Es muss sich was ändern

Nach der Landtagswahl: Münchner SPD geht in die Offensive

Die Münchner SPD mit ihrer Vorsitzenden Claudia Tausend (vorne Mitte) nimmt den Kampf um das Vertrauen der Wähler an.	Foto: SPD München

Die Münchner SPD mit ihrer Vorsitzenden Claudia Tausend (vorne Mitte) nimmt den Kampf um das Vertrauen der Wähler an. Foto: SPD München

München · Der Begriff »Volkspartei« hat ausgedient. Auf besonders schmerzhafte Weise hat dies die bayerische SPD bei der Landtagswahl am vergangenen Sonntag zu spüren bekommen. Aber Aufgeben ist keine Option. Besonders die Münchner SPD, die in der Stadt politisch erfolgreich ist und auf kommunaler Ebene die Wähler erreicht, zeigt sich kämpferisch.

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Die Münchner SPD-Vorsitzende Claudia Tausend hat Fragen zum Zustand ihrer Partei, zu den Gründen und der Zukunft der SPD beantwortet.

Frau Tausend, die SPD hat bei der Landtagswahl in Bayern nicht einmal mehr zehn Prozent geholt. Ist die SPD ein Auslaufmodell?

Claudia Tausend: Keineswegs. Der Wahlsonntag war ein Desaster, auch aus Berlin kam alles andere als Rückenwind. Für mich ist klar: Die SPD zeigt oft zu wenig Profil, geht im Streit Seehofer-Merkel unter und dringt mit ihren eigenen Themen nicht durch. Daran muss sich ganz schnell etwas ändern.

Der Blick auf den Münchner Wahlatlas zeigt nur noch grün und schwarz. Geht die jahrzehntelange Führungsrolle der SPD im Rathaus 2020 verloren?

Claudia Tausend: Nein. Die Menschen unterscheiden sehr wohl, ob sie einen Bundestag, einen Landtag oder einen Oberbürgermeister oder Stadtrat wählen. Die Münchnerinnen und Münchner wissen genau, was sie tun und wem sie vertrauen.

Also keine Konsequenzen, keine Änderungen?

Claudia Tausend: Doch, natürlich. Es ist die SPD, die diese Stadt zusammenhält. Wir arbeiten mit unglaublich viel Fleiß und Engagement daran, dass München funktioniert, lebens- und liebenswert bleibt. Wir stellen keine Schaufensteranträge, sondern regieren mit Erfolg. Richtig ist aber: Wir tun sehr viel Gutes, aber wir reden nicht oft genug darüber.

Aber die Grünen legen gewaltig zu.

Claudia Tausend: Abwarten. In der Politik geht es nicht darum, wer die meisten Anträge mit den weitest gehenden Forderungen stellt. Wer weder im Bund, im Freistaat oder im Rathaus in der Regierung sitzt, kann alles fordern. Es kommt aber darauf an, wer tatsächlich etwas durch- und umsetzt. Wir spitzen halt nicht nur die Lippen, sondern pfeifen dann auch. Und wir haben immer alle im Blick, Beispiel Schwimmbäder. Während wir zusätzliche Familien- und Schulschwimmbäder in ganz München auf den Weg bringen, konzentrieren sich Grüne und CSU auf ein Isarflussbad, das nur wenige Tage im Jahr genutzt werden könnte. Uns aber reicht der Kommerz auf der Praterinsel, wir wollen die Isar ohne Eintrittsgelder und eingezäunte Bereiche.

Trotzdem hat München Probleme, an erster Stelle sicher die steigenden Mieten.

Claudia Tausend: Absolut und alle Parteien behaupten, sich für eine Verbesserung einzusetzen. Die Stadt ist ja nur für das Baurecht zuständig. Trotzdem bauen wir mehr Wohnungen als der zuständige Freistaat, niemand investiert hier mehr als München. Die CSU bekämpft in den Stadtvierteln vor Ort Neubauten und hat zigtausend GBW-Wohnungen verscherbelt. Die Grünen erzählen voller Inbrunst gleichzeitig mehr Wohnungen bauen zu wollen, aber dafür keine Fläche herzugeben. Die einzigen, die tatsächlich etwas tun, sind wir. Wir haben bei den ohnehin günstigen städtischen Wohnungen eine eigene Mietpreisbremse durchgesetzt. Wir haben im Stadtrat gegen die Stimmen der CSU den besten Mieterschutz für die besonders begehrten Wohnviertel durchgesetzt. Und wir sind die Einzigen, die das Grundproblem angehen, die explodierenden Bodenpreise.

Viele fürchten, sich München nicht mehr leisten zu können.

Claudia Tausend: Das ist auch nachvollziehbar. Vor allem Rentnerinnen, Alleinerziehende und junge Familien mit Kindern leiden am meisten. Die SPD hat gerade die Kita-Gebühren für Niedrig- und viele Normalverdienende komplett abgeschafft und insgesamt massiv gesenkt. Wir investieren unglaubliche Summen in den weiteren Ausbau und die Qualität von Kindergärten und Schulen. Städtische Erzieherinnen werden weit besser als andere bezahlt. Für Seniorinnen und Senioren verbessern wir die Alten- und Servicezentren mit umfangreichen Hilfen und Beratungsangeboten, preiswertem Mittagessen und Unterstützung beim Putzen, Einkaufen, Kochen und Waschen. München muss eine Stadt für alle bleiben.

München wächst und wächst. Verträgt das die Stadt noch?

Claudia Tausend: Andere Regionen in Deutschland und Bayern hätten gerne unsere Probleme. Wir können keine Mauer um die Stadt bauen, aber wir können das Wachstum gestalten, ohne den Charakter Münchens zu verändern. Grünflächen, Frischluftschneisen und Parks bleiben bestehen. Wir bauen neue Trambahnen und U-Bahnlinien, zusätzliche und beschleunigte Buslinien. Wir ringen der CSU im Rathaus mühselig jeden Radweg ab, bauen neue Fußgängerzonen und Theater, verbessern die Sportangebote und die Bibliotheken. Das können wir alles nur finanzieren, weil es uns wirtschaftlich gut geht, weil die SPD auch in Krisenzeiten nichts verkauft oder privatisiert hat.

Das klingt jetzt alles andere als verzagt.

Claudia Tausend: Niemand sollte den Fehler machen, die SPD als Auslaufmodell abzuschreiben, schon gar nicht in München. Wir haben die meisten aktiven Mitglieder aller Parteien, hochengagiert und bereit zu kämpfen. Unsere Mitglieder im Stadtrat und in den Bezirksausschüssen sind fest in München verwurzelt, ansprechbar und wissen genau, wo der Schuh im Alltag drückt. Dieter Reiter ist nicht ohne Grund der beliebteste Politiker Bayerns. Wir ruhen uns darauf aber nicht aus, sondern wissen, wo und wie wir München noch besser machen können. red

Artikel vom 19.10.2018
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