Auf dem Weg nach Rio

Rollstuhlbasketball: zwei Münchner im erweiterten Kader

Sebastian Magenheim (li.) und Sebastian Sauer vom USC München wollen ihre Chance auf ein Ticket zu den Paralympischen Spielen in Rio nutzen.	Foto: Christine Linnig

Sebastian Magenheim (li.) und Sebastian Sauer vom USC München wollen ihre Chance auf ein Ticket zu den Paralympischen Spielen in Rio nutzen. Foto: Christine Linnig

München · Dabei sein ist alles – das ist das viel zitierte olympische Motto. Sebastian Sauer (27) hat einen Schritt in diese Richtung gemacht.

USC München
Themenseite zu den Rollstuhlbasketballer des USC München

So seh ich das! Paralympische Spiele und Olympische Spiele
Samstagsblatt-Redakteur Carsten Clever-Rott über ­Angebot und Nachfrage

Der Rollstuhlbasketballer vom USC München wurde von Bundestrainer Nicolai Zeltinger in den vorläufigen Kader für die paralympischen Spiele im September in Rio de Janeiro berufen. Damit ist er einer von 21 Spielern, die im Frühjahr um die zwölf Tickets nach Rio kämpfen. Und er ist nicht der einzige Münchner. Sebastian Magenheim (27), Sauers USC-Teamkollege, gehört ebenfalls zur engeren Wahl des Bundestrainers. Seine Nominierung kam wenig überraschend, gehört er doch schon seit längerer Zeit zur Nationalmannschaft. Für Sebastian Sauer ist es dagegen die erste Nominierung. Noch verbietet er sich den Traum von Olympia, bleibt diplomatisch. »Der Bundestrainer trifft letztlich die Entscheidung«, meint er. Auf jeden Fall will Sebastian Sauer alles dafür geben, dass Zeltinger ihm das Vertrauen schenkt. Ein bisschen träumen ist dann doch erlaubt: »Das wär’ supergeil.«

Magenheim und Sauer werden sich beim Selection Camp vom 24. bis 27. März präsentieren. Sauer spielt bei Rekordmeister USC München Guard (Verteidigung). Er war erst vor Beginn dieser Saison vom Regionalligisten Rosenheim zum Bundesligisten USC gewechselt, wo er es auf Anhieb in die Starting Five schaffte. »Mit der Berufung wird die starke Leistung zwei unserer Leistungsträger bestätigt«, kommentierte Münchens Headcoach Sinclair Thomas. Die Hinrunde verlief tatsächlich sehr erfreulich für die Münchner. Nach zwei Siegen zum Auftakt empfingen sie am dritten Spieltag den RSV Lahn-Dill aus Wetzlar. Die Mannschaft ist Titelverteidiger und wird trainiert von Bundestrainer Nicolai Zeltinger.

Erwartungsgemäß wurde der Höhenflug der Aufsteiger sehr unsanft gestoppt. Mit 41:100 mussten sich die Münchner in der Säbenerhalle geschlagen geben. Es folgten zwei weitere Siege, bevor der USC den Rolling Devils aus Kaiserslautern mit 53:66 unterlag. Nach zuletzt drei Niederlagen in Folge stehen die Münchner auf einem achtbaren fünften Platz in der Tabelle und treffen heute um 17 Uhr in der Säbenerhalle auf die BG Baskets aus Hamburg. Mit einem Sieg ziehen die Münchner nach Punkten gleich.

Im Selection Camp müssen alle sportlich und charakterlich überzeugen

Ligaalltag. Dagegen ist Rio noch richtig weit weg. Für Sebastian Sauer wäre es das erste internationale Turnier seit Jahren. »Ich habe in der Jugend mal ein paar internationale Spiele gemacht. Seitdem nicht mehr«, berichtet er. Trotz seines Erfahrungsvorsprungs glaubt Mannschaftskollege Magenheim nicht, dass er dem Neuling gute Ratschläge erteilen kann. »Der wird das schon machen«, meint er über Sauer. Beim USC ist Magenheim Leistungsträger und Führungspersönlichkeit. In der Nationalmannschaft spielt er eine etwas andere Rolle und will da auch gar nicht so viel reininterpretieren. »Da hilft jeder jedem.« Im Selection Camp ist sich aber doch erst mal jeder selbst der Nächste, denn alle haben dasselbe Ziel. Da befinden sich der Erfahrene und der Neuling an demselben Punkt: im Selection Camp alles geben, überzeugen, sportlich wie charakterlich, und darauf vertrauen, dass der Bundestrainer die endgültige Nominierung ausspricht.

Um dann quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit um die Medaillen zu kämpfen? »Behindertensportler müssen außerordentliche Leistung bringen, damit sie wahrgenommen werden«, kritisiert Magenheim und nennt als Beispiel Anna Schaffelhuber. Die querschnittsgelähmte Monoskibobfahrerin errang mediale Aufmerksamkeit durch ihre fünf paralympischen Goldmedaillen von Sotschi. Ein solches Ergebnis ist im Mannschaftssport nicht möglich. Da geht es nur einmal um den ersten Platz. Dennoch ist Magenheim weit davon entfernt, die Zustände anzuprangern. »Die Nachfrage steigt, der Trend geht aufwärts«, hat er festgestellt. »Die Gesellschaft verändert sich, aber es ist ein langer Weg.« Was den Münchner Offensivspieler viel mehr nervt, ist die Darstellung der Leistung von Behindertensportlern. Das werde oft so transportiert, dass sie ihre Leistung »trotz der Behinderung« erbringen. In Wahrheit gehen sie an die Grenzen, erreichen ihre Ziele oder auch nicht. Das ist allen Sportlern gemein und bedarf keiner Unterteilung oder besonderen Hervorhebung.

Am 7. September beginnen die Paralympischen Spiele von Rio de Janeiro – hoffentlich mit zwei Vertretern der Münchner Farben, für die der Sport eben Sport ist – und kein Kriterium, nach dem ein Mensch beurteilt werden kann. Von Carsten Clever-Rott

Hintergrundinfo:
Deutschland gehört im Rollstuhlbasketball zur erweiterten Weltspitze. Bei Paralympischen Spielen hat es bislang jedoch nur zu einer Silbermedaille 1992 in Barcelona gereicht. 1988 in Seoul wurde das Team Vierter, 2004 (Athen) und 2008 (Peking) jeweils Fünfter und 2012 in London war es Platz sechs. In London war Sebastian Magenheim Teil des Teams, das im Viertelfinale mit 46:57 an den USA scheiterte. Titelverteidiger ist Kanada, Rekordolympiasieger die USA (siebenmal Gold).

Artikel vom 08.01.2016
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...