Neben dem Mandat setzen einige Politiker ihre Kompetenzen gewinnbringend ein

Was Abgeordnete noch so dazuverdienen

Die Mitgliedschaft im Bundestag wird mit Diätenzahlungen entschädigt. Zahlreiche Abgeordnete erzielen darüber hinaus Zusatzeinnahmen.  Foto: © Deutscher Bundestag/Julia Nowak-Kurz

Die Mitgliedschaft im Bundestag wird mit Diätenzahlungen entschädigt. Zahlreiche Abgeordnete erzielen darüber hinaus Zusatzeinnahmen. Foto: © Deutscher Bundestag/Julia Nowak-Kurz

München · Die Bundestagsabgeordneten haben seit Beginn der Legislaturperiode mindestens 11,6 Millionen Euro mit Nebentätigkeiten verdient. Zu den Spitzenverdienern gehören insbesondere Volksvertreter aus Bayern, wie die Organisation abgeordnetenwatch.de am Montag mit Bezug auf die Angaben der Politiker berichtet.

Demnach erhielten sieben Parlamentarier im vergangenen Jahr mit ihrem Zweitjob höhere Bruttoeinkünfte als Bundeskanzlerin Angela Merkel, die 2014 auf Bezüge in Höhe von 222.081 Euro kam. Dabei handelt es sich den Angaben der Internetseite um drei CSU-Politiker und vier CDU-Politiker.

Die von den Politikern selbst gemachten Angaben zu Einnahmen aus Tätigkeiten neben ihren Mandaten sind nicht auf Euro und Cent genau, sondern werden in Stufen angegeben. Außerdem sind die Abgeordneten nicht verpflichtet Einkünfte anzugeben, wenn sie je Tätigkeit im Monat unter 1.000 Euro oder im Jahr unter 10.000 Euro liegen.

Nach Auswertung der Politikerangaben ist Philipp Graf von und zu Lerchenfeld (CSU, Regensburg) mit Einkünften von wenigstens 783.000 Euro im Jahr 2014 und über 1,1 Millionen Euro in der laufenden Legislaturperiode Spitzenverdiener laut abgeordnetenwatch.de

Sieben Abgeordnete erhalten mehr als die Bundeskanzlerin

Auf den Plätzen zwei bis fünf folgen die vier CDU-Politiker Albert Stegemann (Mittelems, Niedersachsen), Johannes Röring (Borken, Nordrhein-Westfalen), Stephan Harbarth (Rhein-Neckar, Baden-Württemberg) und Hans-Georg von der Marwitz (Märkisch-Oderland, Brandenburg). Wenigstens 500.000 Euro hat Hans Michelbach (CSU, Coburg) seit Oktober 2013 durch Tätigkeiten neben seinem Mandat erzielt. Er ist persönlich haftender Gesellschafter der KIZ-MIBEG Group Unternehmensgruppe in Bad Soden-Salmünster (Hessen). Die siebtmeisten Einnahmen in der laufenden Legislaturperiode verzeichnet nach Angaben der Internetplattform Dagmar Wöhrl (CSU, Nürnberg-Nord) mit mindestens 432.000 Euro.

Unter den Abgeordneten aus München und dem Umland hat Dr. Hans-Peter Uhl (CSU, München-West) nach Auswertung der Angaben mit mindestens 162.000 Euro mutmaßlich die höchsten Nebeneinkünfte. Ihm folgt Florian Hahn (CSU, München-Land) mit wenigstens 22.000 Euro seit Oktober 2013, dahinter Ewald Schurer (SPD, Erding-Ebersberg) mit mindestens 20.000 Euro. Johannes Singhammer (CSU, München-Nord) und Dieter Janecek (Grüne, München-West) geben Einnahmen von wenigstens 14.000 Euro an.

Den Selbstauskünften folgend haben die Bundestagsabgeordneten Nicole Gohlke (Linke, München-Süd), Anton Hofreiter (Grüne, München-Land), Andreas Lenz (CSU, Erding-Ebersberg), Florian Post (SPD, München-Nord), Wolfgang Stefinger (CSU, München-Ost), Claudia Tausend (SPD, München-Ost) und Doris Wagner (Grüne, München-Nord) keine veröffentlichungspflichtigen Angaben über Einkünfte gemacht. Deren eventuelle Einnahmen, sofern sie überhaupt welche haben, liegen damit unterhalb von 1.000 Euro monatlich und 10.000 Euro jährlich.

»Wenn Abgeordnete mit ihren Nebentätigkeiten mehr verdienen als die Bundeskanzlerin, läuft etwas gehörig schief. Wir müssen jetzt darüber diskutieren, ob Nebeneinkünfte nicht komplett verboten werden sollten«, postuliert Gregor Hackmack, ­Geschäftsführer von abgeordnetenwatch.de aufgrund der Ergebnisse.

Der 38-Jährige setzt sich seit Jahren für mehr Transparenz in der Politik ein, unter anderem als Deutschlandchef einer internationalen Online-Petitionsplattform. Hackmack gilt als Sozialunternehmer.

Obwohl er als Nicht-Parlamentarier nicht dazu verpflichtet ist, gibt er gegenüber dem Münchner Samstagsblatt seinen Verdienst für 2014 folgendermaßen an: »Bis einschließlich September 2014 betrug mein Nettogehalt bei abgeordnetenwatch.de rund 2.000 Euro (monatlich, die Red.). Seit Oktober 2014 bin ich ehrenamtlich abgeordnetenwatch.de tätig.«

Sicher nachweisen lasse sich durch die Angaben der Bundestagsabgeordneten auf der Parlamentshomepage, dass sie in dieser Legislaturperiode bislang Nebeneinkünfte in Höhe von 11,6 Millionen Euro verzeichnet haben. Dies sei allerdings die Mindestsumme – tatsächlich könnten die Abgeordneten bis zu 21,4 Millionen Euro eingenommen haben.

»Dass mehrere Millionen Euro im Dunkeln bleiben, ist nicht hinnehmbar. Die Abgeordneten müssen endlich sämtliche Nebeneinkünfte offenlegen, und zwar vom ersten Euro bis zum letzten Cent«, fordert Gregor Hackmack.

Weitreichende Transparenzpflichten, wie von abgeordnetenwatch.de gefordert, gelten beispielsweise für die britischen Unterhausabgeordneten, die die konkrete Höhe sämtlicher Einkünfte sowie den zeitlichen Aufwand veröffentlichen müssen.

Artikel vom 04.08.2015
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