Volles Haus bei der Informationsveranstaltung des Fördervereins

Diabetes – eine häufige Erkrankung

Bogenhausen · Großes Interesse bestand am Vortrag von Dr. Rolf Renner, Ltd. Oberarzt im Diabeteszentrum des Krankenhauses München-Bogenhausen.

Nicht nur Patienten und Angehörige, Vereinsmitglieder und Beschäftigte waren gekommen, sondern auch viele Betroffene und in Selbsthilfegruppen zusammengeschlossene Diabetiker, unter ihnen die Landesvorsitzende des Bayerischen Diabetiker-Bundes, Anita Storch.

So konnte die 2. Bürgermeisterin Gründungsmitglied des Fördervereins, Dr. Gertraud Burkert, in ihren Begrüßungsworten zum dreijährigen Bestehen des Fördervereins auch feststellen, dass dieser mit seinen Informationsveranstaltungen dazu beiträgt, Krankheiten und Heilmethoden so darzustellen, dass oftmals große Ängste und Befürchtungen abgebaut werden, weil man auf große Heilerfolge verweisen kann und die Landeshauptstadt mit ihren Kliniken viel tut, den großen medizinischen Standard zu halten und zu fördern.

Dass der Förderverein auch auf zunehmende Mitgliederzahlen, auf heute 140 Mitglieder, verweisen könne, sei sehr erfreulich. Sie wolle auch dazu beitragen, dass es immer mehr werden und so übergab sie dem 1. Vorsitzenden Georg Prinz den Aufnahmeschein des Landtagsabgeordneten Ulrich Pfaffmann, dem gesundheitspolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion.

Dr. Rolf Renner, anerkannter Spezialist für Diabetes-Erkrankungen und Präsident der Deutschen Diabetes-Gesellschaft stellte gleich zu Beginn fest, „Dass das Gros der Typ 2 diabetischen Patienten hierzulande schlecht eingestellt sei. Als Ursache werden häufig die Non-Compliance der Patienten und das Fehlen geeigneter Medikamente genannt“.

„Als zentrales Problem ist jedoch“, so Renner, „das mangelnde Problembewusstsein seitens vieler Ärzte und Patienten anzusehen“. Mit der Hyperinsulinismus-Arteriosklerose-Theorie wurde das Insulin über viele Jahre verteufelt. In einer ganzen Reihe von Therapieschemata kommt es erst an allerletzter Stelle zum Einsatz. Das oft erwähnte „Stufenschema zur Therapie des Typ 2 Diabetes“ und das Gewichtsreduktionsdogma haben nicht zuletzt diese falsche Philosophie sowie überzogene Erwartungen hinsichtlich einer erfolgreichen Praktikabilität als Grundlage.

Orale Antidiabetika werden zu häufig und in der Regel viel zu lange eingesetzt. Kostentreibend und zeitkonsumptiv sind die unzureichenden Abstimmungen unter den mit der Therapie des Typ 2 befassten Institutionen. Über die viel zitierte Kluft zwischen Klinik und Praxis hinaus gibt es massive Abstimmungschwierigkeiten unter den Praxen und unter den Kliniken. Erschwerend wirkt sich das Fehlen verpflichtender Leitlinien und Therapiestandards aus Wie verbesserungswürdig die Diabetikerbetreuung ist, geht aus dem Vergleich des niederländischen und des deutschen Versorgungssystems hervor. Unter allen dialysierten Patienten befinden sich in den Niederlanden 13 % Diabetiker, in der Bundesrepublik Deutschland etwa 50 %!

Die Ausbildung von Ärzten auf dem Gebiet der chronischen Krankheiten, insbesondere im Bereich Diabetes ist mangelhaft. Das Krankheitsbild Typ 2 Diabetes wird in seiner Beherrschbarkeit in der Regel unterschätzt. Die Verbesserung der Kenntnisse aller mit der Therapie des Diabetes befassten Personen wird erst in den letzten Jahren als vordringlich erkannt und vorangetrieben. Dr. Renner schlussfolgerte: „Eine elementar wirksame Verbesserung der Situation wäre zudem mit der klaren Definition eines Therapiezielbereiches für jeden Patienten zu erzielen. Alter und bereits eingetretenen Folgeschäden müssen natürlich berücksichtigt werden.

Schließlich wird heute permanent gegen die fundamentale Erkenntnis verstoßen, dass langfristig nur die Therapien erfolgreich sind, die von den Patienten akzeptiert werden. Patientenschulung ist unabdingbare Voraussetzung. Allerdings werden die pädagogischen Erkenntnisse einer den Besonderheiten einer älteren Patientengruppe adäquaten Schulung nach Inhalt und Gestaltung fast immer gröblich verletzt.“ Den Ausführungen Dr. Renners folgte eine eingehende Diskussion, an der sich im besonderen die von Diabetes Typ 2-Betroffenen beteiligten.

Der ärztliche Direktor des Krankenhauses München-Bogenhausen und stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins, Prof. Dr. Heinrich Ingrisch, dankte Dr. Renner für seine kritischen aber fundierten Ausführungen und betonte, dass auch in der Zukunft das Diabetes-Zentrum am KMB ein wichtiger Bestandteil des Hauses sei und bleibe. Nach der Informationsveranstaltung schloss sich die satzungsgemäß vorgeschriebene Jahresversammlung an, die vom Vorsitzenden des Fördervereins, Georg Prinz geleitet wurde und in der er von den bisherigen Erfolgen (drei Projekte verwirklicht) berichten konnte. Erfreulich auch die in der vorangegangenen Vorstandssitzung beschlossenen neuen drei Projekte im Wert von über 38.000 DM (Anschaffung eines technisch hochkomplizierten „Dummy“ für die Erste-Hilfe-Ausbildung und Fortbildung von Pflegepersonal und Ärzten, Förderung einer PC-unterstützten Empfangsstation für „Chest-paint-unit“ einer Notarztunterstützung z. B. bei Herzinfarkten- und die Beschaffung eines PC mit Internetzugang für die „Krankenhausklasse“ der Schule im Krankenhaus München-Bogenhausen).

Für letztere wird auch geprüft, die „Clinic-Clowns“ auf Kosten des Fördervereins ab und zu mal vorbeikommen zu lassen. Der Beschlussvorschlag, den Jahresbeitrag von derzeit 60 Mark auf 32 Euro anzupassen, fand einhellige Zustimmung, ebenso stieß der angebotene kostenlose Erste-Hilfe-Kurs für Angehörige von Risikopatienten und Mitglieder auf großes Interesse.

Der nächste Informationsnachmittag findet am 4. Juli 2001 zum Thema „Patientenrechte“ statt.

Artikel vom 14.02.2001
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