Tausende von Tanzwütigen feierten den Kocherlball am Chinesischen Turm

Feiern wie dazumal

Zünftig ging’s zu beim Kocherlball am Chinesischen Turm. Und alle die nicht dabei waren, haben wirklich was verpasst!	Fotos: aw

Zünftig ging’s zu beim Kocherlball am Chinesischen Turm. Und alle die nicht dabei waren, haben wirklich was verpasst! Fotos: aw

Englischer Garten · »Wo geht’s denn hier zum Chinesischen Turm?« wollte am vergangenen Sonntag kurz vor sechs Uhr morgens am Eingang zum Englischen Garten eine Gruppe von Touristen wissen. Schwer war es nicht den Weg zu finden.

Tausende von Frühaufstehern und Nachtschwärmern strömten nämlich in die gleiche Richtung, denn Punkt sechs Uhr war Auftakt: Der Kocherlball wurde eröffnet. Zwar eine Woche später als ursprünglich geplant, dafür aber bei herrlichem Sonnenschein. Tanzleiter Willi Poneder sowie die Tanz- und die Schreinergeiger sorgten dafür, dass trotz früher Stunde prächtige Stimmung aufkam.

Und so schwangen junge und alte Volkstanzfans begeistert das Tanzbein. Wer mit den heimischen Tänzen nicht so vertraut war, konnte sich beim Weißwurstfrühstück vergnügen und die schönen Trachten und historischen Kostüme bewundern. »Das ist jedes mal eine Riesen-Gaudi« erzählt Josef Fütterer. Der Freisinger ist jedes Jahr dabei und nimmt es gerne in Kauf, dass er deshalb »mitten in der Nacht aufstehen muss«. Schade findet er nur »dass das ganze so ein bisserl seinen Ursprung verloren hat« und »immer mehr kommerzialisiert wird«.

Der Kocherlball hat eine lange Tradition in München: Im 19. Jahrhundert trafen sich Sonntags, bei schönem Wetter, Münchner Dienstboten und Küchenpersonal am Chinesischen Turm zum Tanz. So entstand auch sein Name. Um sechs Uhr morgens, wenn die Herrschaft noch schlief, vergnügte sich die Dienerschaft dann für wenige Stunden.

Anläßlich des 200. Jubiläums des Englischen Gartens wurde das Fest 1989 erneut ins Leben gerufen und so lebt diese schöne Tradition immer am dritten Sonntag im Juli wieder auf. Die Münchner und auch die Touristen sind begeistert. Rund 12.000 Besucher kamen in den letzten Jahren zu diesem morgendlichen Spektakel. Wer allerdings einen der begehrten Tische ergattern wollte, musste auch in diesem Jahr schon äußerst früh da sein.

Bereits um sechs Uhr waren alle Plätze belegt und so blieben nur noch die umliegenden Wiesen, um sich dort gemütlich mit dem Picknickkorb niederzulassen.

Einige, denen das Getümmel wohl zu viel wurde, zogen schließlich zum nahegelegenen Kleinhesseloher See, denn auch dort war die Musik noch zu hören.

Obwohl zahlreiche Gastronomiezelte bereitstanden, folgten manche Besucher dem alten Brauch und brachten ihre eigene Brotzeit, Kuchen, Kaffe und sonstige Köstlichkeiten mit. Genau um 10 Uhr war das Fest dann offiziell vorbei – schließlich musste die Dienerschaft früher um diese Uhrzeit wieder an die Arbeit. aw

Artikel vom 25.07.2002
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