Die Zeit von Anfang Mai bis Mitte August verbringen sehr viele Mauersegler in München, um zu brüten und ihre Jungen aufzuziehen. Die Nistplätze der streng geschützten Vögel befinden sich ausschließlich an Gebäuden, oftmals, ohne dass Eigentümer oder Bewohner es bemerken. Bei Renovierungsarbeiten während der Brutsaison kann es passieren, dass Gerüste den Anflug zu den Nestern unmöglich machen. Elterntiere können ihre Jungen nicht mehr erreichen, um sie zu füttern – die Küken drohen zu verhungern. Um das zu verhindern, eilen Naturschützer des Landesbundes für Vogel- und Naturschutz (LBV) den Tieren zur Hilfe.
Bis zu 30 Baustellen-Einsätze für Gebäudebrüter wie die Mauersegler führt das Münchner LBV-Team pro Brutsaison durch. So wie in diesem Fall in Schwabing: Eine Frau meldet, dass an ihrem Nachbarhaus ein Baugerüst errichtet wurde und mehrere Mauersegler aufgeregt um die Gerüstnetze kreisen. „Wenn ein solcher Notfall gemeldet wird, muss es schnell gehen”, sagt Gebäudebrüterexpertin Stefanie Gansbühler. „Sollten sich Eier oder Jungvögel im Haus befinden, müssen die Gerüste sofort zurückgebaut und die Einfluglöcher wieder zugänglich gemacht werden. Andernfalls wäre die Brut innerhalb kurzer Zeit verloren.” Da Mauersegler und ihre Nistplätze durch das Bundesnaturschutzgesetz geschützt sind, wird auch die Naturschutzbehörde umgehend informiert.
Sofort bricht die Naturschützerin zur Baustelle auf, denn die Zeit drängt. Der Bauherr, der vorab kontaktiert wurde, erwartet sie schon am Gerüst. Da Mauerseglernester in Hohlräumen oder Spalten im Dachgesims versteckt sind, können sie meist nur mit einer Endoskop-Kamera ausfindig gemacht werden. Und in der Tat: Mehrere junge Mauersegler warten auf ihre Eltern und die überfällige Fütterung. Die Vögel brüten in Kolonien; deshalb befinden sich gleich mehrere Gelege nebeneinander. Nach einer Besprechung mit dem Bauherren wird das Gerüst an dieser Stelle zügig zurückgebaut.”
Mauersegler brauchen mindestens 3,50 Meter freien Raum unter ihrem Nistplatz, um ein- und ausfliegen zu können”, erklärt Sylvia Weber, ebenfalls Gebäudebrüterexpertin beim LBV München. „Ganz wichtig ist, dass die Nistplätze auch nach der Baumaßnahme erhalten und erreichbar bleiben oder artgerecht ersetzt werden.” Denn die ortstreuen Vögel nutzen ihre Nistplätze ein Leben lang und nehmen Alternativen nur zögernd an. Nach dem Rückbau des Gerüsts können die Elterntiere endlich wieder zu ihren Jungen, um sie zu füttern. Stefanie Gansbühler freut sich: „Die Mauerseglerküken wurden dank einer aufmerksamen Nachbarin und der kooperativen Baufirma gerettet.” Ein wichtiger Einsatz für das Überleben der Mauersegler in München, deren Bestände seit Jahren stark zurückgehen.