Haus des deutschen Ostens zeigt deutsch-litauische Ausstellung

Die Geschichte der Wolfskinder

Kinder deutscher Vertriebenen, 1948. Foto: Wikipedia Commons

Kinder deutscher Vertriebenen, 1948. Foto: Wikipedia Commons

München/Au · "Wolfskinder“ – so nannte man ostpreußische Kinder, die in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs elternlos wurden und ins benachbarte Litauen flüchteten. Einige der früheren „Wolfskinder“ leben noch heute in der baltischen Republik. Andere fanden nach der politischen Wende in Osteuropa in den 1990er Jahren ihre verlorenen Familien wieder und kamen nach Deutschland.

Die Geschichte dieser Kriegsopfer wird in der zweisprachigen, deutsch-litauischen Ausstellung „‚Wolfskinder‘ – Auf dem Brotweg von Ostpreußen nach Litauen 1945–1948“ des Litauischen Zentrums für die Erforschung von Genozid und Widerstand erzählt. Sie ist noch bis 16. August im Haus des Deutschen Ostens (Am Lilienberg 5) zu sehen.

Am Anfang war der Krieg. Von Januar bis März 1945 rückte die Rote Armee in Ostpreußen vor. Die Evakuierung der Zivilbevölkerung verlief chaotisch. Die Flüchtenden, größtenteils Frauen, Kinder und ältere Menschen, wurden von sowjetischen Einheiten eingeholt und auf der Flucht gestoppt. Viele Erwachsene wurden zu Opfern von Gewalt, Krankheiten und Hunger - und ihre Kinder wurden zu Waisen. Von diesen „Wolfkindern“, deren Zahl auf 20.000 geschätzt wird, starben nicht wenige eines gewaltsamen Todes, viele verhungerten oder erfroren. Manche gingen betteln. Nur wer arbeitete, bekam Lebensmittelkarten. Kinder kamen erst dann in den Genuss von Essensrationen, wenn sie bereits in Kinderheime eingewiesen worden waren.

Die Suche nach der Vergangenheit

Wer schlau war, suchte im ostpreußisch-litauischen Grenzgebiet Unterschlupf. Wenn er Glück hatte, wurde er von litauischen Familien adoptiert. Eine mutige Tat - denn die sowjetischen Behörden bestraften jeden, der Deutsche bei sich versteckte. Die durch den Krieg bedingte Deutschfeindlichkeit zwang die „Wolfkinder“, ihre deutsche Herkunft zu verheimlichen. Zum eigenen Schutz nahmen sie litauische Namen an. Weder verstanden sie sich später als Deutsche noch sprachen sie Deutsch. Erst in den 1990er Jahren setzte ihre Suche nach der eigenen Vergangenheit und der ethnischen Identität ein, die der Krieg ausgelöscht hatte.

Die Grundlage der aktuellen Ausstellung bilden Text-, Bild- und Videodokumente wie Berichte ehemaliger „Wolfskinder“, Familienfotos und zahlreiche Interviews mit den Betroffenen.

Die Dokumente stammen aus den Beständen des Museums für die Opfer des Genozids beim Zentrum für Erforschung von Genozid und Widerstand der litauischen Bevölkerung (Vilnius), des Hugo-Scheu-Museums (Šilute), des Litauischen Zentralen Staatsarchivs (Vilnius), des Litauischen Sonderarchivs (Vilnius), des Bundesarchivs (Berlin), der Landmannschaft Ostpreußen (Hamburg) sowie aus Familienarchiven ehemaliger „Wolfskinder“.

Artikel vom 12.07.2019
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