Zwei Varianten für Autobahn-Südring im Gespräch

München/Grünwald · Kampf geht weiter

München/Grünwald/Baierbrunn · Der Abschlussbericht der Autobahndirektion Süd zur Machbarkeitsstudie für einen möglichen Autobahn-Südring ließ den zahlreichen Gegnern dieses Mammut-Projekts bei der Präsentation am Montagnachmittag das Blut in den Adern gefrieren. Hieß es nämlich im Dezember letzten Jahres noch, dass die Entlastungen, die ein möglicher Ringschluss nach sich ziehen würde, so gering ausfallen würden, dass sich eine Investitionssumme von mindestens 1,2 bis zu 2 Milliarden Euro nicht lohnen würde, konnte der Präsident der Autobahndirektion, Paul Lichtenwald jetzt sogar gleich mit zwei möglichen und aus seiner Sicht »sinnvollen und wirtschaftlich rentablen« Varianten aufwarten.

Stärken und Schwächen des geplanten Autobahn-Ringschlusses

»Der Südring erfüllt die gesetzten verkehrlichen Ziele. Der Südring hat mit einer durchschnittlichen Verkehrsbelastung von rund 60.000 Kfz/24h eine hohe Verkehrswirksamkeit und einen verkehrlichen Nutzen. Der Lückenschluss des Autobahnrings schafft Umfahrungsmöglichkeiten bei Störungen auf der A 99«, heißt es pro Autobahnringschluss im Abschlussbericht. Dabei müsste der Autobahnring sowohl die Würm als auch die Isar unterqueren, hier schlägt die Autobahndirektion zur Schonung der Umwelt eine Untertunnelung vor. Eine Zerschneidung des Perlacher und Grünwalder Forstes wäre die unvermeidbare Folge des Autobahnbaus im Bereich der Knotenpunkte K5 und K12, die in Höhe von Unterhaching und Taufkirchen sowie Oberhaching geplant sind. Aus verkehrsplanerischer und wirtschaftlicher Sicht halte die Autobahndirektion den Bau eines Autobahn-Südrings dennoch für sinnvoll, so das Fazit.

Gar nicht einverstanden mit der neuerlichen Bewertung der Zahlen zeigte sich unter anderem die ehemalige ­Bürgermeisterin von Baierbrunn, Christine Kammermaier. Sie mahnte, dass mit dem Projekt wertvolle Lebensräume zerstört und auch wichtige Ressourcen wie die Wasserversorgung der Landeshauptstadt aus dem Münchner Süden gefährdet würden. Es gehe nicht darum, dass die Menschen im Süden in Ruhe im Liegestuhl liegen wollten sondern um den Erhalt kostbarer Natur, betonte sie. Enttäuscht zeigte sie sich auch darüber, dass sich der Verdacht einschleiche, dass sich nach dem schlechten Zwischenstandsbericht scheinbar nun ein paar beschönigte Zahlen eingeschlichen hätten, um der Machbarkeitsstudie auf dem Endspurt doch noch zu einem Erfolg zu verhelfen. Auch Karl Hoffmann aus Oberhaching nannte die Zahlen unseriös und erinnerte an die Gesetze zum Schutz des Waldes.

Dagegen verwehrte sich Paul Lichtenwald nachdrücklich: »Wir haben bewusst nichts getürkt!« und weiter erklärte er: »Auch die Waldgesetze sind in der Anwendbarkeit überwindbar!« Auch Verkehrsexperte Prof. Harald Kurzak verwehrte sich gegen den Vorwurf der Beschönigung. Er räumte ein, dass der Effekt der Verkehrsentlastung nicht so groß sei, wie man sich das gewünscht hätte, dennoch sei auch eine geringe Reduzierung von Verkehr immer noch eine Reduzierung. Klar machte der Präsident der Autobahndirektion Süd den Gegnern, aber auch den Befürwortern aus dem Norden, dass nicht die Autobahndirektion über den Bau der Autobahn entscheide, sondern vielmehr die Politiker das letzte Wort hätten. Mit einer Kosten-Nutzen-Rechnung mit Faktor zwei habe der Autobahn-Südring keine Chancen in den vordringlichen Bereich der Bedarfsplanung aufgenommen zu werden, wohl aber in die langfristige Bedarfsplanung der Bundesregierung, fügte Paul Lichtenwald hinzu. Allerdings so, betonte er weiter, wären auch schon Straßen gebaut worden, deren Kosten-Nutzen-Berechnung unter zwei gelegen hätten, dies seien alles politische Entscheidungen. hw Massiver Widerstand aus dem Landkreis

Einigkeit und ungebrochenen Willen zum Widerstand demonstrierten die Bürgermeister und Vertreter der Gemeinden des »Bündnis gegen den Autobahn-Südring«. Bei einem Treffen im Forsthaus Wörnbrunn gaben sie den Startschuss für eine gemeinsame Protestaktion aller dreizehn Gemeinden. In einem Positionspapier stellten die Gemeindevertreter gleichzeitig noch einmal klar: »Wir lehnen den geplanten Autobahnringschluss im Süden und Südwesten Münchens in jeder Variante und auch in Teilabschnitten ab.«

Keine Entlastung des Nordens

Mit Hilfe von Bannern und Plakaten wollen sie nun ihren Widerstand verstärken und »den politischen Entscheidungsträgern deutlich machen, dass diese Entscheidung falsch wäre«, so der Bürgermeister von Gräfelfing Christoph Göbel. Denn nicht nur würde der Südring »keine spürbare Entlastung für die Menschen im Norden und Osten unserer Region« bringen, im Gegenteil er würde den Siedlungsdruck weiter verstärken und dadurch sogar mehr Verkehr verursachen, so die gemeinsame Erklärung der Bürgermeister.

Zudem seien die Kosten für das Projekt schön gerechnet und naturschutzrechtliche Belange nur völlig unzureichend geprüft worden. Das ergab eine Durchsicht der Unterlagen für die Machbarkeitsstudie durch Vertreter des Südbündnisses. Zwei Mitarbeiter der gemeindlichen Bauabteilungen hatten dazu kürzlich zusammen mit zwei externen Gutachtern bei der Autobahndirektion Einsicht in die Planungsunterlagen genommen.

Naturzerstörung unzureichend bewertet

Doch statt der erwarteten 50 bis 100 Ordner mit komprimiertem Fachwissen über die verschiedensten Aspekte des Projektes, wurden ihnen nur sechs Ordner vorgelegt. Wichtige Untersuchungen wie zum Beispiel eine Umweltverträglichkeitsprüfung und eine nach europäischen Recht vorgeschriebene Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Prüfung fehlten dabei. Statt dessen wurde anscheinend lediglich eine »Vereinfachte Umweltverträglichkeitsprüfung« (UVS) durchgeführt, was aber nicht den Anforderungen des Bundesverkehrswege-Bedarfsplanes entspräche, so der Oberhachinger Bürgermeister Stefan Schelle. Auffällig bei den Planungsunterlagen sei auch der hohe Detaillierungsgrad der Ingenieurplanungen wie zum Beispiel bei Brückenbauwerken, während umweltfachliche Auswirkungen nur in sehr grobem Maßstab dargestellt worden seien.

Kosten unzureichend dargestellt

Auch bei der Berechnung der Kosten gebe es gravierende Mängel. Denn eigentlich gibt es vom Bundesverkehrministerium klare Vorgaben zur Berechnung von Straßenbaukosten. Diese seien aber nicht eingehalten worden, so Jürgen Weiß vom Pullacher Bauamt, der selbst bei der Prüfung der Unterlagen dabei war. So fehlten bei der Kostenberechnung zum Beispiel Positionen wie Böschungssicherung, Grundwasserschutz, Entwässerungseinrichtungen oder Abläufe. Geldverschwendung?

Alles in allem zeigen die Unterlagen, dass die Machbarkeitsstudie eine »offensichtlich viel zu geringe Untersuchungstiefe hat. So geringe Planungen können nicht Grundlage für einen Bundesverkehrswege-Bedarfsplan sein«, stellte Göbel klar.

Angesichts dessen befürchten die Bürgermeister zudem, dass die Kosten für den unerwünschten Südring die veranschlagten 2 Milliarden Euro bei weitem übersteigen wird. Geld, dass in ihren Augen für andere Projekte wie zum Beispiel dem Ausbau des Schienennetzes, des öffentlichen Nahverkehrs und dem Bau von Lärmschutzmaßnahmen deutlich sinnvoller investiert wäre. aba

Artikel vom 18.05.2010
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