlichen Nachteilen für viele Beschäftigten führen würden, sind aus unserer Sicht nicht verhandelbar.“

Nicht nur deswegen zog sich die Gewerkschaft den Unmut der Verkehrsbetriebe zu. Auch die Entscheidung, gerade am Mittwoch zu streiken, stieß der MVG sauer auf. Konnten die öffentlichen Verkehrsmittel den Transport im morgendlichen Berufsverkehr noch bewältigen, wurde es am Abend deutlich schwieriger. Der Ausfall einiger Fahrer habe jedoch durch die flexible Reaktion einiger Kollegen ausgeglichen werden können, sodass die Belastung des Streiks weitgehend innerhalb der MVG aufgeteilt werden konnte. Die Fahrgäste sollten darunter nicht leiden.

Bei der MVG ging man nicht von einem Zufall bei der Wahl des Streiktages aus. Cornelia Krüger bestätigte das im Gespräch mit dem SamstagsBlatt: „Wir machen nichts Planloses.“ Ob der Plan allerdings aufgegangen ist, dazu wollte sich der DBB am Donnerstag noch nicht äußern. Die MVG zeigte sich jedoch wenig beeindruckt von der Größe des Aufgebots, das die GDL zur Demonstration auf den Marienplatz schaffte. Rund 500 Menschen habe die Polizei gezählt, Krüger sprach während der Kundgebung von „mehreren hundert“. Die Möglichkeit eines GDL-Streiks während des Oktoberfestes macht der MVG vergleichsweise wenig Kopfschmerzen, zumal es ein ungeschriebenes Gesetz gibt, wie MVG-Chef Herbert König sagt: „Zum Oktoberfest wird in München nicht gestreikt.“ Hoffentlich weiß man das auch in Berlin beim DBB. Von Carsten Clever-Rott

Artikel vom 16.09.2010
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