Anwohner machen gegen Trambahn-Bau mobil – Politiker üben sich in Einigkeit

Bogenhausen · Tram kriegt Gegenwind

Daumen runter für die Tram nach St. Emmeram: (v. li.) Kurt Lorenz, Jürgen Mataré und Ursula Stroel wehren sich gegen den Trambahnbau. Foto: ak

Daumen runter für die Tram nach St. Emmeram: (v. li.) Kurt Lorenz, Jürgen Mataré und Ursula Stroel wehren sich gegen den Trambahnbau. Foto: ak

Bogenhausen · »Wir sind sauer ohne Ende.« Ursula Stroel schüttelt den Kopf – der Ärger steht ihr ins Gesicht geschrieben. Die Anwohnerin der Cosimastraße hat sich mit rund 50 Bogenhausern zusammengetan, die alle nur ein Ziel haben – den geplanten Trambahnbau vom Effnerplatz bis nach St. Emmeram zu verhindern.

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»Bereits jetzt kommt es an den Kreuzungen der Cosimastraße mit der Johanneskirchner- und der Englschalkingerstraße zu Staus«, berichtet Stroel. Würde durch den Trambahnbau eine Fahrspur wegfallen, befürchten die Anwohner lange Staus. Angst haben die Bogenhauser auch vor möglichen Lärmbelastungen und Erschütterungen durch die Tram. »Außerdem finde ich es schrecklich, dass der gesamte Grünzug abgeholzt wird«, sagt Stroel.

Von politischer Seite bekommen die Tram-Gegner wenig Rückendeckung. Sowohl im Bezirksausschuss (BA) Bogenhausen als auch im Stadtrat sprachen sich die Politiker aller Partien für den Bau der Trasse aus. Auch die CSU, die vor der Kommunalwahl noch heftig gegen die Rot-Grünen Trambahnpläne gewettert hatte, schloss sich den Plänen an. BA-Mitglied und Stadtrat Robert Brannekämper (CSU) erklärt: »Nach langem Ringen und umfangreichen Gesprächen mit der MVG haben wir uns dazu entschlossen, das Projekt mitzutragen.«

Die U-Bahn wäre ihm und seinen Parteikollegen sicherlich lieber gewesen, man wollte sich aber nicht »in die politische Schmollecke zurückziehen«. Denn so könne man auf keinen Fall etwas erreichen. »Indem wir das Projekt jedoch konstruktiv und kritisch begleiten, ist es möglich, Probleme wie beispielswiese die Parkplatznot in St. Emmeram zu lösen«, sagt Brannekämper.

Sein CSU-Kollege im BA, Hans Brendel, ist über die Kehrtwende seiner Partei überhaupt nicht begeistert und erklärte in der letzten Plenumssitzung: »Ich bin nach wie vor gegen den Bau der Trambahn. Mein Ziel ist immer noch die Verlängerung der U-Bahn bis nach Englschalking, die künftig auch oberirdisch bis zur Neuen Messe fahren könnte.«

Auf diesen Zug springt auch Parteikollege Brannekämper auf und erklärt, dass auch er an den Planungen für eine Verlängerung der U4 bis nach Englschalking festhalten will – trotz des Trambahnbaus. »Das eine schließt das andere schließlich nicht aus.« Brendel ist des Weiteren davon überzeugt, dass die Verlängerung der U-Bahn bis nach Englschalking nicht so viel teurer wäre, als der Bau der Tram-Trasse.

Hier trifft der pensionierte Kommissar genau den Nerv der Tram-Gegner. Die sind nämlich der Auffassung, dass der Trambahnbau sowieso »rausgeschmissenes Geld« sei. Stroel: »Die Bogenhauser nutzen aktuell ja noch nicht einmal die vorhandenen Busse – eine leere Trambahn für 30 Millionen braucht da wirklich niemand.«

Zwar mögen jetzt noch nicht so viele Bogenhauser die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen, doch die Erfahrung in München habe gezeigt, dass die Tram von den Menschen sehr gut angenommen wird und den Umstieg vom Auto auf den öffentlichen Nahverkehr erleichtert – davon ist Angelika Pilz-Strasser (Grüne), überzeugt.

Die BA-Vorsitzende ist bekennender Tram-Fan und findet die Bahn auch »ästhetisch schön«. »Sie ist ein Fortbewegungsmittel, das eher mit Wärme und Gemütlichkeit als mit Stress und Hektik assoziiert wird. In meinen Augen wertet sie das Stadtviertel optisch auf und tut den Menschen gut.« Auch der MVG-Geschäftsführer Herbert König versucht die Bedenken der Bogenhauser zu zerstreuen: »Die schall- und erschütterungstechnisch gedämmte Bauweise der Neubaustrecke entspricht dem neuesten Stand der Technik.« Ein Schallgutachten sei aktuell in Arbeit. Außerdem würden moderne Niederflurzüge eingesetzt, die den Lärm auf ein Minimum reduzieren.

Zu dem befürchteten »Verkehrskollaps« meint MVG-Sprecher Christian Miehling: »Eine Reduzierung von zwei auf eine Fahrspur je Richtung erfolgt lediglich auf einer Länge von etwa 150 Metern in der Englschalkinger Straße, ab dem Ariadneweg Richtung Westen.« Ein entsprechender gutachterlicher Nachweis der Machbarkeit liege vor. »Das heißt: Die Abwicklung des Individualverkehrs ist ohne Probleme auf einer Fahrspur möglich«, ergänzt Miehling.

Bezüglich der nötig werdenden Baumfällungen ist es Pilz-Strasser wichtig, die »grüne Gesamtbilanz zu sehen«. »Sicher tut es mir um jeden Baum leid, der gefällt wird, aber ich denke, dass die Tram eine sehr gute energieeffiziente und kostengünstige Alternative darstellt.«

Momentan bereitet die MVG das Planfeststellungsverfahren bei der Regierung von Oberbayern vor. Läuft dann alles Weitere nach Plan, kann voraussichtlich im Frühjahr 2010 mit dem Bau begonnen werden. Bis dahin stehen unter anderem Ausführungsplanung, Ausschreibung und Vergabe auf der Agenda. Voraussetzung dafür ist der erfolgreiche Abschluss des Planfeststellungsverfahrens mit Erteilung der Baugenehmigung. Je nach Dauer des Verfahrens kann schon im Sommer 2009 mit vorbereitenden Baumaßnahmen begonnen werden.

Doch das wollen die Tram-Gegner natürlich verhindern. Stroel: »Wir haben bereits hunderte von Unterschriften gesammelt und planen Klage einzureichen.« Auch Brendel hat vor, einen Brief an den Rechnungshof zu schreiben. »Darin werde ich die Verwaltung darüber informieren, dass die Stadt zuerst Gleise entfernen lässt – so geschehen beim U-Bahnbau – um sie dann Jahre später wieder einzusetzen. Das macht meiner Einschätzung nach einen Kostenpunkt von rund 10 bis 12 Millionen Euro aus. Das kann’s ja wohl nicht sein!«

Die Trambahnplaner werden also in den nächsten Monaten noch viel Gegenwind von den Anwohner bekommen, bis die Bahn dann in der ersten Jahreshälfte 2011 durch Bogenhausen düsen kann.

Die nächste Bürgersprechstunde findet am Dienstag, 22. Juli, 16 Uhr, im Betreuten Wohnen Cosimagarten am Hochstiftsweg 29 statt. Weitere Infos gibt es unter www.tram-emmeram.de.

Andrea Koller

Artikel vom 15.07.2008
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